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Bundeswehr-Jets: "Tornados" im Auslandseinsatz

Foto: CHRISTIAN CHARISIUS/ REUTERS

Deutsche "Tornado"-Jets über Syrien Hightech-Späher gegen Terroristen

Mit der Entsendung von "Tornado"-Jets steigt Deutschland militärisch in den Anti-IS-Krieg ein. Die Sensoren der Aufklärer orten feindliche Ziele am Boden. Partner Frankreich geht es um die technische Unterstützung - und um ein Signal.

Beim Geschwader "Immelmann" verfolgen die Soldaten die Nachrichten seit Tagen sehr genau. Die Männer und Frauen auf dem Fliegerhorst Schleswig kannten die Gerüchte, seit Donnerstagmittag nun steht es fest: Mit ihren "Tornado"-Aufklärungsjets, im Fachjargon "Recce-Tornados" genannt, sollen die Soldaten bald in den Nahen Osten aufbrechen und sich dort am Luftkrieg gegen den "Islamischen Staat" beteiligen. Zum ersten Mal seit dem Afghanistan-Einsatz kommt wieder eine echte Kriegsmission auf die Soldaten der Luftwaffe zu.

Was die Bundesregierung am Mittag im Sicherheitskabinett beschloss, wird beim Geschwader "Immelmann" schon länger theoretisch durchgespielt. Insgesamt sechs "Tornados" mit der Aufklärungstechnik "Recce Lite" könnte man zügig in die Türkei verlegen. Danach würden jeweils vier der Jets zu Einsätzen über Syrien oder dem Irak aufbrechen. Ein wenig Zeit aber haben die Soldaten noch, zunächst muss die Regierung dem Bundestag ein Mandat für die deutsche Teilnahme an der internationalen Anti-IS-Koalition vorlegen. Vermutlich im Januar dann könnten die "Tornados" in die Krisenregion aufbrechen.

Solidarität mit Frankreich und Hilfe im Kampf gegen den IS

Mit dem hastigen Schritt vollzieht die Bundesregierung die zweite Kehrtwende in ihrer Syrien-Politik. Ähnlich wie bei der später eilig gestarteten Waffenhilfe für die Kurden im vergangenen Jahr hatte Berlin zuvor monatelang eine Teilnahme an dem Luftkrieg gegen den IS abgelehnt. Noch vor Tagen sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier, an Flugzeugen würde es der von den USA angeführten Koalition nicht fehlen.

Die Wende brachte der Besuch der Kanzlerin bei Frankreichs Präsident François Hollande, der sie auf offener Bühne zu mehr Engagement aufforderte. Nur Stunden nach dem Affront trommelte Angela Merkel ihr Kernkabinett zusammen und beschloss die Entsendung der "Tornados".

Die neue deutsche Mission ist eine Mischung aus symbolischer Solidarität mit Frankreich und echter Waffenhilfe im Kampf gegen den IS. Aus Bundeswehrkreisen heißt es, die Franzosen hätten kürzlich ausdrücklich um die Entsendung der "Tornado"-Aufklärungsjets gebeten. Auch wenn diese keine Bomben auf Kommandostände, Ausbildungslager oder Stellungen des IS abwerfen sollen, sei Paris die Teilnahme der Deutschen an dem Luftkrieg wichtig. Hollande möchte bei seinem Krieg schlicht nicht allein dastehen. Zudem sei die Aufklärung von Zielen für spätere Luftangriffe extrem wichtig, der deutsche Beitrag deswegen hoch geschätzt.

Tatsächlich eignen sich die deutschen "Tornados" zur Zielsuche für die Kampfjets der anderen Nationen ziemlich gut. Aus sicherer Höhe können sensible Kameras, eingebaut in einen rund zwei Meter langen grauen "Pod" am Boden der Jets, hochauflösende Fotos und Infrarot-Bilder in einem sehr weiten Spektrum rechts und links von der Flugbahn aufnehmen. Per Datenlink gehen die Daten live an die Bodenstation. Zudem sind die Jets mit weiteren Sensoren ausgestattet, die die Strahlung zum Beispiel von gegnerischen Radarstellungen oder anderem militärischem Gerät auffangen und diese mit Positionsdaten als Ziele für spätere Angriffe markieren können.

Einige Details sind vor noch zu klären

Die Bilder der "Tornados" sind der Stolz der Luftwaffe. Zuletzt bei den Hochwassern in Deutschland unterstützten die Jets die Planung beim Katastrophenschutz, auf ihren Fotos waren selbst kleinere Risse in den Deichen gut zu sehen. Solche Aufklärung, heißt es bei der Bundeswehr, könnte für die Luftkampagne gegen den IS sicherlich einen "militärischen Mehrwert" darstellen. Bisher stützen sich die Franzosen hauptsächlich auf die amerikanische Luftaufklärung, zudem stellen einige Länder wie Italien oder Katar sogenannte Surveillance-Jets.

Zahlreiche Details sind vor dem deutschen Einstiegs in die Mission allerdings noch zu klären. Zum einen müsste Deutschland eine Basis für die "Tornados" finden, heißt es bei der Bundeswehr. Dazu sollen schon bald Gespräche mit der Türkei beginnen. Zwar haben die "Tornados" grundsätzliche eine große Reichweite, trotzdem wäre eine Stationierung in der Nähe des Einsatzraums sinnvoll.

Parallel prüft die Truppe, wie man die Franzosen noch weiter unterstützen kann. Hilfe bei der Luftbetankung durch deutsche Jets ist eine Möglichkeit. Zudem soll die Bundeswehr ihre Satelliten auf die Krisenregion ausrichten und der Koalition deren Daten zur Verfügung stellen.


Zusammengefasst : Die Bundeswehr steigt nun doch in den Kampf gegen den IS ein - eine Kehrtwende der Regierung. Die deutschen "Tornados" sollen nur zur Aufklärung eingesetzt werden, doch schon das wäre eine große Hilfe für die anderen Nationen. Vor allem Frankreich hatte auf einen deutschen Einstieg gedrängt. Der Einsatz könnte im Januar beginnen.

Video: Von der Leyen bestätigt deutschen Militäreinsatz in Syrien

Im Video: Treffen mit Hollande - Merkel sichert Unterstützung im Kampf gegen IS zu

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