Todkranker Arafat Hoher Geistlicher lehnt Sterbehilfe ab
Paris - Der Oberste Richter des islamischen Gerichts in den Palästinensergebieten, Scheich Tamimi, kam am Morgen ins Militärkrankenhaus Percy bei Paris. Nach seinem Besuch bei Arafat sagte er, dass der Palästinenserführer noch lebe. Tamimi fügte hinzu, dass er am Bett des 75-jährigen gesessen und ihm Verse aus dem Koran vorgelesen habe. "Ja, er ist krank und sein Zustand ist sehr ernst, aber er ist am Leben", sagte der Scheich nach seinem Besuch Arafats vor Journalisten. Bereits vor seinem Besuch hatte er Gerüchten widersprochen, Arafat sei bereits tot. "Er ist noch am Leben. Alles, was sonst berichtet wird, ist falsch."
Auf die Frage, ob die Arafat am Leben erhaltenden Maschinen abgeschaltet werden sollen, hatte der Geistliche geantwortet: "Dies ist nach islamischen Recht verboten." Zuvor bezeichnete er sich als dessen persönlichen Freund. "Es ist meine Aufgabe, in dieser schwierigen Zeit an seiner Seite zu sein und für ihn zu beten."
Der französische Fernsehsender "France 2" hatte zuvor berichtet, der Scheich sei die einzige palästinensische Autorität, die darüber entscheiden dürfe, ob die lebenserhaltenden Geräte des 75-Jährigen abgeschaltet werden.
Arafat war Ende Oktober stark geschwächt von seinem Amtssitz in Ramallah in das französische Krankenhaus geflogen worden und hatte dort am Dienstag Gehirnblutungen erlitten. Nach palästinensichen Angaben darf er erst dann offiziell für tot erklärt werden, wenn alle Vorbereitungen für eine Trauerfeier und eine Beisetzung im Westjordanland abgeschlossen sind.
Auch die Vertreterin der Palästinenser in Frankreich, Leila Schahid, sagte, Arafat lebe noch, sein Zustand sei aber "sehr kritisch". Er sei im "Endstadium seines Lebens" und liege in einem "tiefen Koma mit einer Komplikation des Zustands all seiner lebenswichtigen Organe", sagte sie dem französischen Radiosender "France-Info". Es liege auf der Hand, "dass ein Mann der Religion in der Nähe sein muss, wenn er in das Endstadium seines Lebens eingetreten ist", sagte Schahid zu dem Besuch von Tamimi.
Außenminister Nabil Schaath hatte nach seinem Besuch in dem Hospital am Vortag erklärt, eine "geistliche und tröstliche Präsenz" am Krankenbett sei notwendig. Er hatte sich gleichzeitig allerdings klar gegen eine Sterbehilfe für den Präsidenten ausgesprochen. "Wir Muslime akzeptieren keine Sterbehilfe", die lebenserhaltenden Geräte sollten in keinem Fall abgeschaltet werden, sagte der Außenminister.
Die israelische Regierung unter Ariel Scharon stimmte dem Wunsch der Palästinenserführung zu, Arafat auf dem Gelände seines Hauptquartiers in Ramallah im Westjordanland zu beerdigen.
Die Vorbereitungen für die Trauerfeier laufen bereits. Die ägyptische Regierung hat in Übereinstimmung mit der Arabischen Liga Kairo als Ort der Feier angeboten. Die Palästinenserführung stimmte diesem Angebot bereits zu. Die Wahl der Arabischen Liga fiel auf die ägyptische Hautstadt, um ausländischen Staatsgästen die Teilnahme an der Feier zu erleichtern.
Gestern Abend hatte die Palästinenserführung in Paris Abschied von Arafat genommen. Die Ärzte in dem auf Blutkrankheiten spezialisierten Krankenhaus schlossen neben Krebs auch eine Vergiftung bei Arafat nach dem derzeitigen Stand aus. In palästinensischen Kreisen war behauptet worden, Arafat sei vom israelischen Geheimdienst vergiftet worden.