Abgehörtes Timoschenko-Telefonat "Dem Drecksack in die Stirn schießen"

Ex-Regierungschefin Timoschenko: Wenig staatsmännisch
Foto: SUZANNE PLUNKETT/ REUTERSZwei Monate vor den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine bringt ein abgehörtes Telefonat Julija Timoschenko in Erklärungsnot. Der Mitschnitt des Gesprächs wurde am Montag zunächst von Kreml-treuen Medien aufgegriffen, etwa dem englischsprachigen Staatssender Russia Today und der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti.
Auf der Aufnahme ist die Stimme Timoschenkos zu hören, sie spricht mit Nestor Schufritsch, einem langjährigen Weggefährten. Beide hegen offenbar keinen Verdacht, dass sie abgehört werden. Zumindest fällt Timoschenkos Wortwahl wenig staatsmännisch aus. Sie sei "bereit, eine Maschinenpistole in die Hand zu nehmen und diesem Drecksack in die Stirn zu schießen", sagt die Oppositionsführerin.
Es geht zwar aus dem Mitschnitt nicht hervor, doch es ist nicht schwer zu erraten, wen Timoschenko da im Visier hat: Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Das Gespräch mit Schufritsch fand am 18. März statt, zwei Tage nach dem 97-Prozent-Referendum auf der Krim. Am gleichen Tag hatte Putin im Kreml die Aufnahme der Krim als Teil der Russischen Föderation vollzogen.
Timoschenkos Tirade geht noch weiter. Man müsse zu den Waffen greifen und die Russen "fertig machen, zusammen mit ihrem Anführer". Timoschenko benutzt für die Russen dabei die abfällige Bezeichnung "Kazap". Überhaupt würzt sie den Dialog mit allerlei russischen Schimpfworten, die mit deutschen Begriffen wie "verdammt", "Dreck" oder "russische Hunde" eher harmlos übersetzt sind.
Brisant wird es noch einmal gegen Ende des Gesprächs. Schufritsch fragt, wie man denn in Zukunft mit den "acht Millionen Russen auf dem Territorium der Ukraine" umgehen solle, worauf Timoschenko antwortet, man solle "sie mit Atomwaffen erschießen".
Via Twitter hat Timoschenko inzwischen zu dem abgehörten Telefonat Stellung bezogen. Die Unterredung mit Schufritsch habe tatsächlich stattgefunden, ihre Aussage über die acht Millionen Russen sei allerdings "eine Montage. Tatsächlich habe ich gesagt: Die Russen in der Ukraine sind auch Ukrainer."
Kein Dementi zur Drohung gegen Putin
Dass sie Putin am liebsten selbst eine Kugel verpassen wolle, dementierte Timoschenko nicht. Allerdings unterscheidet sich ihr Wutausbruch am Telefon auch kaum von der Tonalität ihrer öffentlichen Aussagen nach Putins Krim-Rede im Kreml. In der "Bild"-Zeitung hatte Timoschenko Putin mit Hitler verglichen . Die "ganze Welt hat seit 1938 (Hitlers Anschluss des Sudetenlandes - d. Red.) keine Rede mehr gehört wie die, die Putin gestern hielt".
Die Veröffentlichung folgt einem inzwischen bekannten Muster. Erst traf es US-Europaberaterin Victoria Nuland ("Fuck the EU"), dann den EU-Botschafter in der Ukraine Jan Tombinski und zuletzt EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Immer wurden die professionell anmutenden Telefonmitschnitte zunächst auf YouTube veröffentlicht und von russischen Stellen aufgegriffen. Nie sind es Aufnahmen, die Russland in einem schlechten Licht erscheinen lassen.
Zwei Monate vor den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine am 25. Mai könnte die Abhöraktion einen Hinweis darauf geben, dass Moskau Timoschenko nur ungern als Staatschefin in Kiew sehen möchte.
Timoschenko verliert an Unterstützung
Ohnehin hat die Politikerin in ihren traditionellen Hochburgen im Westen des Landes an Popularität eingebüßt. Sie ist nicht mehr die unumstrittene Führungsfigur der ukrainischen Opposition. Chancen auf ein gutes Ergebnis im Westen des Landes haben auch der Oligarch Pjotr Poroschenko, Vitali Klitschko und Nationalistenführer Oleg Tjagnibok. Wenn Timoschenko ihre Chancen auf eine Stichwahl im zweiten Wahlgang wahren will, muss sie auch im Osten und Süden des Landes punkten - dort, wo die starke russische Minderheit wohnt.
Auf Twitter machte Timoschenko denn auch deutlich, wer ihrer Meinung nach hinter der Abhöraktion steckt: Russlands Inlandsgeheimdienst. "Grüße an den FSB ;)", schrieb sie auf Twitter. Und: "Sorry für die Schimpfworte".