Anschlag in Suruc Türkische Regierung verbreitet Verschwörungstheorien

Forensiker in Suruc: Vizepremier Arinc greift die Opposition an
Foto: Gokhan Sahin/ Getty imagesDie türkischen Behörden stehen nach dem Anschlag auf ein Treffen sozialistischer Jugendlicher in Suruc in der Kritik. Freunde und Angehörige der 32 Toten werfen der Polizei Versagen vor, weil sie keine Beamten zum Schutz der Veranstaltung unweit der syrischen Grenze abgestellt hatte.
Die türkische Regierung weist die Vorwürfe zurück - und geht zum Gegenangriff über. "Jenen, die fragen, warum dort keine Polizei war, möchte ich eine Gegenfrage stellen", sagte der stellvertretende Ministerpräsident Bülent Arinc auf einer Pressekonferenz in Ankara. "Es war auch kein einziger Abgeordneter der HDP oder ein Vertreter der Stadtregierung anwesend. Wir werden Antworten auf diese Fragen finden", sagte Arinc.
Die HDP ist die stärkste politische Kraft in Suruc. Die prokurdische Partei, die bei den Parlamentswahl am 7. Juni überraschend stark abgeschnitten hatte, verfügt über enge Kontakte zu den Jugendorganisationen, die das Treffen in der Stadt organisiert hatten. Viele HDP-Vertreter waren einst Mitglieder der Jugendverbände.
HDP-Chef reagiert mit Sarkasmus
Die türkische Führung schürt damit Gerüchte, die zuvor bereits von regierungstreuen Medien verbreitetet wurden. Demnach habe die HDP vorab von dem Attentat gewusst, aber nichts unternommen, um Präsident Recep Tayyip Erdogan und die herrschende AKP schlecht aussehen zu lassen.
HDP-Chef Selahattin Demirtas reagierte sarkastisch auf die Bemerkungen des Vizepremiers. "Keine Sorge, eines Tages werden wir alle unter den Getöteten sein", twitterte der Politiker, der seine Partei bei der Parlamentswahl zum stärksten Ergebnis ihrer Geschichte geführt und damit eine Fortsetzung der AKP-Alleinregierung verhindert hatte.
Am Mittwoch hatten die Behörden bekannt gegeben, dass der Selbstmordattentäter von Suruc ein 20-jähriger Türke gewesen sei, der von der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) radikalisiert worden sei und erst kurz zuvor in Syrien gewesen sein soll.
Vizeregierungschef Arinc verteidigte auch die Weigerung seiner Regierung, einen nationalen Trauertag für die Toten von Suruc auszurufen. Die Bedeutung des Trauertags gehe verloren, wenn er "für jeden solchen Vorfall" ausgerufen würde, sagte Arinc lapidar.
In den vergangenen Monaten hatte die Türkei unter anderem für die von Taliban getöteten Schüler in Pakistan, den verstorbenen saudi-arabischen König Abdullah und den verstorbenen Ex-Präsidenten Süleyman Demirel Staatstrauer ausgerufen.