Syrien Chef der Militärpolizei desertiert
Damaskus - "Ich bin General Abdelasis Jassim al-Schalal, Chef der Militärpolizei", beginnt die Erklärung eines hohen Offiziers der syrischen Armee, die vom Nachrichtensender al-Arabija ausgestrahlt wurde. "Ich bin übergelaufen, weil die Armee von ihrer vorrangigen Pflicht, das Land zu verteidigen, abgewichen ist und sich in eine Bande von Mördern und Zerstörern verwandelt hat", heißt es weiter in dem Video, dessen Authentizität nicht geprüft werden konnte.
Aus Rebellenkreisen hieß es, der General sei in die Türkei geflohen. "Die Armee hat Städte und Dörfer zerstört und Massaker an der unbewaffneten Bevölkerung verübt, die auf die Straße gegangen ist, um Freiheit zu verlangen", wird der General zitiert. Al-Schalal geht Berichten zufolge davon aus, dass noch weitere wichtige Offiziere sich vom Regime lossagen wollten. In dem 21 Monate andauernden Konflikt gab es bereits mehrere namhafte Regierungsbeamte, die sich den Rebellen angeschlossen haben.
Im Juli hatte der Brigadegeneral Manaf Tlass sich auf die Seite der Rebellen geschlagen. Er galt als enger Freund Assads. Auch Premierminister Riad Hidschab lief über, außerdem ein Botschafter. Vor einem Monat setzte sich Dschihad Makdissi in die USA ab. Wie der "Guardian" berichtet, soll Makdissi im Gegenzug für sein Bleiberecht in den Vereinigten Staaten umfangreiche Informationen über das Machtgeflecht und die internen Abläufe in Assads Regime preisgegeben haben.
Zwar hat der Übertritt des Generals keine strategische Bedeutung, ist aber eine Botschaft, die in weiten Teilen des Landes gehört werden wird und den Unentschlossenen Mut machen könnte - zumal die Rebellen in letzter Zeit Terrain gewinnen konnten.
Raketenangriff auf Raqqa
Die syrischen Staatsmedien geben sich weiter unbeeindruckt: Das Militär sei bereit, "sich der Aggression zu stellen und die verbliebenen Terroristen niederzuschlagen, um die Heimat von ihren Übeln zu befreien", hieß es bei der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur. Ein syrischer Sicherheitsbeamter bestätigte, dass der General übergelaufen sei, spielte aber die Bedeutung der Entscheidung herunter: "Schalal ist übergelaufen, aber er wäre ohnehin in zwei Monaten in Pension gegangen und hat beschlossen, den Helden zu spielen."
Die Kämpfe zwischen Rebellen und Regierungstruppen gehen unvermindert weiter. In der nordsyrischen Provinz Raqqa wurden am Mittwoch mindestens 20 Menschen durch Artilleriebeschuss der Assad-Armee getötet, darunter acht Kinder. In der Nacht kamen im Palästinenser-Flüchtlingslager Jarmuk nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus bei Kämpfen zwischen Rebellen und Anhängern des regierungstreuen palästinensischen Volkskomitees mehrere Menschen ums Leben. Dies berichtete die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
Insgesamt kamen bei den Kämpfen in Syrien seit März 2011 demnach mehr als 45.000 Menschen ums Leben. Mehr als 31.500 davon seien Zivilisten gewesen, in den Reihen der Soldaten habe es mehr als 11.200 Tote gegeben, hieß es.