Nach Anschlägen in Paris Bundeswehr soll Frankreich in Mali entlasten

Bundeswehrausbilder in Mali (Archivbild, April 2013): Robustes Bundestagsmandat erforderlich
Foto: Bundeswehr/ REUTERSDeutschland wird seinen Einsatz im westafrikanischen Krisenland Mali stark ausweiten. Das kündigte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Dienstag bei einem Treffen mit ihren EU-Amtskollegen in Brüssel an. Damit entspricht die Bundesregierung der Bitte Frankreichs.
Die französische Regierung hatte erstmals in der Geschichte der EU die anderen Mitgliedstaaten um Beistand nach einem bewaffneten Angriff gebeten. Grundlage ist Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags, der die Staaten dazu verpflichtet, den angegriffenen Partner "mit allen in ihrer Macht stehenden Mitteln" zu unterstützen.
Alle seine Kollegen hätten gesagt, dass nicht nur Frankreich, sondern ganz Europa betroffen sei, erklärte Frankreichs Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian. Die erstmalige Aktivierung von Artikel 42 Absatz 7 sei von den Ministern einstimmig unterstützt worden. "Das allein ist ein politischer Akt", sagte Le Drian.
Noch keine konkreten Wünsche aus Paris
Konkrete Forderungen aus Paris liegen allerdings noch nicht vor, sagte von der Leyen. Zunächst sei es Frankreich um ein "starkes politisches Signal" gegangen. Die konkreten Details müssten nun in bilateralen Verhandlungen geklärt werden. EU-Diplomaten betonten, dass Artikel 42 Absatz 7 keinen Automatismus beinhalte. Die Entscheidung über Umfang und Art der Hilfe liege bei jedem einzelnen Mitgliedstaat. Es gehe auch nicht um den Beginn einer neuen EU-Mission.
Allerdings dürfte das politische Signal, das nun in Brüssel erfolgt ist, Frankreichs EU-Partner unter Zugzwang setzen, mehr als nur symbolische Unterstützung zu liefern. Die Verhandlungen mit Paris hätten bereits begonnen, sagte von der Leyen. Sie kündigte die Verstärkung des Bundeswehreinsatzes im Rahmen der Uno-Mission "Minusma" an. Derzeit sind lediglich acht deutsche Soldaten daran beteiligt, zu ihren Aufgaben gehören Lufttransport und Betankung. Weitere 210 deutsche Soldaten nehmen derzeit an der EU-geführten Mission EUTM Mali teil, die malische Soldaten ausbildet.
Die Ausweitung des Engagements in Mali ist nicht ganz neu - und war eigentlich hauptsächlich als Entlastung der Niederländer geplant. Schon vor Monaten baten die Niederlande zunächst Außenminister Frank-Walter Steinmeier, ob die Deutschen nicht die personalaufwendige Aufklärung für die Uno-Mission übernehmen und die Niederlande damit entlasten könnten. Nun überlegt die Bundeswehr, ob man auch Frankreich bei dem Einsatz unter die Arme greifen kann, Details stehen aber noch nicht fest.
400 bis 500 Bundeswehrsoldaten im Gespräch
Die Planungen waren schon vor den Attacken in Paris weit fortgeschritten, die Bundeswehr hat soeben ihre zweite Erkundungsmission in Mali abgeschlossen. Unter anderem wollen die Deutschen eine Aufklärungskompanie mit Drohnen des Typs "Luna" in Gao stationieren. Zusammen mit einer robusten Schutzkomponente rechnen die Militärs mit einem deutschen Kontingent von bis zu 700 Mann, die ab dem Frühjahr 2016 nach Mali entsandt werden könnten. Da die Region als unruhig gilt und die Uno-Mission häufig attackiert wird, soll dafür schon bald ein robustes Bundestags-Mandat eingeholt werden.
Zu Beginn der Mission im Jahr 2013 hatte Deutschland der Uno unter anderem Transportflugzeuge angeboten, um die Truppen im Land zu bewegen. Nach einigen Monaten aber verzichtete die militärische Führung der Blauhelm-Truppe auf die deutschen Flieger, da diese wegen ihres hohen Alters oft ausfielen und in der Hitze Afrikas häufig nicht starten konnten.
Beobachter halten die Berufung auf Artikel 42 Absatz 7 des Lissabon-Vertrags für einen geschickten Schachzug der Franzosen. Möglich gewesen wäre auch eine Beistandsbitte an die Nato. Das aber hätte Russland vor den Kopf gestoßen, was womöglich die internationale Front gegen den "Islamischen Staat" in Syrien geschwächt hätte. Stattdessen hat Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstag gemeinsame militärische Einsätze mit Frankreich in Syrien angeordnet.
Zugleich hat Paris mit dem Heraushalten der Nato verhindert, "dass die weiteren Entscheidungsprozesse von den USA dominiert werden", sagt Otfried Nassauer vom Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (Bits).
EU-Diplomaten werteten die Aktivierung von Artikel 42 Absatz 7 ausdrücklich als Schritt der EU hin zu einer Verteidigungsunion. Ähnlich äußerte sich die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini: "Europa ist eine Union, Frankreich wurde angegriffen, und damit wurde ganz Europa angegriffen." Neben Deutschland hätten auch andere EU-Staaten bereits materielle und militärische Unterstützung für Frankreich angekündigt; die EU könne dies koordinieren. "Wir können beweisen", so Mogherini, "dass Europa ein effektiver Rahmen für gegenseitige Unterstützung sein kann."
Zusammengefasst: Frankreich hat erstmals in der Geschichte der EU die anderen Mitgliedstaaten offiziell um Hilfe nach einem bewaffneten Angriff gebeten. Die Unterstützung war einstimmig. Wie genau sie aussehen wird, ist noch offen.