Fotostrecke

Asma al-Assad: Die Frau des Schlächters

Foto: epa Harish Tyagi/ picture-alliance/ dpa

Syriens First Lady Asma al-Assad Die Schöne und der Schlächter

Ist sie das skrupellose Luxusweibchen eines Herrschers im Blutrausch? Oder eine weltoffene, reformorientierte First Lady, die hilflos mit ansehen muss, wie ihr Land im Bürgerkrieg versinkt? Selbst Syrien-Kenner rätseln, welche Rolle Baschar al-Assads Ehefrau Asma in Damaskus spielt.

"Asma al-Assad ist glamourös, jung, sehr schick - die frischeste und magnetischste aller First Ladies. Sie ist eine seltene Mischung: Eine schlanke, schlaksige Schönheit mit einem analytischen Geist, die sich mit überlegtem Understatement kleidet. 'Paris Match' nennt sie 'das Element des Lichts in einem Land voller Schattenzonen.' Sie ist die First Lady von Syrien."

Man könnte noch ganze Passagen aus dem hymnischen Porträt der 36-jährigen Ehefrau Baschar al-Assads zitieren, mit dem sich das amerikanische Modemagazin "Vogue" im vergangenen März in die Nesseln setzte und das inzwischen von der Web-Seite der Zeitschrift entfernt wurde. Das Stück liest sich heute wie ein langer, schlechter Witz. Denn noch während die Ausgabe, in dem die Assads so gepriesen werden, an den Kiosken lag, erhob sich das syrische Volk gegen sein Regime. Die glitzernde Fassade des jungen Präsidentenpaares, von der sich die "Vogue"-Journalistin hatte blenden lassen, begann zu bröckeln.

Heute, zehn Monate nach Beginn des Aufstands gegen Assad und sein Regime, sind weit mehr als 5000 Menschen ums Leben gekommen, in Syrien herrscht Bürgerkrieg. Vor allem in Großbritannien fragen sich die Leute, was Asma al-Assad von all dem hält. Denn Syriens Präsidentengattin ist Britin.

Asma al-Akhras wird 1975 in Acton, West-London, geboren. Ihre Eltern, syrische Sunniten, haben ihre Heimat in den fünfziger Jahren verlassen. Der Vater hatte sich unter Londons Kardiologen einen Namen gemacht, ihre Mutter war vor dem Umzug im diplomatischen Dienst Syriens tätig: Die Familie gehört der gebildeten syrischen Oberschicht an. Asma durchlebt eine privilegierte, sehr britische Kindheit. In der örtlichen Schule und später auf dem feinen Queen's College für junge Damen in London wird sie "Emma" gerufen. In den Ferien geht es heim nach Syrien. Dort lernt sie schon als Teenager den zehn Jahre älteren Präsidentensohn Baschar al-Assad kennen.

Abschlüsse in Informatik und französischer Literatur

Doch bevor die beiden sich näherkommen, macht Asma al-Akhras Karriere. Mit Abschlüssen in Informatik und französischer Literatur des renommierten King's College London in der Tasche heuert sie zuerst bei der Deutschen Bank an und ist dann bis zu ihrer Hochzeit bei J.P. Morgan als Investmentbankerin tätig.

Baschar al-Assad, als zweiter Sohn eigentlich nicht als Nachfolger seines seit 1971 mit harter Hand über Syrien herrschenden Vaters Hafis vorgesehen, macht in London eine Ausbildung zum Augenarzt, als sein älterer Bruder Basil 1994 bei einem Autounfall ums Leben kommt. Baschar und Asma scheinen sich in seiner Zeit in London nähergekommen zu sein. Doch dann muss er zurück nach Damaskus, sein Vater will ihn zum Thronfolger aufbauen. Das Paar führt fortan eine Fernbeziehung.

"Ich war immer sehr ernsthaft bei der Arbeit, und auf einmal nahm ich mir an den Wochenenden frei, um zu verschwinden. Die Leute konnten sich keinen Reim darauf machen", sagte die First Lady der "Vogue". "Wie soll man das auch erklären? Ich bin mit dem Sohn eines Präsidenten zusammen?"

