Taj-Mahal-Hotel erobert Sicherheitskräfte haben Lage in Mumbai unter Kontrolle

Heftige Explosionen und Schießereien auch am Samstagmorgen - dann hatten indische Sicherheitskräfte das schwer beschädigte Luxushotel Taj Mahal zurückerobert. Damit ist die brutale Terrorattacke in Mumbai nach fast drei Tagen beendet. Fast 200 Menschen starben bei den Angriffen - darunter mindestens drei Deutsche.

Mumbai - Die seit Mittwochabend andauernde Angriffsserie von Islamisten auf mehrere Ziele in der indischen Metropole Mumbai ist zu Ende. Bei ihrem Großeinsatz im Luxushotel Taj Mahal hätten die Sondereinsatzkommandos die letzten verschanzten Angreifer getötet, sagte der Polizeichef der Stadt, Hassan Gafoor, am Samstagvormittag. Der Angriff der Eliteeinheiten war mit schweren Waffen vorbereitet worden. Dabei kam es fortwährend zu Feuergefechten und lauten Explosionen, durch die neue Brände in dem historischen Gebäude mit 595 Zimmern ausbrachen.

Im Taj Mahal hielten sich noch immer Hotelgäste auf. "Sie sind noch verängstigt. Wenn wir sie auffordern, herauszukommen und sich auszuweisen, haben sie natürlich Angst", sagte der Chef der Kommando-Einheit der Nationalen Sicherheitsgarde, J.K. Dutt. Ein Major seiner Einheit sei bei dem entscheidenden Angriff getötet worden.

Die koordinierten Terrorattacken auf Hotels, Krankenhäuser, Bahnhöfe und ein Jüdisches Zentrum in der Stadt forderten laut indischen Behördenangaben bisher 195 Menschenleben, drei von ihnen sind nach indischen Angaben Deutsche. Rund 300 Menschen wurden verletzt.

Die indische Polizei spricht inzwischen von zehn Terroristen, die Mumbai überfallen haben sollen. Bis auf einen seien alle getötet worden. "Zehn Menschen sind gekommen, wir haben neun getötet und einer wurde lebend gefasst", sagte Polizeichef Hasan Gafoor vor Journalisten . Nach Angaben des Chefs der Nationalen Sicherheitsgarde, J.K. Dutt wurden im Taj-Mahal-Hotel drei dort noch verschanzte Islamisten getötet. Die Einsatzkräfte würden nun die Zimmer durchkämmen, um die Lage abschließend zu prüfen. Das Luxushotel war der letzte Ort in der Millionenstadt, in dem sich bis zum Samstagmorgen noch Angreifer versteckt hatten. Bereits am Freitag hatten die indischen Sicherheitskräfte das Hotel Oberoi Trident unter ihre Kontrolle gebracht und das besetzt gehaltene Jüdische Zentrum im Nariman-House-Komplex gestürmt.

Nach Angaben von Gafoor waren unter den Todesopfern mindestens 21 Ausländer. Neben Deutschen handelt es sich Behördenangaben zufolge unter anderem um Franzosen, Amerikaner und Australier. Die bisherige Zahl der Toten von 195 könne noch auf bis zu 200 steigen, sagte ein Staatsminister des Innenministeriums, Sri Prakash Jaiswal, der Nachrichtenagentur Press Trust of India.

Unter Schock berichteten zahlreiche Überlebende von den Geschehnissen der vergangenen Tage. "Man rechnet nie damit, dass man in so eine Situation kommen könnte, aber in Sekundenbruchteilen ist man mittendrin", sagte der britische Europaabgeordnete Sajjad Karim am Freitag dem Fernsehsender CNN. Ein "ziemlich junger, asiatisch aussehender Mann" habe im Hotel Taj Mahal plötzlich vor ihm gestanden. "Er hatte ein Lächeln im Gesicht, als er zu feuern begann", schilderte Karim. Nachdem er in einen Schusswechsel geraten sei, habe er sich mit rund 50 weiteren Menschen etwa acht Stunden lang in einem Hotelzimmer verbarrikadieren können. Dort seien sie später von der indischen Armee befreit worden.

Hinweise auf pakistanische Terroristen

Unter Berufung auf nicht näher genannte US-Geheimdienstkreise berichtete die "New York Times" am späten Freitagabend auf ihrer Internet-Seite, dass sich die Hinweise verdichteten, nach denen die in Pakistan ansässige Rebellengruppe Lashkar-i-Toiba für die Angriffsserie verantwortlich sei. Zu den Taten bekannte sich die bislang unbekannte islamistische Gruppe Deccan Mudschahidin.

