

Wie klang das schön, vor fünf Jahren. Bundeskanzlerin Angela Merkel brach gerade zu einer Afrikareise auf. Eben hatte der Uno-Sicherheitsrat unter deutschem Vorsitz den Südsudan, Afrikas jüngsten Staat, offiziell in die Staatengemeinschaft aufgenommen.
Ein "ganz besonderer Tag für Afrika" sei die Staatsgründung, sagte die Kanzlerin. "Wir wollen, dass mit dem Nord- und mit dem Südsudan zwei stabile Staaten entstehen." Der damalige Außenminister Guido Westerwelle sprach von Freiheit, Frieden und Entwicklung, die sich die rund neun Millionen Sudanesen wünschten. Deutschland werde helfen, schnell ein stabiles Staatswesen aufzubauen.
Fünf Jahre später ist von diesen großen Hoffnungen und Plänen wenig geblieben. Der Südsudan 2016, das ist nicht Freiheit, Frieden und Entwicklung, sondern Gewalt, Terror und Rückschritt.
Mitte Februar brachen in einer Uno-Schutzzone für Zivilisten Unruhen aus. Schwer bewaffnete Truppen überrannten das Camp bei Malakal, etwa 30.000 Vertriebene, die glaubten, hier Schutz gefunden zu haben, mussten wieder fliehen. Ein Drittel des Lagers brannte nieder, Dutzende Menschen starben. Das berichten Ärzte ohne Grenzen. Die Uno-Blauhelme für den Südsudan (Unmiss) schützten das Camp nicht.
43 Menschen starben Ende Juni bei Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Rebellen nahe der nordwestlichen Stadt Wau. 12.000 Menschen aus der Region retteten sich in die Obhut eines Camps der Vereinten Nationen.
Angeblich gilt im Südsudan seit zehn Monaten eine Waffenruhe, doch vielerorts hat es die nie gegeben.
Machtkampf an der Staatsspitze
Krieg und Gewalt herrschen in einem Land, das einmal viele Hoffnungen weckte. Der Südsudan entstand, als sich ein vergleichsweise kleiner, aber bedeutender Teil des Sudan 2011 nach einem erfolgreichen Referendum abspaltete. Der junge Staat hatte Öl. Der Rest-Sudan hat vor allem Steppe und Bürgerkrieg.
Schon wenige Monate nach der Staatsgründung überwarfen sich der neue südsudanesische Präsident Salva Kiir und sein Stellvertreter Riek Machar. Kiir unterstellte seinem Vize Putschabsichten und setzte ihn ab. In der Folge führte Machar eine Rebellenarmee in einen blutigen Bürgerkrieg. Der Konflikt dauerte mehr als zwei Jahre und forderte Zehntausende Tote. 2,2 Millionen Menschen wurden vertrieben, beinahe jeder vierte Südsudanese.
Die Gewalt war extrem: Kinder und Menschen mit Behinderungen wurden lebendig verbrannt. Soldaten vergewaltigten systematisch Frauen und töteten gezielt Zivilisten. Gefangene wurden unter sengender Sonne in Container gesperrt, bis sie tot waren. Auf Rebellen- und auf Regierungsseite geschahen solche Kriegsverbrechen nicht einfach - sie gehörten zur Taktik des grausamen Machtkampfs. Das hielten Uno-Analysten in einem Bericht fest.
Wer körperlich unversehrt geblieben ist, bei dem bleiben oft seelische Narben: Laut einer Studie, durchgeführt in allen zehn Bundesstaaten, leiden 41 Prozent der Bevölkerung unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, berichtet Amnesty International. Das junge Land ist politisch und wirtschaftlich in der Krise, seine Menschen sind seelisch schwer gestört.
Ende April 2016 rauften sich die erbitterten Gegner Kiir und Machar wieder zusammen, so sah es ein Friedensschluss von 2015 vor. Machar wurde, was er schon vor dem Zerwürfnis war: Vize unter einem Präsidenten Salva Kiir. Beide versprachen großzügige Amnestien für alle Kriegsbeteiligten, "vom Bauern bis hinauf zum höchsten Politiker". Der Satz steht in einem Gastbeitrag für die "New York Times". Im Nachhinein beschwerte sich Machar, der Text sei nur von Kiir und nicht von ihm. So viel zur Einigkeit der angeblichen Brüder.
Die einst gefeierte Gründung des neuen Staates taugt nach all dem nur als Negativbeispiel: Dafür, wie internationale Politik auf ganzer Linie versagen kann, wenn salbungsvollen Worten keine ernsthaftes Engagement mehr folgt. Und was geschehen kann, wenn man zwei ehemalige Warlords in einer Regierung zusammenbindet.
Die International Crisis Group warnt, wenn sich nicht bald Substanzielles ändert, breche wieder ein echter Krieg aus.
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