Angebliche Rebellen-Gräueltat Regimenaher Sender veröffentlichte Enthauptungsvideo

Ist es grausame Propaganda, ein Fake? Im Internet zirkuliert ein erschütterndes Video: In Syrien sollen Rebellen einen zehnjährigen Jungen dazu gebracht haben, einen gefangenen Assad-Offizier zu enthaupten. Die Quelle der Veröffentlichung ist jedoch dubios.

Homs - Die Aufnahmen sind wackelig und teils unscharf - doch was zu sehen ist, fordert vom Betrachter starke Nerven. Ein am Montag im Internet verbreitetes Video soll angeblich eine Gräueltat der syrischen Rebellen im Bild festhalten. Gefilmt wird unter anderem ein Junge, der mit einem Schwert auf den Nacken eines gefesselten Gefangenen einschlägt. Dabei feuern ihn zahlreiche Männer an. Später ist der abgetrennte Kopf des Opfers zu erkennen.

Zeigen die Aufnahmen Rebellen, die einen Offizier grausam töten lassen und diese Tat filmen, um andere Assad-Militärs einzuschüchtern? Es ist auch möglich, dass die Aufnahmen von Assad-Anhängern gemacht wurden, um die Rebellen zu diskreditieren. In dem Dauerkonflikt werfen sich beide Seiten immer wieder Gräueltaten vor und streuen zu Propagandazwecken Falschinformationen.

Um die Frage etwa, wer für das Massaker in Hula verantwortlich ist, das in dem Video erwähnt wird, wurde monatelang gestritten. Mehr als hundert Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, wurden in der Ortschaft umgebracht. Teils starben sie durch Artillerie-Beschuss, teils wurden sie hingerichtet mit Messern und Gewehren. Eine Uno-Untersuchungskommission ergab, dass Anhänger von Baschar al-Assad die Tat verübt hatten. Auch ein SPIEGEL-Reporter kam vor Ort zu diesem Schluss .

Kinder werden für Propaganda missbraucht

Wer die Täter in dem Video sind, lässt sich nicht sagen. Auch nicht, ob die abgebildeten Taten tatsächlich authentisch sind. Offensichtlich ist nur, dass der Krieg in Syrien inzwischen derart brutal geführt wird, dass man nicht davor zurückschreckt, Kinder für solche Schauerszenen zu instrumentalisieren.

Das Video wurde von dem syrischen Radiosender Sham FM veröffentlicht. Der Sender verbreitete es auf seiner Facebook-Seite und seinem YouTube-Kanal. Sham FM gilt als regimetreu. Als offizieller Sender in Syrien, hält er sich in seiner Berichterstattung genau an die Sprachregelung von Baschar al-Assad. Kämpfe zwischen Rebellen und dem Militär werden da regelmäßig zu "Operationen gegen Terroristen". Zuletzt berichtete Sham FM Assads Sprecher Dschihad Makdissi habe sich für einen dreitägigen unbezahlten Urlaub außer Landes begeben. Makdissi ist allerdings seit einer Woche nicht mehr aufgetaucht.

Zweite Leiche in Video zu sehen

In dem Video wird auch die Leiche eines zweiten enthaupteten Mannes gezeigt, wobei unklar bleibt, ob dieser ebenfalls von dem Kind getötet wurde. Bei den Toten soll es sich nach Informationen aus Oppositionskreisen um entführte Offiziere handeln.

Angeblich sollen die Gefangenen zu einer Gruppe von insgesamt zehn Offizieren gehören, die der religiösen Minderheit der Alawiten angehören und von Rebellen in Homs entführt wurden. Zwei von ihnen sollen später gegen Lösegeld wieder freigelassen worden sein. Sechs von ihnen befinden sich angeblich noch in Gefangenschaft. Präsident Baschar al-Assad und viele Kommandeure in Armee und Geheimdienst sind Alawiten. Die Mehrheit der Syrer ist sunnitischen Glaubens.

jok/dpa
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