Höchstes Gericht der USA Was macht der Supreme Court, und warum ist er wichtig?

Supreme Court in Washington, DC
Foto: Zach Gibson/ Getty ImagesLiberale Kräfte in den USA sind alarmiert: Ende Juli wird der 82-jährige Anthony Kennedy von seinem Amt als Richter am Obersten Gerichtshof der USA abtreten. US-Präsident Donald Trump kann damit bald einen zweiten Kandidaten auf Lebenszeit im höchsten Gericht nominieren und so das Gremium über Jahrzehnte konservativ prägen.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Fall:
Warum ist der Supreme Court so wichtig?
Der Oberste Gerichtshof ist zentral für die Rechtsprechung und rechtliche Diskurse in den USA. Er besteht aus insgesamt neun Richtern, die auf Lebenszeit ernannt werden. Im Moment sind das drei Frauen und sechs Männer. Sie wachen über die Verfassung und sollen eine unabhängige Justiz gewährleisten. Pro Jahr landen bis zu 8000 Fälle beim Supreme Court. Um die 80 werden im Plenum verhandelt. Hinzu kommen noch einmal rund 100 Fälle, die die Richter nicht mündlich behandeln.
Die Urteile des höchsten Gerichts stellen gesellschaftspolitische Weichen. Etwa 1973, als die Richter im Verfahren Roe vs. Wade Abtreibung als eine zutiefst persönliche Entscheidung definierten und somit weitgehend legalisierten. Zuletzt fällten die Richter allerdings auch Urteile, die weniger im Sinne liberaler Kräfte waren - etwa jüngst das Plazet der Richter zu Trumps Einreisestopp für Menschen aus einigen mehrheitlich muslimischen Ländern.
Wie werden die Richterposten besetzt?
Die Auswahl der Richter obliegt dem Präsidenten. Er schlägt dem Senat einen möglichen Kandidaten vor. Dieser kann ihn mit einer einfachen Mehrheit bestätigen. Zuvor wird aber noch aufwendig geprüft, ob sich die Person für das Amt eignet. Die bisherige Arbeit als Richter wird noch einmal unter die Lupe genommen, auch das FBI scannt den Kandidaten. Außerdem muss die Person vor dem Justizausschuss des Senats Rede und Antwort stehen. Dieser kann bei großen Zweifeln dem gesamten Senat auch empfehlen, den Kandidaten abzulehnen. Die Senatoren müssen diesem Rat jedoch nicht folgen.
Die Besetzung ist ein Politikum. In der Vergangenheit wurden daher auch schon Richterernennungen verhindert . Anfang 2016 starb überraschend der konservative Richter Antonin Scalia. Der damalige Präsident Barack Obama wollte daraufhin den Juristen Merrick Garland nominieren. Doch die Republikaner im Justizausschuss weigerten sich, Merrick anzuhören. Sie wollten um jeden Preis verhindern, dass der Demokrat Obama in seinem letzten Amtsjahr noch einen dritten Richterposten in dem Obersten Gericht besetzt - was ihnen gelang, den Stuhl von Scalia durfte erst Trump wiederbesetzen.
Dieser nominierte Neil Gorsuch für den Posten. Die demokratischen Senatoren wiederum wandten daraufhin den sogenannten Filibuster an, eine Verzögerungstaktik im Plenum, die auf Dauerdebatten oder deren Androhung basiert und so Entscheidungen verhindert. Der Filibuster kann nur durch 60 Stimmen im Senat beendet werden, die Republikaner hatten aber zu dem Zeitpunkt nur 52. Der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat Mitch McConnell entschied sich daraufhin für die "nukleare Option": Die Blockade-Möglichkeit der Opposition durch Filibustern wurde bei der Nominierung von Supreme-Court-Richtern abgeschafft und besteht damit heute nicht mehr.

Neil Gorsuch
Foto: JONATHAN ERNST/ REUTERSZurzeit hat der Senat 100 Mitglieder, die Republikaner halten mit 51 Sitzen die Mehrheit. Es ist allerdings fraglich, ob der erkrankte republikanische Gegenspieler Trumps, John McCain, abstimmen kann.
Trump will jetzt einen Kandidaten aus einer Liste auswählen, die schon im Wahlkampf für ihn zusammengestellt wurde. Aus dieser Auswahl hatte er zuvor auch schon Gorsuch gewählt, der im April vorigen Jahres sein Amt im Obersten Gerichtshof antrat. Sie besteht vor allem aus weißen, sehr konservativen mittelalten Männern. Durch ihre Vereidigung auf Lebenszeit ist zu erwarten, dass dieser Kreis noch lange die Geschicke des Landes, auch unter möglichen demokratischen Präsidenten, prägen wird.
Was bedeutet der Abgang von Kennedy?
Die neun Supreme-Court-Richter lassen sich alle zumindest tendenziell den beiden großen Parteien der USA - Demokraten und Republikaner - zuordnen. Vier Richter sind konservativ und wurden alle von republikanischen Präsidenten ernannt, vier sind liberal und waren Kandidaten von Demokraten. Anthony Kennedy war in den vergangenen Jahren oft die ausschlaggebende Stimme in dem Gremium. Er wurde zwar selbst noch von dem konservativen Ronald Reagan nominiert und schloss sich meist auch den konservativen Richtern an. Doch in entscheidenden Fragen etwa zum Recht auf Schwangerschaftsabbrüche oder zu Rechten von Homosexuellen schlug er sich auf die Seite seiner liberalen Kollegen.

Anthony Kennedy (Archivbild)
Foto: Carlos Barria/ REUTERSSollte es Trump gelingen, einen weiteren Richter zu ernennen, könnte er das Gremium nach rechts bewegen - und das für Jahre. Kritiker warnen nicht nur, dass zukünftige Entscheidungen deutlich konservativ ausfallen werden, sondern befürchten auch, dass grundlegende Urteile wie etwa das zu Abtreibungen schrittweise revidiert werden könnten.
Wie geht es mit dem Obersten Gerichtshof weiter?
Weitere Nominierungen könnten folgen. Trump selbst hat der Nachrichtenseite "Axios" zufolge geprahlt, er werde am Ende seiner ersten Amtszeit vier Richterposten am Supreme Court mit seinen Kandidaten besetzt haben. Zwei der liberalen Obersten Richter, Ruth Bader Ginsburg und Stephen Breyer, sind schon 85 beziehungsweise 79 - auch über ihren Rückzug wird spekuliert. Trump setzt außerdem darauf, dass die 2009 von Obama ernannte Sonia Sotomayor aus gesundheitlichen Gründen aufgeben könnte.