Nordsyrien Aktivisten berichten von Toten nach türkischem Luftangriff

Rauch über der syrischen Stadt Ras al-Ain - trotz vereinbarter Waffenruhe
Foto: Lefteris Pitarakis/AP/dpaTrotz der vereinbarten Feuerpause für Nordsyrien hat die türkische Luftwaffe Aktivisten zufolge erneut Luftangriffe geflogen. Bei dem Angriff auf das syrische Dorf Bab al-Cheir östlich der Grenzstadt Ras al-Ain seien am Freitag mindestens fünf Zivilisten getötet worden, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit.
In Ras al-Ain hatte es nach Angaben der Organisation zuvor bereits Gefechte zwischen der türkischen Armee und den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) gegeben. Ein Kurdenvertreter warf der Türkei andauernde Verstöße gegen die Feuerpause vor. Die Luftangriffe und der Artilleriebeschuss durch die Türkei sei eine "Verletzung" der Waffenruhe, sagte Mustafa Bali, der Sprecher der von der YPG-Miliz dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF).
Das kurdisch-arabische Bündnis hatte sich in der Nacht zu Freitag zur Einhaltung der fünftägigen Feuerpause bereit erklärt, die zuvor zwischen der Türkei und den USA in Ankara ausgehandelt worden war.
Great news out of Turkey. News Conference shortly with @VP and @SecPompeo. Thank you to @RTErdogan. Millions of lives will be saved!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 17, 2019
Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hatte erst Donnerstagabend eine Waffenruhe für Nordsyrien verkündet. Das sagte Vizepräsident Mike Pence nach einem Treffen mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Ankara. Es seien "großartige Nachrichten" aus der Türkei, twitterte Trump. "Millionen Leben werden gerettet." (Mehr dazu lesen Sie hier.)
Der Kommandant der Syrian Democratic Forces (SDF), Maslum Abdi, hatte angekündigt, die Waffenruhe akzeptieren zu wollen. "Wir werden alles tun, damit die Waffenruhe ein Erfolg wird", sagte Abdi. Die Vereinbarung gelte für das Gebiet zwischen Ras al-Ain und Tall Abjad und beinhalte auch die Rückkehr von Vertriebenen in ihre Häuser und schließe demografische Veränderungen in der Gegend aus, sagte Abdi in einem Telefoninterview.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte dagegen, er wolle die Einigung nicht als "Waffenruhe" verstanden wissen. Die Offensive werde nicht gestoppt, sondern "unterbrochen". Zudem könnten nur zwei legitime Seiten eine Waffenruhe vereinbaren. Die Türkei betrachtet die YPG jedoch als Terrororganisation.
Erdogan fordert vollständigen Kurden-Rückzug aus Grenzstreifen
Die Türkei erwarte den Rückzug kurdischer Kämpfer entlang der ganzen syrisch-türkischen Grenze, sagte Erdogan am Freitag nach einem Moscheebesuch in Istanbul.
Er sprach von einem 32 Kilometer breiten und 444 Kilometer langen Gebiet. Das entspricht der sogenannten Sicherheitszone, die die Türkei sich seit langem wünscht und die sie mit ihrer Offensive gegen Kurdenmilizen hatte erreichen wollen. Aus türkischer Sicht beginnt sie am Euphrat-Fluss und erstreckt sich gen Osten bis an die irakische Grenze.
Erdogan sagte: "Bei den gestrigen Gesprächen haben wir uns darauf geeinigt, dass innerhalb dieser 120 Stunden (fünf Tage) diese Region evakuiert werden soll." Erdogan bestritt der Nachrichtenagentur Reuters, dass es nach der Vereinbarung mit den USA zu Zusammenstößen in Nordostsyrien gekommen sei. Schilderungen von Reuters-Reportern widersprechen dem: Demnach kam es am Freitag nahe Ras al-Ain zu Schüssen und Artilleriefeuer.