

Bamako - Die malische Stadt Timbuktu wird "Perle der Wüste" genannt, ihre beeindruckenden jahrhundertealten Moscheen und Mausoleen wurden zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt. Doch die Islamisten haben viele antike Bauten des Wüstenortes in den vergangenen Monaten verwüstet. Nun hat die Zerstörung einen neuen Höhepunkt erreicht: Auf ihrer Flucht vor französischen und malischen Truppen zündeten die Extremisten eine Bibliothek mit wertvollen arabischen Schriften an.
Mehr als 20.000 Manuskripte befanden sich in dem Gebäude. Einige der Handschriften stammen aus dem 13. Jahrhundert. Der Bürgermeister der Stadt, Halley Ousmane, bestätigte die Meldung: Die Aufständischen hätten das neu gebaute Ahmed-Baba-Institut vor vier Tagen angezündet. Ousmane sprach von einer dramatischen Situation und einem kulturellen Verbrechen. Timbuktu erlebte seine Blütezeit zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert, als die Stadt ein wichtiger Knotenpunkt der Karawanenstraßen und ein Zentrum der islamischen Gelehrsamkeit war.
Monatelang beherrschten die Islamisten den Norden Malis und kontrollierten somit auch Timbuktu - bis jetzt. Am 10. Januar begann die französische Armee, gemeinsam mit den Soldaten der malischen Militärregierung gegen die Extremisten vorzugehen. Den Streitkräften ist ein schneller Vormarsch gelungen, am Sonntag rückten sie in Timbuktu und Gao ein. Auch beim Vordringen nach Gao, der anderen nordmalischen Großstadt, waren die Alliierten kaum auf Rebellen gestoßen.
Die Europäische Union will sich mit 50 Millionen Euro am Militäreinsatz in Mali (Afisma) beteiligen. Offiziell will sich die EU-Kommission bei der für Dienstag geplanten internationalen Geberkonferenz in Äthiopien zu dieser Summe verpflichten. Mit dem Geld würden jedoch keine Waffen gekauft, sondern andere Ausgaben wie die Kosten für Transport und medizinische Hilfe bezahlt.
Der französische Militäreinsatz wird jedoch überschattet von Vorwürfen gegen die verbündete malische Armee: Deren Soldaten sollen brutale Racheakte verübt haben, wie vergangene Woche bekannt wurde. Menschenrechtler und Reporter sprechen von regelrechten Hinrichtungen und sexuellen Übergriffen.
Es gibt weitere Berichte über grausame Racheakte, die Bürger gegen angebliche Kollaborateure der Islamisten verübt haben. Überall im Land tauschen Malier ein fürchterliches Video aus, das die Massakrierung eines Mannes zeigt, der in Gao für die Islamisten Strafen wie die Amputation von Händen durchgeführt haben soll.
Nachdem sich die Kämpfer der Gruppierung Mujao nach den massiven Luftschlägen der Franzosen in der vorvergangenen Woche aus Gao zurückgezogen hatten, so jedenfalls die spärlichen Informationen über das Horrorvideo, hätten Anwohner den jungen Mann aus seiner Wohnung gezerrt. Die verwackelten Bilder zeigen, wie der Mann mit einer Säge durchtrennt wird. Die Menge im Hintergrund jubelt, die Tat sei im Namen Gottes passiert. Bereits zuvor hatte es Berichte vom Lynchmord an einem Islamistenführer in der Stadt gegeben.
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Wertvolle arabische Schriften in Timbuktu (Archivaufnahme aus dem Jahre 2003): Extremisten zerstörten Kulturgüter in der Bibliothek der Stadt im Norden Malis.
Ein Mann steht vor einer der berühmten Lehm-Moscheen in Timbuktu (Archivaufnahme vom Mai 2012). Am Wochenende hatten französische Truppen die Hochburg der Islamisten eingenommen.
Diese Archiv-Aufnahme zeigt einen Tuareg vor einer anderen Lehm-Moschee: Die Islamisten verließen die Stadt schon Tage vor den ersten Luftangriffen der Franzosen.
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