Vorwurf von Human Rights Watch Assad-Truppen setzen sexuelle Gewalt ein

Die Soldaten von Syriens Diktator Assad gehen offenbar mit sexuellen Gewalttaten gegen Aufständische vor. Laut Human Rights Watch kommt es zu Vergewaltigungen und Missbrauch. Die EU verschärft erneut ihre Sanktionen - nicht zuletzt sollen Assads Luxuseinkäufe unterbunden werden.
Poster gegen Gewalttaten in Syrien: Schwere Vorwürfe gegen Assad-Regime

Poster gegen Gewalttaten in Syrien: Schwere Vorwürfe gegen Assad-Regime

Foto: SCOTT OLSON/ AFP

Damaskus - Brutal und rücksichtslos lässt Baschar al-Assad den Aufstand in Syrien niederschlagen. Dabei kommt es offenbar auch zu sexuellen Übergriffen der staatlichen Soldaten. Vergewaltigungen und andere sexuelle Misshandlungen wurden nach Angaben der Menschrechtsorganisation Human Rights Watch gemeldet.

"Sexuelle Gewalt in Haft ist eine der abscheulichsten Waffen im Arsenal der syrischen Regierung. Syrische Sicherheitskräfte nutzen dies regelmäßig, um Gefangene ungestraft zu demütigen und zu zerstören", sagte Sarah Leah Whitson, am Freitag. Sie ist für die Organisation als Direktorin für den Nahen Osten zuständig.

Nur selten würden die Verbrechen auch tatsächlich bekannt gemacht. Viele Opfer würden aus Scham und Angst vor den Reaktionen ihrer Familien nicht über die Misshandlungen sprechen. Außerdem hätten sie kaum Zugang zu medizinischer Behandlung, rechtlicher Beratung und psychologischer Hilfe.

Die Täter seien Armeeangehörige, Geheimdienstmitarbeiter und Kämpfer der gefürchteten, regimetreuen Schabiha-Milizen. Zugleich betonte Whitson, dass es nicht nur in Haftanstalten zu den Misshandlungen komme.

Die Streitkräfte sowie Mitglieder der Miliz hätten Frauen und Mädchen auch bei Razzien und Durchsuchungen vergewaltigt und sexuell missbraucht. Zu den Gewalttaten sei es überall in Syrien gekommen, vor allem jedoch in der Hochburg der Aufständischen in Homs.

Anfang der Woche hatte bereits die Uno in einem Bericht die massenhaften Verbrechen des Regimes gegen Kinder und Jugendliche verurteilt. Zum ersten Mal landete Syrien dafür auf der sogenannten Liste der Schande der Vereinten Nationen.

Trotz der immer neuen Schreckensmeldungen kann sich die Internationale Staatengemeinschaft bisher nicht auf ein geschlossenes Vorgehen gegen Syrien einigen. Petitionen scheitern immer wieder am Protest von Russland und China. Nun werden zumindest die Sanktionen gegen das Regime in Damaskus verschärft.

EU will Assad Luxusgüter verweigern

Die Europäische Union (EU) hat die Ausfuhr von Gütern nach Syrien verboten, die zur Unterdrückung der Bevölkerung eingesetzt werden können. Betroffen sind unter anderem Gasmasken und Schutzanzüge, wie die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am Freitag in Brüssel mitteilte. Hinzu kommt ein Exportverbot für bestimmte Chemikalien, Viren, Bakterien und Giftstoffe sowie Labormaterial. Für weitere Stoffe und Geräte muss künftig eine Erlaubnis eingeholt werden.

Der EU-Beschluss wird am Sonntag wirksam. Die Länder der Europäischen Union hatten bereits im April die weiteren Sanktionen grundsätzlich beschlossen. Brüssel stellte nun die Liste mit den betroffenen Gütern vor.

Zur Liste der gesperrten Güter gehören auch jene Produkte, die auf das Luxusleben der Führungsriege um Präsident Assad und dessen Frau Asma zielen. Denn während die Bevölkerung unter den Folgen von mehr als 15 Monaten Krieg leidet, gönnt sich die Herrscherfamilie einen höchst aufwendigen Lifestyle.

Dazu gehören Kaviar, Trüffel und Zigarren mit einem Verkaufspreis von mehr als zehn Euro, Wein und andere Spirituosen teurer als 50 Euro sowie Lederwaren ab 200 Euro und Schuhe, die mehr als 600 Euro kosten, wie die EU-Kommission mitteilte. Ebenfalls auf der Liste stehen Luxuskleider, Schmuck, Perlen, Uhren und teure Glaswaren. Verboten wird zudem die Ausfuhr von Wagen, Flugzeugen und Booten ab 25.000 Euro.

Uno appelliert - Russland dementiert

Angesichts der eskalierenden Gewalt hat der Chef der Uno-Beobachter die Konfliktparteien zur Umsetzung des Friedensplans gemahnt. Beide Seiten müssten der Uno-Mission eine Chance geben, sagte Generalmajor Robert Mood am Freitag in Damaskus.

Die russische Regierung bestritt Verhandlungen mit dem Westen über einen Rücktritt des syrischen Präsidenten Assad. Außenminister Sergej Lawrow sagte, Gespräche mit dem Westen über einen Regierungswechsel in Damaskus habe es nicht gegeben und könne es nicht geben. Sollte US-Außenamtssprecherin Victoria Nuland über derartige Gespräche zwischen den USA und Russland berichtet haben, so sei dies falsch. Das stehe "in vollständigem Widerspruch" zur russischen Position.

Klare Ansage an die Uno-Beobachter

Der Chef der Uno-Beobachtermission in Syrien, Robert Mood, hat vor einer gefährlichen Zuspitzung des Konflikts im Land gewarnt. "In den letzten zehn Tagen ist die Gewalt intensiver geworden, mit erheblichen Risiken für unsere Beobachter", erklärte Mood in einer Mitteilung, die am Freitag am Uno-Sitz in New York veröffentlicht wurde. Für die Eskalation machte er beide Konfliktparteien verantwortlich, die Sicherheitskräfte des Regimes und die bewaffneten Aufständischen.

Syrische Menschenrechtsaktivisten haben die Uno-Beobachter aufgefordert, sich um ein Ende der Gewalt in Syrien zu bemühen oder ihren Einsatz abzubrechen. Die internationalen Beobachter seien derzeit nur "Zeugen von Morden", teilte die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Die Aktivistengruppe rief die Beobachter auf, sich für einen sofortigen Waffenstillstand und die Umsetzung des Friedensplans des internationalen Syrien-Gesandten Kofi Annan einzusetzen - oder nach Hause zu fahren.

jok/dpa/AFP
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