Syrischer Dikator Amerikaner und Briten erwägen Deal mit Assad

Syrischer Präsident Assad: Mögliche Beteiligung an Friedenskonferenz
Foto:REUTERS / SANA
Hamburg - Massaker an Zivilisten, Kampfhubschraubereinsätze gegen Dörfer, der Missbrauch von Kindern als menschliche Schutzschilde - die Liste der Vorwürfe gegen Baschar al-Assad ist lang und schockierend. Als Oberbefehlshaber der syrischen Truppen verantwortet er die Untaten seiner Soldaten. Trotzdem könnte der Diktator straffrei bleiben - wenn er sich auf einen Deal mit Briten und Amerikanern einlässt.
Nach Informationen des britischen "Guardian" gab es am Rande des G-20-Gipfels in Mexiko entsprechende Beratungen auf hoher Ebene.
So könnte der Deal mit dem Diktator dem Blatt zufolge aussehen: Assad entgeht einer harten Strafe und bekommt möglicherweise sogar freies Geleit. Im Gegenzug gibt er seine Herrschaft über Syrien auf, seine Truppen beenden das Blutvergießen - und über die Zukunft des Landes wird auf einer internationalen Konferenz in Genf beraten. An diesem Treffen - organisiert von der Uno - würde demnach auch Assad teilnehmen.
Der "Guardian" beruft sich dabei auf Diplomaten und Regierungskreise. Die Beratungen über das mögliche Friedensmodell befänden sich aber noch in einem sehr frühen Stadium, hieß es. Weder aus Damaskus noch aus London oder Washington gibt es bisher Reaktionen auf den Bericht.
Trotzdem geben manche Experten einer Machtübertragung nach dem Beispiel des Jemen gute Chancen. Auch dort hatte sich der damalige Präsident Ali Abdullah Salih im vergangenen Februar auf ein ähnliches Tauschgeschäft eingelassen. Seitdem läuft im Land ein mühsamer Friedensprozess.
Bisher scheitern die meisten Vorstöße im Fall Syriens am Widerstand aus Moskau. Die russische Regierung unterstützt auch weiterhin das syrische Regime - regelmäßig gibt es Berichte über Waffenlieferungen nach Damaskus.
Eine Lösung des Dauerkonflikts scheint immer dringender. Seit 16 Monaten tobt der blutige Bürgerkrieg in Syrien, die Vereinten Nationen gehen von deutlich mehr als 10.000 Todesopfern aus. Zuletzt hatte sich vor allem das Vorgehen der Assad-Truppen gegen die Zivilbevölkerung dramatisch verschärft.
Doch auch der Widerstand der Rebellen gegen die staatlichen Soldaten scheint ungebrochen. Russland wirft vor allem Saudi-Arabien vor, die Aufständischen mit Waffen zu unterstützen. Laut "New York Times" haben die Rebellen jedoch noch weitere internationale Unterstützer. Dem Blatt zufolge operieren Agenten des US-Geheimdiensts CIA im Süden der Türkei. Dort sollen sie den Waffentransfer über die syrische Grenze koordinieren. Die US-Regierung hat bisher eine Unterstützung der Anti-Assad-Truppen mit Waffen bestritten.
Waffen von den Saudis und Türken?
Der "Times"-Bericht wird das militärische Gerät für die Rebellen aus der Türkei, Saudi-Arabien und Katar finanziert. Neben automatischen Waffen, Granaten und sogar panzerbrechender Munition wird offenbar auch Überwachungstechnik ins Land geschmuggelt. Auch bei der Bedienung dieser Hightech-Geräte sind die Geheimdienstmitarbeiter behilflich.
Die Bedeutung von Waffenlieferungen an die Rebellen verschiedener Gruppen in Syrien ist aus Sicht der regionalen Geheimdienste signifikant. So geht man nach Informationen von SPIEGEL ONLINE in der Türkei davon aus, dass die Rebellen einen militärischen Sturz des Assad-Regimes in nur sieben oder acht Monaten erreichen könnten. Dafür bräuchten sie allerdings Boden-Luft-Raketen zum Abschuss der seit kurzem eingesetzten Hubschrauber.
Ein solcher Sieg, so türkische Geheimdienstler, würde jedoch mehr als blutig. So rechnet man damit, dass Assad im Fall des Falls sogar die noch funktionstüchtigen MiG-Kampfjets der Armee einsetzen würde. Der Pilot einer solchen Maschine war am Donnerstag nach Jordanien übergelaufen - es war das erste Mal, dass Assad eine seiner MiG-Jets durch Desertion verlor. Trotz der hohen Rate an Desertionen innerhalb der Armee, so die Analyse, wird die Luftwaffe wohl bis zuletzt an Assad festhalten, da er selbst aus diesem Teil der Streitkräfte stammt.
CIA-Leute sollen Opposition aushorchen
Gleichzeitig erfassen die Agenten vor Ort wichtige Informationen über die oppositionellen Strömungen in Syrien. "Die CIA ist da und auf der Suche nach neuen Informationsquellen", zitiert die "New York Times" einen saudiarabischen Offiziellen.
Ein weiterer Auftrag für die US-Agenten könnte die Sicherung von Informationen über die Giftgas-Reserven des Assad-Regimes sein. Viele der Rebellen sind ehemalige Mitglieder der syrischen Streitkräfte - und könnten demnach Kenntnis von Lage und Umfang der C-Waffen-Arsenale haben.
Nach einem möglichen Sturz des Assad-Regimes - so die Befürchtung in den USA - könnten diese hochgefährlichen Kampfstoffe in die falschen Hände geraten. Al-Qaida und andere Terrororganisationen werden seit längerem im Land vermutet. Die USA wollen um jeden Preis verhindern, dass solche Gruppen Zugriff auf Massenvernichtungswaffen erhalten.