Angesichts der beispiellosen Angriffsserie unterstrich der künftige US-Präsident Barack Obama seine Entschlossenheit im Kampf gegen den Terrorismus. "Diese Terroristen, die unschuldige Zivilisten ins Visier genommen haben, können weder die indische Demokratie noch den Willen der internationalen Gemeinschaft erschüttern, sie zu besiegen", erklärte Obama. Die USA stünden "an der Seite Indiens und aller Nationen und Völker", die Terrornetzwerke zerschlagen und deren "hasserfüllte Ideologie" besiegen wollten. Die USA würden weiterhin gegen "diese Extremisten" kämpfen, die "nichts außer Gewalt und Hoffnungslosigkeit" zu bieten hätten, erklärte Amtsinhaber George W. Bush.

Am Freitagabend war das Jüdische Gemeindezentrum in der Stadt zurückerobert worden. Dabei wurden fünf tote Geiseln gefunden, alles israelische Staatsbürger. Unter den Toten ist auch das Rabbinerehepaar Gavriel und Rivka Holtzberg. Dies gab ein Sprecher der Lubawitsch-Bewegung bekannt, die das Zentrum betreibt. Der zwei Jahre alte Sohn des Ehepaars war am Vortag vom Kindermädchen gerettet worden. Unklar blieb, ob die Geiseln vor oder erst während der Befreiungsaktion ums Leben kamen.

Im Laufe des Freitags hatten Soldaten und Polizisten das Luxushotel "Oberoi Trident" unter ihre Kontrolle gebracht. Mehr als 90 Menschen wurden aus dem Hotel befreit, darunter fünf Deutsche: zwei Mitarbeiter des Bundesaußenministeriums sowie drei Mitarbeiter der Lufthansa. Die Einsatzkräfte hätten im "Oberoi Trident" 24 Leichen entdeckt, sagte der Polizeichef.

Die britischen Behörden untersuchen Verbindungen der Terroristen von Mumbai nach Großbritannien. Grund seien Berichte, wonach sich auch britische Staatsbürger unter den Attentätern befunden hätten. Dem Sender zufolge stehen britische Sicherheitskreise deswegen in Kontakt mit ihren indischen Kollegen. Allerdings seien aus Indien noch keine Beweise für die Beteiligung von Briten eingegangen. Die Regierung in London hatte nach eigenen Angaben keine Hinweise auf Verbindungen ins Königreich.

Sowohl Premierminister Gordon Brown als auch Außenminister David Miliband und Innenministerin Jacqui Smith wiesen darauf hin, dass es mangels ausreichender Informationen viel zu früh für irgendwelche Rückschlüsse auf die Drahtzieher sei. "Offensichtlich wollen die indischen Behörden den Einsatz erst abschließen. Dann können sie damit anfangen, die Terroristen zu identifizieren und deren Hintergrund auszuleuchten", sagte Miliband.

Pakistan zur Zusammenarbeit mit Indien bereit

Der indische Außenminister Pranab Mukherjee beschuldigte den Erzrivalen Pakistan wegen der Angriffe. "Nach vorläufigen Informationen ist irgendjemand in Pakistan verantwortlich", zitierte ihn die Agentur PTI. In Neu-Delhi sagte Mukherjee: "Vorläufige Beweise und erster Augenschein verweisen darauf, dass Elemente mit Verbindungen nach Pakistan beteiligt sind." Einer der in Mumbai festgenommenen Tatverdächtigen ist nach Angaben der Regierung des Bundesstaates Maharashtra pakistanischer Staatsbürger. Bereits am Vortag hatte Ministerpräsident Manmohan Singh militanten Gruppen in Nachbarländern die Verantwortung für die Anschläge zugewiesen, was gewöhnlich eine Umschreibung für Pakistan ist.

Der pakistanische Premierminister Yousaf Raza Gillani verurteilte die Angriffe in einem Telefonat mit Singh. Sein Land sei ebenfalls ein Opfer des Terrorismus, sagte er nach offiziellen Angaben aus Islamabad. Demnach bot er Indien volle Unterstützung an.

Auch Pakistans Präsident Asif Ali Zardari telefonierte mit Singh. "Nichtstaatliche Kräfte wollen beiden Regierungen ihren Willen aufzwingen. Das darf nicht geschehen", zitierte das Präsidialamt Zardari. Der in Indien zu Besuch weilende pakistanische Außenminister Shah Mehmood Qureshi erklärte sich zu einem Treffen mit Singh und der Opposition bereit. Der gemeinsame Kampf gegen den Extremismus müsse verstärkt werden. Pakistan sei auf allen Ebenen zur Zusammenarbeit mit Indien bereit.

cai/asc/Reuters/AFP/AP/dpa

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