Teure Einsätze Haushaltsdefizit zwingt Nato zu Sparkurs

Istanbul - Die Nato-Bündnisstaaten haben sich auf ein umfassendes Sparpaket geeinigt - um Einsätze wie den in Afghanistan nicht zu gefährden. "Die Minister haben ein Maßnahmenpaket geschnürt, um sicherzustellen, dass unsere Soldaten die nötige Unterstützung bekommen", sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Freitag beim Verteidigungsministertreffen in Istanbul.
Eine erhebliche Summe fehlt der Allianz im laufenden Jahr: mindestens 640 Millionen Euro. Die 28 Mitgliedstaaten einigten sich daher auf einen Vier-Punkte-Plan, der unter anderem zusätzliche Finanzmittel für 2010, sowie eine Streichliste nicht unbedingt strategisch nötiger Projekte vorsieht. Details sollen bis März feststehen.
Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) drängte zur Eile: "Es wurde deutlich, dass wir nicht sehr viel Zeit verstreichen lassen dürfen, damit uns dieses Thema nicht um die Ohren fliegt", sagte er in Istanbul. Die Soldaten im Einsatz hätten Anspruch auf den größtmöglichen Schutz. Über mögliche Zusatzausgaben für Deutschland könne er noch nichts sagen.
Guttenberg verwies auf die erheblichen deutschen Anstrengungen in Afghanistan, räumte jedoch ein: "Es gibt doch noch die eine oder andere Erwartung an Partner, sich entsprechend einzubringen." Beim Defizit im Nato-Haushalt handele es sich um "einen nicht unerheblichen Betrag, der uns insbesondere in diesem Jahr beschäftigen wird".
Deutschland ist mit einem Anteil von 16 Prozent am Nato-Budget der zweitgrößte Zahler nach den USA, die für rund 23 Prozent aufkommen. Bisher finanzieren die Nato-Mitglieder unterschiedlich große Prozentanteile des Budgets. Die Mitgliedstaaten kommen grundsätzlich selbst für die Kosten ihrer Operationen auf. In den vergangenen Jahren und vor allem während des Afghanistan-Einsatzes ist dieser Grundsatz der Trennung von nationalen und gemeinschaftlichen Kosten jedoch zunehmend aufgeweicht worden: Dies hat dazu geführt, dass vor allem Infrastrukturkosten, etwa für Flugplätze und für die Kommunikation, von der Nato bezahlt werden mussten.
"Militäreinsatze der Nato kosten mehr denn je"
Experten sollen nun Vorschläge machen, wie eine grundlegende Reform des Finanzierungssystems und mögliche Einsparungen in die Praxis umzusetzen sind. "Heute kosten die Militäreinsatze der Nato mehr denn je", sagte Rasmussen. Dies gelte ganz besonders für die von der Nato geführte und derzeit 85.000 Soldaten zählende Afghanistan-Schutztruppe Isaf - "und das zu einer Zeit, da die Verteidigungsbudgets in allen unseren Mitgliedstaaten unter Druck stehen".
Ungeachtet der politischen Einigung, das Haushaltsdefizit zu beseitigen, fehlt in einem gesonderten Fonds nach wie vor eine Milliarde Euro allein in diesem Jahr für die laufenden Kosten der afghanischen Armee. Von benötigten 1,3 Milliarden Euro sind bisher erst 266 Millionen Euro gesichert. Das Funktionieren der afghanischen Armee ist die Voraussetzung für den ab 2011 geplanten schrittweisen Rückzug der internationalen Truppen aus Afghanistan.
USA fordern mehr Engagement der Nato-Partner
Die USA fordern von ihren Nato-Verbündeten deshalb mehr Engagement bei der Ausbildung der afghanischen Armee und Polizei. Bis zu 4000 Trainer und Mentoren müssten die Bündnisstaaten zusätzlich stellen, erklärten US-Diplomaten am Donnerstag. 2010 sei "das Jahr der größtmöglichen Anstrengung", sagte der amerikanische Nato-Botschafter Ivo Dalder. US-Verteidigungsminister Robert Gates werde entsprechende Appelle an seine Kollegen richten, erklärte dessen Sprecher.
Die internationale Staatengemeinschaft will mit einer massiven Truppenaufstockung, einem zügigen Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte und mehr Hilfe beim zivilen Aufbau des Landes das Blatt im Kampf gegen die radikalislamischen Taliban wenden. Die USA schicken 30.000 Soldaten zusätzlich an den Hindukusch, die anderen Nato-Staaten und verbündete Länder stellen 10.000. Derzeit sind schon 110.000 Frauen und Männer im Einsatz.
Ab 2011 soll dann nach und nach der afghanischen Armee und Polizei die alleinige Verantwortung für die Stabilität des seit acht Jahren umkämpften Landes übertragen werden.