Terroranschlag auf Istanbuler Flughafen Deutsche Sicherheitsbehörden erkennen Handschrift des IS


Deutsche Sicherheitskreise erkennen in dem Anschlag auf den Istanbuler Atatürk-Flughafen recht eindeutig die Handschrift der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS). Schon die Ausführung des Attentats, die fast identisch mit dem Anschlag auf den Brüsseler Flughafen vor einigen Monaten ist, spreche für einen IS-Hintergrund, hieß es am Mittwochmorgen in deutschen Sicherheitskreisen. Auch die Türkei geht von einer Tat des IS aus (lesen Sie hier die ausführliche Analyse).
Die Auswahl eines sogenannten weichen Ziels, also einer zivilen Einrichtung ohne staatlichen Hintergrund, spreche gegen die These, kurdische Gruppen könnten hinter der Attacke stehen, hieß es weiter. Diese greifen meist militärische Ziele oder Polizisten in der Türkei an.
Überraschend kam die Terrorattacke in Istanbul nicht. "Leider musste man mit neuen Anschlägen rechnen", sagte ein deutscher Geheimdienstmann. Gerade in den vergangenen Wochen habe es immer wieder Warnmeldungen vor möglichen kleinen Zellen in der Türkei gegeben. Immer wieder sei dabei auch der internationale Flughafen im Westen von Istanbul als Ziel genannt worden. Nach ersten Einschätzungen von Sicherheitsexperten wurde das Attentat lange geplant.
Bei dem Anschlag auf den Atatürk-Airport hatten am Dienstagabend drei Selbstmordattentäter mindestens 41 Menschen mit in den Tod gerissen. Mehr als 140 Menschen sollen verletzt worden sein. Der Gouverneur von Istanbul korrigierte die Zahl Stunden später nach oben: Demnach wurden 41 Menschen getötet und 239 verwundet (lesen Sie hier mehr).
Schon seit Monaten gelten am Atatürk-Airport verstärkte Sicherheitsmaßnahmen. Neben einer Erstkontrolle des Gepäcks vor dem Einlass in das Flughafengebäude überprüfen Polizisten schon auf der Zufahrt zum Terminal verdächtige Autos. Da die Attentäter offenbar mit dem Taxi kamen, fielen sie dort allerdings nicht auf.
Der neue Anschlag wirft weltweit erneut die Frage auf, ob die Flughäfen gut genug gegen Terrorattacken gesichert sind. "Die Muster von Brüssel und Istanbul zeigen, dass sie Terroristen nicht mehr wie bei 9/11 in die Flugzeuge wollen", sagte ein deutscher Beamter. "Sie zielen nur darauf, am Flughafen möglichst viele Reisende zu töten."
Für die Sicherheitsvorkehrungen könnte das enorme Auswirkungen haben. Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurde mit neuen Durchleuchtungstechniken und vielen Vorschriften für das Handgepäck daran gearbeitet, das Einschmuggeln von Waffen und Sprengstoff ins Flugzeug zu verhindern.
Die Flughafengebäude selber sind hingegen bis heute leicht und meist ohne jede Kontrolle zugänglich. In Brüssel haben die Behörden nach den Anschlägen bereits aufgerüstet. Dort findet außerhalb des Terminals bereits eine gründliche Vorkontrolle statt, diese jedoch behindert den reibungslosen und schnellen Flugbetrieb erheblich.
Dass die Türkei ein Feind des IS ist, verkündet die Terrororganisation seit Monaten. In ihrem Onlinemagazin drohten die Extremisten dem islamischen Land in den vergangenen Monaten vermehrt, so Analysten. Vor allem Präsident Recep Tayyip Erdogan wurde zum Feind aller Muslime und damit zum legitimen Ziel erklärt.
Spätestens seit die Erdogan-Regierung den US-Amerikanern und anderen Ländern die Nutzung der türkischen Airbase Incirlik für Luftschläge gegen die Terroristen in Syrien und dem Irak erlaubt hat, gilt die Türkei als festes Mitglied der internationalen Anti-IS-Koalition. Nach massivem Druck aus den USA und Europa haben die Türken auch ihre logistische Unterstützung für radikal-islamistische Gruppen in Syrien aufgegeben. Sie haben die Grenze für reisende Kämpfer nun weitgehend geschlossen.
So klar wie heute war die Haltung Ankaras nicht immer. Über Jahre ließ die Türkei sogenannte "Foreign Fighter" von islamistischen Gruppen ungestört durch die Südtürkei nach Syrien reisen. Auch Waffenlieferungen an radikale Gruppen wie die al-Nusra-Front, die mit der Terrororganisation al-Qaida verbündet ist, ließ man passieren. Damals sah die Türkei die Islamisten noch als Verbündete im Kampf gegen den verhassten Diktator Baschar al-Assad.
Den Aufstieg der IS-Extremisten nahm Ankara zunächst in Kauf, weil die Dschihadisten im Kampf gegen Assad militärische Erfolge erzielen konnten. Nicht nur die USA scheiterten lange mit ihrem Protest gegen diese Taktik, die nun verheerende Folgen für die Türkei hat.
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Verzweifelte am Atatürk-Flughafen in Istanbul. Am Dienstagabend schossen dort drei Attentäter um sich und sprengten sich anschließend in die Luft.
Mindestens 36 Menschen kamen bei dem Anschlag ums Leben, Dutzende wurden verletzt.
Augenzeugen berichteten CNN-Turk zufolge, dass heftige Explosionen das Ankunftsterminal für internationale Flüge erschüttert hätten.
Die Attentäter sollen mit dem Taxi zum Flughafen gekommen sein. Die türkische Regierung vermutet den sogenannten "Islamischen Staat" hinter der Tat.
Ein Angehöriger eines Opfers vor einem Krankenhaus in Istanbul.
