Streitkräfte 173 Misshandlungsvorwürfe in britischer Kaserne

Auch die britische Armee muss sich mit schweren Misshandlungsvorwürfen auseinandersetzen. Bei der Untersuchung von vier Todesfällen von Soldaten in der Deepcut-Kaserne in Surrey, stieß die Polizei auf mehr als 170 Vorfälle, in denen Soldatinnen und Soldaten sexuell, psychisch und physisch missbraucht worden sein sollen.

Surrey - Englische Medien berichten übereinstimmend von zwei Listen mit 173 Vorfällen, die die Polizei der Grafschaft Surrey dem Verteidigungsministerium übergeben hat. Rekruten behaupten, dass sie in erniedrigender Art und Weise von Kameraden behandelt worden wären. Das Ministerium will die Anschuldigungen prüfen, unterstreicht aber, dass es bei den Streitkräften keine "Missbrauchkultur" gebe.

Einer der Hauptvorwürfe in Deepcut sind Massenvergewaltigungen. Frauen seien darüber hinaus in Einzelfällen dazu genötigt worden, im Winter nach dem Duschen nackt nach draußen zu gehen. Eine Soldatin sagt, dass ein Offizier auf sie uriniert habe, berichtet der "Daily Telegraph". Andere seien ausgeraubt worden. In einem Fall seien Soldaten in Unterwäsche einbestellt worden, ehe mit Dartpfeilen auf sie geworfen wurde. Auf Beschwerden bei Vorgesetzten habe es keine Reaktionen gegeben.

Hauptangeklagte sind die Navy College Offices (NCO). Die Polizei in Surrey räume allerdings ein, so die englische Tageszeitung "The Times", dass viele Vorfälle durch Hörensagen und Beschwerden von unbeteiligten Dritten weitergetragen wurden. Die meisten seien noch nicht geprüft.

Die Vorwürfe kamen im Rahmen der Ermittlungen von vier Todesfällen ans Tageslicht. Zwischen 1995 und 2002 waren in der Deepcut-Kaserne drei Soldaten und eine Soldatin mit Schusswunden tot aufgefunden worden. Die Familien der Verstorbenen wollen allerdings die verbreitete Darstellung, dass es sich um Selbstmorde gehandelt habe, nicht akzeptieren. Morgen werden mehrere Eltern bei der Sitzung des Verteidigungsausschusses erwartet, bei der sie nachhaltig auf die Pflichten der Armee gegenüber Soldaten, Marine-Mitgliedern und Fliegern aufmerksam machen wollen.

Von der Armee gibt es zu den Vorwürfen bislang keine offizielle Stellungnahme.

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