
Im Zentrum des Krieges: Die Statuen von Palmyra
Weltkulturerbe IS kündigt Zerstörung der Statuen von Palmyra an
Zunächst hat der "Islamische Staat" (IS) in Palmyra Jagd auf Menschen gemacht: Mindestens 217 Personen, darunter 67 Zivilisten, exekutierten die Dschihadisten in den ersten 48 Stunden nach ihrem Einmarsch - so berichtet es die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, deren Informationen sich in der Regel als zuverlässig erwiesen haben.
Die meisten Ermordeten seien gegnerische Kämpfer und angebliche Spitzel gewesen, berichtet die Beobachtungsstelle. Es seien aber auch ganze Familien getötet worden, die Gesuchten ein Versteck gewährten. Zum Teil wurden die Opfer öffentlich enthauptet, eine klare Botschaft an die Menschen von Palmyra. Über ihrer Stadt weht nun das schwarze Banner des IS.
Nun, da die Stadt unterworfen ist, will sich der IS das berühmte Ruinenfeld vornehmen. Die Dschihadisten inspizierten bereits die Weltkulturerbestätte und veröffentlichten dieses Video:
"Wir werden diese historische Stadt nicht zerstören, aber wir werden die Statuen pulverisieren, die die Irrgläubigen angebetet haben", sagte Abu Laith Al-Saudi, IS-Militärchef in Palmyra, dem syrischen Radiosender Alwan FM. Dieser wurde 2013 von syrischen Bürgerjournalisten und Aktivisten gegründet und berichtet aus den Regionen im Norden Syriens, die nicht mehr vom syrischen Regime kontrolliert werden. "Wir werden nicht mit unseren Bulldozern über die historische Stätte fahren, wie manche zu glauben scheinen", sagte er.
Hier finden Sie die vollständige Radiobotschaft des IS-Militärchefs mit englischen Untertiteln:
Wie viele Statuen es noch in der Ruinenanlage und dem Museum von Palmyra gibt, ist unklar. Nach Angaben von Maamoun Abdulkarim, Syriens Antiquitätenminister, wurden Hunderte Statuen bereits vor dem Einmarsch des IS in andere Teile des Landes gebracht.
Vorschlaghammer und Bulldozer
Im Irak hat der IS bereits assyrisches Weltkulturerbe vernichtet und Statuen zerstört, die die radikalislamistische Miliz als Götzen betrachtete. Mit Vorschlaghammern und Bulldozern verwüstete die Miliz Abbildungen assyrischer Könige. Kämpfer zerstörten auch Bildnisse sogenannter Lamassu, babylonischer Fabelwesen mit Löwen- oder Stierkörpern, Flügeln und Menschenköpfen.
Das Ruinengelände von Palmyra hat anders als die assyrischen Stätten kaum Statuen und religiöse Verzierungen. Es stammt aus einer anderen Epoche und Kultur. Außer zwei Tempelgebäuden sind die Überreste vor allem religionsneutral: Thermen, Regierungsgebäude, die Prachtstraße, ein Marktplatz, ein Theater, eine Zitadelle.

Die Weltkulturerbestätte von Palmyra hat durch den Bürgerkrieg in Syrien bereits schweren Schaden davongetragen. Syriens Militär hatte es als Stützpunkt verwendet, dort Raketenwerfer stationiert und Schutzgräben ausgehoben. Bei Gefechten zwischen Assad-treuen Soldaten und syrischen Rebellen waren bereits Säulen beschädigt worden. Die Wirren des Krieges machen es auch Plünderern leichter. Im internationalen Kunsthandel sind bereits Statuen aus Palmyra aufgetaucht. Auch für den IS gehört illegaler Antiquitätenhandel zu einer wichtigen Einnahmequelle.
Andere Weltkulturerbestätten Syriens, wie die Altstadt von Aleppo, wurden durch den Krieg bereits völlig zerstört.