SVP-Referendum Schweizer stimmen gegen schärferes Einbürgerungsrecht
Bern - 26 Kantone hat die Schweiz - in 25 von ihnen haben die Menschen am Sonntag gegen eine Verschärfung der Einbürgerungsgesetze gestimmt, landesweit waren 63,5 der beteiligten Wähler dagegen. Nur im deutschsprachigen Kanton Schwyz in der Zentralschweiz waren 60 Prozent dafür.
Die rechte Schweizerische Volkspartei (SVP) des Populisten und Ex-Justizministers Christoph Blocher hatte das Referendum angestrengt. Die SVP stellt zurzeit die größte Fraktion im Parlament - sie wollte erreichen, dass künftig die Bevölkerung in den Gemeinden wieder darüber abstimmt, ob ein Mensch Schweizer werden darf, der Schweizer werden will. Ein Widerspruch gegen diese Entscheidungen der Gemeinden vor einem Gericht sollte nicht möglich sein.
Die Initiative wurde in den deutschsprachigen Kantonen gestartet - auch hier lehnten die Bürger die Verschärfung ab. Die Gemeinde Emmen im Kanton Luzern wurde im Jahr 2000 Vorreiter des umstrittenen Verfahrens: Bislang wurden dort acht Anträge von Italienern angenommen, 48 Antragsteller aus Balkanländern abgelehnt. Das Bundesgericht kassierte die Absagen jedoch. Die Gemeinden wurden verpflichtet, für Einbürgerungen ein rechtsstaatliches Verfahren mit einer Widerspruchmöglichkeit einzuführen.
Regierung und Parlament waren dagegen
Regierung und Parlament in Bern hatten sich gegen die Gesetzesinitiative der SVP ausgesprochen, weil sie Diskriminierung befördere und der Willkür Vorschub leiste. Die SVP wollte daraufhin auch per Volksentscheid einen "Maulkorb-Erlass" für die Regierung durchbringen, der nun ebenfalls scheiterte.
Die Gewerkschaften "Unia" und "Travail.Suisse" sagten, die deutliche Ablehnung der Einbürgerungsinitiative am Sonntag sei ein klares Signal gegen einen Missbrauch des Themas Migration zur politischen Profilierung. SVP-Präsident Toni Brunner bedauerte dagegen den Ausgang. Künftig werde es massiv mehr Einbürgerungen geben.
Gleichzeitig hat sich bei einer Umfrage der Zeitungen "Sonntagsblick" und "Il Caffè" eine Mehrheit der Schweizer dafür ausgesprochen, den Anteil ausländischer Kinder in Schulklassen zu begrenzen. 56 Prozent der Befragten äußerten demnach den Wunsch, dass höchstens ein Drittel der Schüler in jeder Klasse ausländischer Herkunft sind. Die Schweizer Bevölkerung hat einen Ausländeranteil von rund 20 Prozent.
SVP schließt Justizministerin aus
Die Schweizerische Volkspartei schloss heute außerdem Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf und den gesamten Landesverband des Kantons Graubünden aus, in dem Widmer-Schlumpf Mitglied ist.
Die Politikerin hatte sich im vergangenen Jahr gegen den Willen ihrer Partei zur Justizministerin wählen lassen und damit bewirkt, dass SVP-Leitfigur Christoph Blocher die Regierung verlassen musste. Dass Widmer-Schlumpf nun nicht mehr zur SVP gehört, bedeutet nicht, dass sie als Ministerin zurücktreten muss.
Mit der Annahme der Wahl zur Ministerin habe Widmer-Schlumpf einen Treuebruch begangen und die eigenen Interessen über die der Partei gestellt, begründete SVP-Präsident Toni Brunner am Sonntag im Schweizer Fernsehen den Beschluss des Parteipräsidiums.
Den Landesverband Graubünden hatte die Bundes-SVP zunächst aufgefordert, bis zum 30. April 2008 ein eigenes Ausschlussverfahren gegen die Ministerin in die Wege zu leiten. Nachdem dies nicht geschah, wollte der SVP-Zentralvorstand die ganze Sektion Graubünden ausschließen. Partei-Präsident Brunner rief nun die Mitglieder der SVP Graubünden auf, einen neuen Landesverband ohne Widmer-Schlumpf zu gründen.
Die Schweiz wird seit Jahrzehnten von einer großen Koalition aus vier Parteien regiert, eine davon ist die SVP. Da keine Partei allein über eine Mehrheit im Parlament verfügt, kommt es immer wieder vor, dass die Koalitionspartner Minister wählen, die von der Parteispitze abgelehnt werden.
maf/AFP