Fotostrecke

Times-Square-Bombe: Protokoll der FBI-Jagd

Foto: Louis Lanzano/ AP

Times-Square-Terrorplot US-Fahnder suchen die Pakistan-Connection

War Faisal Shahzad ein Einzeltäter? Der Hauptverdächtige des gescheiterten Times-Square-Attentats hat die Tat gestanden, leugnet aber Kontakte zu anderen Terroristen. Die US-Ermittler glauben ihm nicht - und hoffen jetzt auf neue Beweise aus dem pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet.
Von Yassin Musharbash

Berlin - Wieder einmal führt die Spur nach Nord-Waziristan: In jene so unwegsame wie berüchtigte pakistanische Unruheprovinz an der Grenze zu Afghanistan, von der der Terrorexperte Ahmed Raschid jüngst schrieb, sie sei heute ein wichtigerer Rückzugsraum für Terroristen als es Afghanistan vor dem Jahr 2001 war.

Autobombe am New Yorker Times Square

In dieser Region soll der US-Bürger Faisal Shahzad, der gestanden hat, am vergangenen Wochenende eine deponiert zu haben, eine Terrorausbildung absolviert haben.

Er wäre nicht der Erste. Etliche Terrorplots, die Dschihadisten in den vergangenen Jahren ausheckten, nahmen in Nord-Waziristan ihren Anfang: die Anschlagspläne der Sauerlandgruppe in Deutschland ebenso wie jene von Nadschibullah Zazi, die New Yorker U-Bahn anzugreifen.

Noch keine Beweise für Involvierung der TTP

Hier fanden die Radikalen Unterschlupf, hier knüpften sie Kontakte zu Terrorgruppen, hier ließen sie sich ausbilden und instruieren. Man müsse nur durch den Basar von Miran Shah laufen, schrieb zum Beispiel der Terrorplaner Stephen C. Headley, wie Shahzad ein US-Bürger mit pakistanischen Wurzeln. Dort treffe man überall ausländische Kämpfer, darunter Tschetschenen, Usbeken, Tadschiken, Russen, Bosnier, EU-Bürger und natürlich Araber. Noch immer nähmen die lokalen Stämme jeden gerne auf. Headley gab später seine Beteiligung an der Planung der blutigen Anschlagsserie in Mumbai im Jahr 2008 zu.

Auch im Fall Shahzads scheint alles zusammenzupassen. Nicht nur, dass er die Ausbildung in einem Terrorlager zugab. Die pakistanische Talibanbewegung TTP reklamierte seinen Anschlagsversuch bereits Stunden nach Entdeckung des roten Nissan Pathfinders am New Yorker Times Square für sich.

Trotzdem ist noch nichts endgültig geklärt. Denn Shahzad beharrt darauf, ein Einzeltäter gewesen zu sein. Das ist unglaubwürdig, und weder die Analysten in den US-Geheimdiensten noch die Ermittler beim FBI glauben ihm das.

Aber noch haben sie keine Beweise. Weder für Mitverschwörer noch dafür, dass wirklich die TTP die Fäden zog.

Ein unauffälliger, junger Mann

Hinweise allerdings gibt es genug, Indizien, die nun fierberhaft ausgewertet werden. Etwa die Telefondaten des Festgenommen, der als 18-Jähriger in die USA gekommen war und bis zum vergangenen Sommer mit Frau und zwei Kindern in Bridgeport, Connecticut, gelebt hatte.

Insgesamt 16 Gespräche führte Shahzad US-Medienberichten zufolge mit pakistanischen Anschlüssen. In Pakistan wurden die Sicherheitsbehörden bereits aktiv und nahmen rund ein halbes Dutzend vermuteter Kontaktpersonen fest - bislang aber haben sie keine "Smoking Gun" entdeckt, keinen harten Beweis. Einer der Festgenommenen, Muhammad Rehan, soll zwar Beziehungen zu der militanten Gruppe "Jaish e-Mohammed" haben. Aber die pakistanische Armee gab sich am Mittwoch nach wie vor skeptisch, was die mutmaßliche Verbindung zwischen Shahzad und der TTP angeht. Hinzu kommt, dass ein TTP-Sprecher am Mittwoch CNN gegenüber behauptete, seine Gruppe habe Shahzad nicht ausgesandt, um einen Anschlag zu begehen.

Die Zurückhaltung könnte auch damit zu tun haben, dass Shahzad aus einer Familie kommt, die im pakistanischen Kontext als unverdächtig gilt. Sein Vater war Offizier der Luftwaffe und Inspekteur der Grenztruppen. "Kein Familienmitglied hat je etwas Kriminelles getan", sagte Shahzads Cousin dem Fernsehsender CNN. Auch Faisal Shahzad selbst sei nie auffällig geworden, berichteten Nachbarn und Bekannte.

Die bislang direkteste Verbindung zwischen Shahzad und Militanten in Nord-Waziristan stellte am Mittwoch die "Asia Times Online" her. Der Website zufolge hätten pakistanische Geheimdienstbeamte berichtet, dass der in Pakistan festgenommene Mohammed Rehan den Bombenleger vom Times Square in die Unruheprovinz gebracht und ihn dort Qari Hussain Mehsud vorgestellt habe.

Persönliches Treffen mit TTP-Kader?

Taliban

Qari Hussain Mohammed ist ein hochrangiger TTP-Kader, der als Leiter der Selbstmordattentäter-Brigade der pakistanischen gilt. Er war außerdem der Sprecher in dem Bekennervideo der TTP, das nur Stunden nach dem Anschlagsversuch über YouTube ausgestrahlt wurde. Dieses Band war offensichtlich für den Erfolgsfall voraufgezeichnet worden, denn Qaru Hussain Mehsud spricht darin von einem "kieferbrechenden Schlag gegen den Satan USA", der erfolgt sei. Noch aber scheint diese Verbindung nicht bestätigt zu sein, und andere ebenfalls nicht genannte Geheimdienstler brachten auch die Khyber-Provinz als Ausbildungsort Shahzads ins Spiel.

Die US-Ermittler setzen nun auf Amtshilfe ihrer Kollegen in Pakistan. Die lassen sich bisher allerdings nicht in die Karten schauen - jedenfalls nicht öffentlich. Weder sagen sie genau, wie viele Personen sie verhört haben noch wie viele sie weiterhin festhalten. Immerhin, anders als in früheren Fällen scheint die Kooperation zur Zufriedenheit Washingtons zu verlaufen.

Barack Obama

Das ist nicht selbstverständlich, denn jahrelang hatte die US-Regierung den Eindruck, Islamabad führe den Kampf gegen die Militanten im eigenen Land nicht mit vollem Einsatz - was Pakistans Regierung stets bestritt. Aus Süd-Waziristan sind viele Extremisten nach einer Großinvasion der pakistanischen Armee im vergangenen Jahr bereits geflohen. Nord-Waziristan aber, wo unter anderem auch die Führung des Terrornetzwerks al-Qaida vermutet wird, bleibt ein Problem für die US-Regierung. Washington sähe es am liebsten, wenn Pakistans Armee auch dort einmarschieren würde. Sollte sich bestätigen, dass von dort aus ein weiterer Anschlagsversuch in den USA geplant wurde, könnte die Regierung von US-Präsident den Druck auf Pakistan entsprechend erhöhen.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten