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Familie Assad: Kleptokratie im großen Stil

Foto: RONALD ZAK/ ASSOCIATED PRESS

Syriens Herrscher-Clique Assad, seine Sippe und ihre Milliarden

Seit mehr als 40 Jahren herrschen die Assads über Syrien. Die Familie soll in dieser Zeit ein Vermögen in Milliardenhöhe auf die Seite geschafft haben. Vermögensverwalter des Clans ist Rami Makhluf, ein Cousin von Diktator Assad.

Wie reich sind die Assads? Angaben dazu, wie groß das Vermögen der syrischen Herrscherfamilie ist, klaffen himmelweit auseinander. Sie besitze etwa drei Milliarden Dollar, schätzte der israelische Syrien-Experte Schmuel Bar 2006. Die jordanische Nachrichtenseite Albawaba veranschlagte die Summe jüngst bei 40 Milliarden Dollar, das wäre knapp das Dreifache des jährlichen Exportvolumens des Landes.

Noch weiter ging Canadian Business Online: 122 Milliarden Dollar seien die Assads schwer, so die Wirtschaftseite im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: Der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg wird derzeit auf 18 Milliarden Dollar geschätzt.

Doch das syrische Herrscherhaus war nicht immer so reich. Hafis al-Assad, der Patriarch des Clans, wurde 1930 als Sohn einer armen, der religiösen Minderheit der Alawiten angehörigen Familie geboren. Er war der erste Sohn der Sippe, der es überhaupt auf eine höhere Schule schaffte.

Getrieben von immensem Ehrgeiz machte Hafis bald Karriere: Mit 16 tritt er der Baath-Partei bei, mit 22 in den Militärdienst ein. Zwölf Jahre später ist er bereits General. 1971 dann putscht Assad sich an die Staatsspitze Syriens. Er wird die Macht bis zu seinem Tod im Jahr 2000 nicht wieder abgeben und das Präsidentenamt dann seinem Sohn Baschar vererben, der nun in den blutigen Machtkampf mit der Opposition verstrickt ist. Deren Wut richtet sich jedoch nicht nur gegen die Person Baschar al-Assads, sondern gegen dessen herrschende Clique.

Denn die Machtübernahme von Hafis al-Assad katapultierte auch dessen Großfamilie in die höheren Sphären der syrischen Gesellschaft. Schwager und Neffen, Cousinen und angeheiratete Tanten machen seither das, womit sich Angehörige arabischer Staatschefs traditionell die Zeit vertreiben: Sie bereichern sich.

Firmenbeteiligungen, Lizenzverträge und ausländischen Konten

Zusammen mit der angeheirateten Verwandtschaft besteht der Clan der Nutznießer aus Tausenden. Wie sie Syrien über die Jahre schröpften, lässt sich nur schwer nachvollziehen. Das Netz des Nepotismus - Firmenbeteiligungen, Lizenzverträge, ausländische Konten - ist so verworren, dass es kaum zu durchdringen ist.

Klar ist, dass die vom Clan etablierte Kleptokratie Syrien die Luft abdrückt. Die Nachrichtenseite albawaba.com rechnet allein Präsident Baschar al-Assad ein persönliches Vermögen von etwa zwei Milliarden Dollar zu, das auf Schweizer Konten verteilt sein soll. Zum Vergleich: Der syrische Durchschnittsverdiener erhält monatlich etwa 200 Dollar.

Experten sind der Ansicht, dass Baschar al-Assad vor dem Tod seines Vaters auch persönlich in schmutzige Geschäfte verstrickt war. 1998 übernahm der Diktatorensohn die Verantwortung für die Geschäftsbeziehungen mit dem damals von Syrien besetzten Libanon. Dabei soll Assad junior nach Ansicht von Experten auch in eine großangelegte Geldwäsche verwickelt gewesen sein, die Syrien im Libanon vornahm. Die angeblich 25 Prozent hohe Kommission für die gewaschenen Milliarden soll teils auch an Baschars Bruder Mahir gegangen sein.

Als Vermögensverwalter und Geldvermehrer des Clans wirkt Rami Makhluf. Er ist Baschars Cousin, seine Mutter war die Schwester von Hafis. Seine Vermögensverhältnisse sind zumindest in Teilen offengelegt - auch weil die USA Makhluf schon im Jahre 2008 und die Europäische Union ihn im Mai vergangenen Jahres mit Sanktionen belegten: Staatsangehörigen der USA und der EU ist es verboten, mit dem 42-Jährigen Geschäfte zu machen. Zur Begründung hieß es 2008, Makhluf sei ein "einflussreicher syrischer Geschäftsmann, der sein Wirtschaftsimperium aufgebaut hat, indem er seine Beziehungen zu Regime-Mitgliedern ausgenutzt hat". Denn er "fördert die öffentliche Korruption und profitiert von ihr".

Deshalb entlädt sich der Zorn der syrischen Aufständischen auch auf Makhluf: Seit Beginn der Revolte vor zehn Monaten fehlen auf kaum einer Anti-Regime-Demo Plakate, auf der er nicht stellvertretend für den ganzen Assad-Clan als "Dieb" beschimpft wird.

Makhluf kontrolliert bis zu 60 Prozent der syrischen Wirtschaft

Die "Financial Times" schätzte 2011, dass Makhluf durch sein Netz an Wirtschaftsbeziehungen bis zu 60 Prozent der syrischen Wirtschaft kontrolliert. Sein Spitzname ist "Mister Fünf Prozent": Es heißt, niemand könne in Syrien Handel treiben, ohne ihn entsprechend zu beteiligen. Die französische Zeitung "Le Monde" schätzte sein Privatvermögen 2008 auf etwa sechs Milliarden Dollar.

Makhluf ist Hauptanteilseigner des syrischen Handy-Anbieters Syriatel und der Cham Holding, die Luxushotels, Restaurants, Immobilien und Syriens erste private Fluggesellschaft Syrian Pearl Airlines umfasst. Sein Portfolio beinhaltet zudem Duty-Free-Shops, Freihandelszonen an der Grenze zum Libanon und Kaufhausketten. Er ist an diversen Banken im In- und Ausland beteiligt, besitzt Anteile an Versicherungsunternehmen, Fernsehsendern und teuren Privatschulen. Die Makhlufs halten zudem das Monopol auf Tabakimport nach Syrien.

Da wirken die Reformen, mit denen Baschar al-Assad nach seiner Machtübernahme versuchte, Syriens Wirtschaftsleben zu modernisieren, wie ein Alibi: Denn die vorsichtige Öffnung der Märkte für ausländische Investoren und Banken waren für Männer wie Makhluf vor allem eine Gelegenheit, Gelder abzuschöpfen.

Zwar nutzten die Reförmchen Assads auch der Gesamtbevölkerung, doch die wahren Profiteure waren wie so oft die Angehörigen des inneren Kreises. Dabei wäre ein Umbau der syrischen Wirtschaft dringend nötig: Experten schätzen, dass Syrien ab 2015 Erdöl importieren muss, statt es zu exportieren.

Wovon das Land dann leben soll, ist völlig unklar. Denn Syrien stellt kaum Produkte für den Export her, die Warenausfuhr macht nur etwa drei Prozent von Syriens Bruttosozialprodukt aus.

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