Andere hatten mehr Glück: Diese Menschen können den Flughafen unverletzt verlassen.
Gleichzeitig patrouillieren Sicherheitskräfte rund um den Flughafen.
Die türkische Polizei sperrte zunächst eine Straße ab.
Schon weit vor dem Flughafen leiten Sicherheitskräfte den Verkehr um. Am Mittwochmorgen war der Flugverkehr am Atatürk-Flughafen wieder aufgenommen worden.
Archivbild: Der Atatürk-Flughafen fertigt pro Jahr mehr als 60 Millionen Passagiere ab. Er gilt als das Tor zur Türkei.
Wartende Menschen vor dem Atatürk Airport. Die Türkei ist in jüngster Zeit immer wieder von Terrorattacken heimgesucht worden.
Abtransport von Verletzten: Vor dem Flughafen-Gebäude sind Dutzende Krankenwagen zu sehen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach den Opfern ihre Anteilnahme aus. Sie sei erschüttert über "diese neuen und hinterhältigen Akte des Terrorismus", sagte sie am Rande des EU-Gipfels in Brüssel.
Der Rote Halbmond versorgt Verletzte. Hinweise, dass Deutsche unter den Opfern des Attentats seien, gebe es bisher nicht.
28. Juni 2016
Atatürk-Flughafen in Istanbul
Erst schießen sie, dann zünden sie Bomben: Drei Selbstmordattentäter töten am Istanbuler Atatürk-Flughafen 41 Menschen. Die Behörden sprechen zudem von mehr als 239 Verletzten. Die Türkei verdächtigt die Terrormiliz IS als Drahtzieher.
7. Juni 2016
Zentrum von Istanbul
Eine Bombe explodiert im Istanbuler Bezirk Vezneciler während der morgendlichen Rushhour nahe einer Bushaltestelle. Ziel des Anschlags ist ein Bus der Polizei. Elf Menschen, darunter sieben Polizisten und vier Zivilisten, sterben, 36 weitere erleiden Verletzungen. Die militanten Freiheitsfalken Kurdistans bekennen sich zur Tat.
10. Mai 2016
Diyarbakir im Südosten der Türkei
Im Zentrum der kurdisch geprägten Stadt Diyarbakir detoniert eine Autobombe. Drei Menschen sterben. 15 Polizisten werden verletzt. Der Sprengsatz explodiert im Bezirk Baglar, als ein Polizeibus vorbeifährt. In der Südosttürkei geht die türkische Armee gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK vor, deren Kämpfer sich in Städten verschanzt haben.
1. Mai 2016
Gaziantep, nahe der syrischen Grenze
Vor dem Polizeihauptquartier der südtürkischen Stadt Gaziantep gibt es eine schwere Bombendetonation. Zwei Polizisten sterben. Weitere 22 Menschen werden mit Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Zu dem Attentat bekennt sich zunächst niemand.
31. März 2016
Diyarbakir im Südosten der Türkei
Bei einem Bombenanschlag in Diyarbakir im kurdischen Südosten der Türkei werden nach Angaben der Sicherheitskräfte sieben Polizisten getötet. 27 weitere Menschen erleiden Verletzungen, darunter mehrere Zivilisten. Die Bombe sei explodiert, als ein Polizeibus in der Nähe des Busbahnhofs der Stadt vorüberfuhr. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu wird einen Tag später in der Stadt erwartet.
19. März 2016
Zentrum von Istanbul
In der beliebten Fußgängerzone Istiklal Caddesi im Zentrum der Millionenmetropole sprengt sich ein Selbstmordattentäter in die Luft. Er reißt fünf Menschen mit in den Tod, die Behörden melden zudem 36 Verletzte. Unter den Verwundeten sind mehrere Touristen, darunter israelische Staatsbürger. Verantwortlich für den Anschlag könnte die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS), die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK oder eine ihr nahestehende Gruppierung sein, heißt es in der türkischen Regierung.
13. März 2016
Zentrum von Ankara
Im Zentrum der türkischen Hauptstadt Ankara gibt es eine Explosion. Ein oder zwei Selbstmordattentäter sprengen sich in einem mit Sprengstoff beladenen Fahrzeug in der Nähe des zentralen Kizilay-Platzes an einem Busbahnhof in die Luft. 37 Menschen werden getötet, 125 Menschen erleiden Verletzungen. In Sicherheitskreisen heißt es, die PKK oder eine ihr verbundene Gruppierung sei für den Anschlag verantwortlich.
17. Februar 2016
Zentrum von Ankara
Eine Autobombe explodiert im Regierungsviertel Cankaya in Ankara. Sie detoniert am Abend im Berufsverkehr, als ein Konvoi von Armeebussen an der Ampel steht, auf dem Weg zum Militärhauptquartier. Mindestens 28 Menschen sterben, darunter auch Soldaten. 81 Menschen sind verletzt. Die kurdische Terrororganisation "Freiheitsfalken Kurdistans", kurz TAK, bekennt sich zu dem Attentat.
14. Januar 2016
Cinar im Südosten der Türkei
Die Täter zünden eine Autobombe und greifen die Polizeistation von Cinar mit Schusswaffen und einem Raketenwerfer an. Ein Polizist und fünf Zivilisten kommen ums Leben. Die Hauptstadtmedien machen die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK für das Attentat verantwortlich.
12. Januar 2016
Altstadt von Istanbul nahe der Blauen Moschee
Ein junger Mann sprengt sich inmitten einer Touristengruppe in die Luft.
Zwölf deutsche Touristen werden getötet, weitere werden verletzt. Der Täter wurde identifiziert und dem "Islamischen Staat" (IS) zugeordnet. Der IS hat sich jedoch zu diesem Anschlag nicht bekannt.