Stromausfall in Südamerika Blackout am Sonntagmorgen
Man kennt das in Argentinien. Sommer, Hitze, Schwüle, die Klimaanlagen brummen. Und dann fällt plötzlich der Strom aus, weil das defizitäre Netz der Belastung nicht standhält. Diese Blackouts sind meist lokal oder regional - und dann auch wieder rasch behoben. Aber was am Sonntagmorgen in dem Land am Südzipfel Südamerikas passierte, ist bisher ohne Beispiel.
Konsterniert sagte Alejandra Martínez, Sprecherin des Energieversorgers Edesur, der Teile der Hauptstadt Buenos Aires versorgt: "So was ist noch nie flächendeckend über das ganze Land passiert." Jedenfalls nicht um diese Jahreszeit. Auf der Südhalbkugel beginnt gerade der Winter, in Buenos Aires regnet es seit Tagen. Die Metropole erwachte am Sonntag bei 13 Grad.
Bei der Suche nach den Ursachen gab es auch noch Stunden nach Beginn des Blackouts keine sicheren Erkenntnisse. Möglicherweise aber könnten die anhaltenden Niederschläge und Küstenstürme die Leitungen der beiden Staudämme Yacyretá zwischen Argentinien und Paraguay sowie Salto Grande zwischen Uruguay und Argentinien betroffen und zerstört haben. Sie sind für einen Großteil der Stromversorgung des Landes verantwortlich. Das sagten jedenfalls Mitarbeiter des Energieministeriums gegenüber der Tageszeitung "Clarín".
Argentinien ist nach Brasilien, Mexiko und Kolumbien der viertbevölkerungsreichste Staat Lateinamerikas. Die Infrastruktur des Landes ist wegen fehlender staatlicher Investitionen in vielen Sektoren jedoch veraltet.

Blick auf Bueons Aires
Foto: Julian Stratenschulte/dpaGegen Mittag meldeten lokale Medien, dass es schon früh eine Störung zwischen den Staudämmen Yacyretá und Salto Grande gegeben habe und dass diese auch gemeldet, aber offenbar übersehen wurde. Durch die Störung brach dann nach und nach das gesamte Stromnetz zusammen. Auch ein leichtes Erdbeben, das sich am Samstag im Norden Argentiniens ereignete, wollten die Behörden nicht als mögliche Ursache ausschließen.
"Mehrere Stunden" bis zur kompletten Wiederherstellung
Nach Angaben der Behörden war in Buenos Aires und weiten Teilen des Küstenstreifens gegen Mittag Ortszeit die Stromversorgung wiederhergestellt. Insgesamt werde dies aber "mehrere Stunden" in Anspruch nehmen, betonte Energieminister Gustavo Lopetegui. Der Zivilschutz ging davon aus, dass die Wiederherstellung der Versorgung im ganzen Land sieben bis acht Stunden dauern könnte. Der uruguayische Versorger UTE meldete über Twitter, dass ein Schaden im argentinischen Netz sich auf das Verbundsystem ausgewirkt habe, sodass das eigene Staatsgebiet ganz ohne Strom war.
Dabei haben Unternehmen, die Regierung, die Energieversorger und auch die Argentinier und Uruguayer noch Glück im Unglück gehabt. Der Blackout begann am Sonntagmorgen kurz nach sieben Uhr morgens. Und er legte das ganze Land, den Nachbarstaat Uruguay und Teile der Anrainerstaaten Brasilien, Chile und Paraguay lahm. Rund 50 Millionen Menschen waren betroffen.
Ein vergleichbarer Kollaps des Stromnetzes hätte an einem Werktag in dem ohnehin von einer Wirtschafts- und Finanzkrise gebeutelten Argentinien wohl zu einem wahren Desaster geführt. Die Menschen sind auch auf ihren Präsidenten Mauricio Macri nicht gut zu sprechen. Der stellt sich im Oktober zur Wiederwahl. Der Blackout hilft ihm dabei nicht - zumal er sich auch vier Stunden nach dem Beginn nicht dazu geäußert hatte.

Bahnhof in Buenos Aires während des Blackouts
Foto: Lalo Yasky/ Getty ImagesAber auch so hatte der Kollaps, den die Stromanbieter als "Ausfall im elektrischen Verbindungssystem" bezeichneten, drastische Folgen. Unter dem Hashtag "sinluz" (#ohne Licht) verbreiteten Argentinier in den sozialen Netzwerken Fotos von Stadtteilen in Dunkelheit, ausgefallenen Ampeln, Tankstellen, an denen kein Benzin gezapft werfen konnte, von leeren Bahnhöfen und von ausgefallenen und stehengebliebenen U-Bahnen, Nah- und Fernverkehrszügen.
Bürger sollen Wasserverbrauch rationieren
Der Zivilschutz beteuerte aber, dass die öffentlichen Krankenhäuser zumindest in Buenos Aires mit Strom versorgt und die Patienten vom Blackout nicht betroffen seien. Auch die beiden Flughäfen der argentinischen Hauptstadt - Ezeiza und Aeroparque - liefen über Notstromaggregate.
Via WhatsApp informierten sich die Menschen in der Hauptstadt, in welchen Cafés es Strom gab. In einigen Regionen fiel wegen des Stromausfalls auch die Wasserversorgung aus, da kein Wasser in die Zisternen gepumpt werden konnte. Die Behörden riefen die Menschen auf, den Wasserverbrauch zu rationieren.
In den ersten Stunden nach dem Stromausfall öffneten vor allem Geschäfte, die über einen Stromgenerator verfügen. Wegen der häufigen Stromausfälle haben sich viele Unternehmen und Geschäfte mit Generatoren gewappnet.
Betroffen von der Störung waren auch die Gouverneurswahlen in den vier argentinischen Provinzen Formosa, Feuerland, Santa Fé und San Luís. Sie begannen verspätet, wurden aber nach Angaben der Wahlbehörden abgehalten. In Berichten war von Wählern die Rede, die im Dunklen nur mit ihren Telefonen oder einer Taschenlampe in die Wahllokale gingen.