Tod des saudischen Königs Ärger um Halbmast-Fahnen in Großbritannien

In Saudi-Arabien werden Systemkritiker ausgepeitscht, Frauen dürfen nicht Auto fahren - doch nach dem Tod von König Abdullah wehten in Großbritannien die Fahnen auf halbmast. Jetzt ist der Ärger groß.
Fahne auf halbmast am Parlamentsgebäude in London: Signal missfällt vielen

Fahne auf halbmast am Parlamentsgebäude in London: Signal missfällt vielen

Foto: Carl Court/ Getty Images

London - Als am Freitag die Nachricht vom Tod des saudischen Königs Abdullah London erreichte, wurden in Großbritannien an öffentlichen Gebäuden die Fahnen auf halbmast gesetzt. Das hat vielen Briten überhaupt nicht gefallen und stößt auch innerhalb des Parlaments auf Kritik. "Ich finde die Geste unangemessen angesichts der Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien", sagte die konservative Abgeordnete Sarah Wollaston dem BBC Radio 4. Weitere Politiker nannten die Trauerbeflaggung "Unsinn" und "unmoralisch".

Vor dem Wochenende wehten unter anderem am Regierungssitz in der Londoner Downing Street und am Buckingham-Palast die Fahnen auf halbmast. Zuvor war König Abdullah an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben. Er soll 90 oder 91 Jahre alt geworden sein. Der britische Thronfolger Prinz Charles und Premierminister David Cameron reisten am Samstag zum Kondolenzbesuch nach Saudi-Arabien.

In dem Königreich haben Frauen kaum Rechte und Systemkritikern drohen drakonische Strafen. Das Land gilt zudem als Wiege des islamistischen Terrors. Kritiker werfen westlichen Regierungen vor, wegen politischer und wirtschaftlicher Interessen über Menschenrechtsverletzungen in dem ölreichen Wüstenstaat hinwegzusehen.

Aktuell sorgt die öffentliche Prügelstrafe für den islamkritischen Blogger Raif Badawi international für Empörung. Der Internetaktivist war zu zehn Jahren Haft und insgesamt 1000 Stockschlägen verurteilt worden, weil er im Internet den Islam beleidigt und den Säkularismus gerühmt haben soll. Die ersten Hiebe bekam Badawi vor zwei Wochen. Danach ging es ihm gesundheitlich so schlecht, dass der zweite Termin verschoben werden musste.

Wenn das Verhältnis zu Saudi-Arabien so gut sei, dass die Flaggen nun auf halbmast gesetzt wurden - warum werde die enge Bindung dann nicht stärker für die Sicherung von Menschenrechten und der Freiheit der saudi-arabischen Bürger eingesetzt, fragte die britische Abgeordnete der Green Party, Caroline Lucas, dem "Guardian"  zufolge. "Ich denke, darüber werden sich viele Menschen wundern."

Nicht nur die Reaktion der britischen Regierung auf den Tod von König Abdullah ist bemerkenswert. Für eine kleine Überraschung sorgte der iranische Präsident Hassan Ruhani: Er gratulierte dem neuen saudischen König Salman zu dessen Ernennung. "Wegen der gemeinsamen historischen und religiösen Bindung beider Länder hoffe ich demnächst auf eine Ausweitung de bilateralen Beziehungen", schrieb Ruhani am Samstag an den Nachfolger des verstorbenen saudischen Königs Abdullah.

Iran und Saudi-Arabien stehen sich seit langem feindlich gegenüber. Im syrischen Bürgerkrieg unterstützt Iran das Regime von Baschar al-Assad, Saudi-Arabien dessen Gegner.

jbe/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten