Thomas de Maizière "Der Terror richtet sich auch gegen Deutschland"

Sein Herz sei "schwer von Trauer": Bundesinnenminister de Maizière hat Frankreich Hilfe jeder Art angeboten. An deutschen Bahnhöfen und Flughäfen sollen Polizisten ihre Waffen "sichtbar tragen".
Thomas de Maizière: "Der Terror richtet sich auch gegen Deutschland"

Thomas de Maizière: "Der Terror richtet sich auch gegen Deutschland"

Foto: TOBIAS SCHWARZ/ AFP

Innenminister Thomas de Maizière äußerte sich am Nachmittag zum Terror in Paris und der Gefährdungslage in Deutschland. "Barbarische Mörder" hätten auf unvorstellbare Art in Paris unschuldige Menschen umgebracht. Sein Herz sei "schwer von Trauer", sagte der Bundesinnenminister. "Wer mag, kann beten, ich tue es."

De Maizière sagte, er habe seinem französischen Amtskollegen jegliche Hilfe und Unterstützung angeboten. Der Terror richtete sich nicht nur gegen Frankreich, "er richtet sich auch gegen Deutschland", sagte der Minister.

Deutschland stehe unverändert stark im Fadenkreuz des islamistischen Terrorismus. Die Lage sei ernst, "aber ich möchte keine Abstufungen machen, die Gefährdungslage bleibt hoch", so der CDU-Politiker. Die Sicherheitsbehörden würden fortlaufend die erforderlichen Maßnahmen zur öffentlichen Sicherheit in Deutschland ergreifen, dazu gehöre auch eine robustere Ausstattung der Polizisten im Einsatz.

De Maizière erläuterte, er habe angewiesen, dass Polizisten an großen deutschen Bahnhöfen und an Flughäfen mit Schutzwesten ausgestattet worden seien und schwere Bewaffnung auch "sichtbar tragen". Andere einzelne Maßnahmen wolle er "aus taktischen Gründen" nicht nennen, so der Innenminister.

Im Video: Der Tag nach dem Terror

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Die den Behörden bekannten islamistischen Gefährder und ihre Sympathisanten würden überwacht, genauso wie "Rechtsextremisten, die auf einen solchen Anschlag reagieren könnten". Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE prüft der Verfassungsschutz alle Quellen in der Szene, um sich ein Bild von der Stimmung zu machen - auch aus Sorge vor möglichen Nachahmungstaten.

Laut dem Innenminister gehen die Ermittler möglichen Bezügen in Deutschland nach. Die Lage sei ernst, jetzt gelte es zusammenzustehen, in Regierung und Parlament, in der Bevölkerung und in Europa, so der Innenminister.

Es sei möglich, dass nach den Anschlägen von Paris weitere Attentäter unterwegs sind, sagte de Maizière. Davon hänge letztlich das weitere Vorgehen ab. "Ich freue mich, wenn wir morgen früh eine friedliche Nacht konstatieren können", sagte de Maizière.

Frankreich hatte Deutschland bereits in der vergangenen Nacht um verstärkte Kontrollen an Grenzen, Flughäfen und Bahnhöfen gebeten. Womöglich seien noch Täter auf der Flucht, hieß es zur Begründung.

Auf die Frage, nach dem in der Nähe eines Attentäters gefundenen syrischen Pass, sagte de Maizière: "Ich habe die dringende Bitte als Bundesinnenminister und als Politiker dieses Landes, dass jetzt nicht vorschnell irgendein Bogen zur Debatte um die Situation der Flüchtlinge geschlagen wird."

Er könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sagen, ob auch die deutsche Fußballnationalmannschaft Ziel des Anschlags gewesen sei.

Französische Geheimdienste hatten konkrete Warnungen

De Maizière äußerte sich im Anschluss an eine Sitzung des Sicherheitskabinetts, das rund 90 Minuten getagt hatte. Dabei ging es hauptsächlich um eine Beschreibung der Lage. Aus Regierungskreisen verlautete, im Kabinett habe Einigkeit darüber geherrscht, keine Sicherheitsverschärfungen anzuschieben.

Die Geheimdienste erläuterten, dass Frankreich in den vergangenen Wochen immer wieder sehr konkrete Warnungen vor Terrorangriffen an andere Dienste weitergegeben hat. Dabei sei es einmal um den Angriff auf eine Marine-Basis gegangen, immer wieder aber auch um Szenarien wie jetzt in Paris.

Aus deutscher Sicht sei dabei deutlich geworden, dass die Zahl der islamistischen Gefährder in Frankreich so hoch sei, dass man die Szene kaum noch beobachten könne. Der französische Geheimdienst habe erst kürzlich erläutert, mehrere Zellen zu überwachen, die möglicherweise Anschläge planten.

In dem Gremium ging es auch um den Mann, der in Bayern auf der Autobahn mit Waffen im Auto aufgeflogen war. Noch ist unklar, ob er ein Komplize der Pariser Attentäter ist. In seinem Navi war als Ziel ein öffentlicher Parkplatz in Paris angegeben - allerdings nicht in Tatortnähe. Die deutschen Behörden halten es für möglich, dass er ein normaler Waffenschmuggler ist. Ein islamistischer Hintergrund habe sich bisher nicht ermitteln lassen. Für einen Profi-Schmuggler spreche das professionelle Versteck der Waffen. Dennoch habe der Mann die Waffen im Auftrag der Pariser Gruppe nach Frankreich bringen wollen.

Kanzlerin Angela Merkel soll in der Runde vor allem zugehört haben. Eine politische Richtung sei nicht erkennbar gewesen.

Im Video: Reaktionen auf die Terroranschläge

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anr/asa
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