Im Oktober 2000 kündigt die junge Frau und zieht nach Damaskus. Am 31. Dezember feiert sie Hochzeit mit ihrem Jugendfreund. Was die Bankerin dazu bewog, einen Mann zu heiraten, dessen Leben daraus bestehen wird, die Diktatur seines Vaters fortzuführen, bleibt rätselhaft. Vielleicht liegt die Antwort in Asmas Vorliebe für teure Christian-Louboutin-Schuhe und Chanel-Schmuck, von der die "Vogue" ausführlich berichtet.

Asma al-Assad macht sich als Reformerin einen Namen

Die Ehe bleibt zunächst geheim: Mehreren Quellen zu Folge nimmt sich Asma al-Assad drei Monate Zeit, um inkognito durch Syrien zu reisen. In den folgenden Jahren macht sie sich als Reformerin einen Namen, leitet Wohltätigkeitsorganisationen und schiebt Projekte an, mit dem junge Menschen dazu ermuntert werden sollen, als "aktive Bürger" für einen Wandel in Syrien zu arbeiten.

Wegen solcher Aktivitäten gibt es Einschätzungen, dass Asma tatsächlich daran interessiert war, Syrien zu öffnen und dass sie die Hochzeit mit ihrem Jugendfreund Baschar als Chance sah, Gutes für ihr Land zu tun. "Man darf nicht vergessen, dass beide, Baschar und Asma, lange Zeit als Hoffnungsträger galten", sagt ein Syrienkenner in Beirut, der anonym bleiben will. "Beide haben das moderne Syrien repräsentiert, beide waren populär. "

Andere sehen die Rolle der Frau kritischer. Ob es nicht zynisch sei, dass Asma al-Assad einerseits junge Leute dabei unterstütze, sich im Internet zurechtzufinden, andererseits aber Syrer, die das Internet nutzten, um ihren Unmut kundzutun, in schöner Regelmäßigkeit verhaftet würden, fragte die britische Zeitschrift "New Statesman". Mit solchen Unterdrückungsmethoden hätten sich die Assads seit 41 Jahren die Macht gesichert.

Mit Sicherheit sei sich Asma al-Assad bewusst gewesen, dass es sich bei der "Wahl" ihres damaligen Verlobten zum Präsidenten im Jahr 2000 um eine Farce gehandelt habe. Assad Junior wurde damals von über 97 Prozent der Wahlberechtigten "gewählt". Auch wenn die First Lady immer wieder betone, dass in Syrien "religiöse Harmonie" herrsche, sei es doch ihr eigener Schwiegervater gewesen, der 1982 in der Stadt Hama ein Massaker an bis zu 20.000 Sunniten befohlen habe, heißt es im "New Statesman".

Alte Bekannte bemerken einen Wandel

"Warum ist ein nettes Mädchen wie sie mit einem Schlächter wie ihm verheiratet?", fragte die Londoner "Times" am Montag. Um das Rätsel zu lösen, trieb die Zeitung einige Menschen auf, die Asma al-Assad noch von früher kennen. "Es muss ihr Gewissen schwer belasten. Ihre eigene Familie kommt ja verdammt noch mal aus Homs", sagte Andrew Tabler, Syrien-Spezialist beim "Washington Institute", der "Times".

Tabler, der in seiner Zeit in Damaskus mit Asma al-Assad an Projekten arbeitete, berichtet von einem Persönlichkeitswandel der jungen Frau. Die anfangs noch sehr liberale First Lady sei mit den Jahren kompromissloser geworden. Sie sei von einer Reformerin zu einer Blockflöte des Regimes geworden, habe sich immer "härter und dominanter" verhalten, so Tabler. Brigid Kennan, Ehefrau eines ehemaligen EU-Botschafters in Damaskus, sagte der "Times", sie habe den Eindruck gehabt, dass all das Katzbuckeln um sie herum Frau Assad verdorben habe.

Was Asma al-Assad von den gegenwärtigen Ereignissen in Syrien hält, bleibt trotz der Kaffeesatzleserei der britischen Presse undurchsichtig. Gerüchte, dass sie sich mit den drei Kindern des Paares nach London geflüchtet habe, konterte sie Anfang Januar, indem sie sich öffentlich an der Seite ihres Mannes zeigte.

"Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie will raus, ist aber eine Gefangene im goldenen Käfig des Regimes", sagt der libanesische Syrienkenner. "Oder sie ist wie viele in der Führungsriege überzeugt, dass das Regime sich mit allen Mitteln behaupten muss, weil sonst das Chaos droht."

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten