Terror im Urlaubsparadies Deutsches Kind stirbt bei Anschlagserie
Berlin/Kairo - Es seien mindestens zwei Selbstmordattentäter an den tödlichen Anschlägen im Badeort Dahab beteiligt gewesen, hieß es am Morgen in ägyptischen Sicherheitskreisen. Augenzeugen vermuteten hinmgegen, die Täter hätten drei Sprengsätze in Plastiktüten deponiert und seien dann verschwunden. Ein Augenzeuge sagte, einer der Terroristen habe den Sack mit der Bombe möglicherweise vom Dach eines zweistöckigen Hauses auf einen Gewürzladen geworfen. Bislang bekannte sich niemand zu dem Dreifachattentat.
Einen Tag nach den Terroranschlägen hat sich die Zahl der Todesopfer auf mindestens 24 erhöht. Ein Ägypter erlag nach Krankenhausangaben seinen Verletzungen. Mehr als 60 Personen wurden verletzt, teilte das Innenministerium in Kairo am Morgen mit. Unter den Verwundeten seien 42 Ägypter und 20 Ausländer, darunter zwei Deutsche, drei Dänen, drei Briten, zwei Italiener, zwei Franzosen, ein US-Amerikaner und ein Australier. Rettungskräften zufolge wurden jedoch mindestens 150 Menschen verwundet. Einige der Verletzten müssen nach ägyptischen Angaben operiert werden. Im Internationalen Krankenhaus von Scharm al-Scheich reichten dafür aber nicht die Kapazitäten. 31 Verletzte wurden mit einer Militärmaschine nach Kairo geflogen.
Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin bestätigte am Morgen den Todesfall des kleinen Kindes. Genauere Angaben wollte und konnte sie zunächst nicht machen. Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Kairo seien in Dahab, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Die Bundesregierung verurteile die Anschläge aufs Schärfste. Man sei mit den Gedanken ganz bei den Opfern, sagte die Sprecherin.
In Dahab wurde gestern sowohl das koptische Osterfest als auch das ägyptische Frühjahrsfest Schem al-Nessim gefeiert. Die Detonationen ereigneten sich gegen 19.15 Uhr kurz hintereinander jeweils in einem Restaurant, einer Cafeteria und einem Supermarkt.
Augenzeugen sagten, auf den Straßen seien Körperteile und Trümmer verstreut. Es herrsche Chaos und sehe aus wie nach einem Massaker. "Wir haben viele tote Menschen gesehen. Die Leute haben geschrien. Andere wurden ins Krankenhaus gebracht. Ägypter sind zum Blutspenden gegangen", sagte ein Mitarbeiter eines Cafés, das rund 200 Meter von einem der Explosionsorte entfernt liegt. Ein Augenzeuge, der die Detonationen hörte, sagte: "Über dem Gebiet steigt Rauch auf und die Leute rennen kreuz und quer herum."
Dritter Anschlag in eineinhalb Jahren
US-Präsident George W. Bush verurteilte die Anschläge als "abscheuliche Tat gegen unschuldige Zivilisten". Ein Sprecher der von der radikalislamischen Hamas geführten palästinensischen Regierung erklärte, die Anschläge seien ein Angriff "gegen alle menschlichen Werte".
Auch Uno-Generalsekretär Kofi Annan verurteilte die Anschläge. Der Generalsekretär habe sich schockiert von den Berichten über Tod und Zerstörung in Dahab gezeigt, sagte ein Sprecher Annans in New York. Annan habe den Verletzten, den Familien der Getöteten sowie dem ägyptischen Volk und der Regierung sein Beileid ausgedrückt und den Akt des Terrors, der auf unschuldige Menschen gezielt habe, verurteilt.
Die EU teilte mit: "Ein weiteres Mal haben ruchlose Terrorkräfte Verzweiflung und Leid über unschuldige Zivilisten gebracht. Die EU steht vereint mit der Regierung Ägyptens im Kampf gegen den Terrorismus in all seinen Formen."
Israel riegelte nach den Explosionen laut einem Bericht des Fernsehsenders Kanal 10 den Grenzübergang Taba zur Sinai-Halbinsel ab. Wie es hieß, verließen noch am Abend viele Israelis mit ihren Fahrzeugen den Sinai.
Es war bereits der dritte Anschlag auf der Sinai-Halbinsel in eineinhalb Jahren. Im Oktober 2004 explodierten Bomben in den Badeorten Taba und Ras Schitan, im Juli vergangenen Jahres wurde Scharm al-Scheich zum Ziel eines Anschlags. Die ägyptische Regierung erklärte danach zwar, die Attentäter hätten keine internationalen Verbindungen gehabt, Sicherheitsexperten vermuten aber, dass die Terrororganisation al-Qaida für die Anschläge verantwortlich war.
Reiseveranstalter reagieren
Die Fluggesellschaft Condor bietet inzwischen kostenlose Umbuchungen für die Personen an, die einen Urlaub auf der Sinai-Halbinsel geplant hatten. Laut Auskunft einer Mitarbeiterin der Airline in München gebe es bislang jedoch nur ganz vereinzelte Umbuchungen.
Der Reiseveranstalter TUI stoppte vorerst alle Ausflüge auf die Sinai-Halbinsel gestoppt. Dies sei aus Sicherheitsgründen entschieden worden, teilten das Unternehmen mit. Nach Angaben des Deutschen Reiseverbandes (DRV) halten sich derzeit rund 300 Urlauber aus Deutschland in der Region um Dahab auf. Allein 200 sind mit TUI dorthin gereist. Die TUI-Gäste seien alle unversehrt, sagte ein Unternehmenssprecher. Dies gelte auch für die nochmals rund 200 TUI-Urlauber aus anderen Ländern in Dahab.
lan/AP/dpa/AFP/Reuters