Toter Ex-Diktator Milosevic soll selbst schädliche Medizin genommen haben
Den Haag - Milosevic habe möglicherweise eigenmächtig ein nicht verordnetes Medikament eingenommen, das die Wirkung der ihm verschriebenen Mittel gegen Bluthochdruck aufhob, teilte der niederländische Toxikologe Donald Uges von der Universität Groningen nach der Analyse einer vor zwei Wochen entnommenen Blutprobe des Verstorbenen mit. Uges bestätigte damit entsprechende Berichte der niederländischen Medien. Uges erklärte, er sei gebeten worden, die Blutprobe zu untersuchen, nachdem Milosevic nicht auf blutdrucksenkende Medikamente angesprochen habe.
Laut Uges seien in Milosevics Blut Wirkstoffe gegen Lepra und Tuberkulose gefunden - beides Krankheiten, an denen dieser nicht litt. Das Lepra- und Tuberkulosemittel könne die verschriebene Medizin gegen Bluthochdruck und Herzprobleme unwirksam machen. Möglicherweise habe sich Milosevic auf diese Weise einen "einfachen Fahrschein nach Moskau" erhofft, wo er sich gegen seine Herzkrankheit behandeln lassen wollte.
Milosevic hatte im Dezember vor dem Uno-Kriegsverbrechertribunal einen Antrag gestellt, ihm zur Behandlung seiner Herz- und Blutdruckkrankheit eine Reise nach Moskau zu gestatten. Das Gericht hatte den Antrag aus Sorge zurückgewiesen, Milosevic könnte nicht mehr nach Den Haag zurückkehren.
Laut Autopsie starb der ehemalige Staatschef an einem Herzinfarkt. Die Ermittlung der genauen Todesursache soll aber noch mehrere Tage in Anspruch nehmen. Bislang können weder Selbstmord noch eine Vergiftung als Todesursache ausgeschlossen werden.
Leichnam freigegeben
Die niederländische Staatsanwaltschaft gab die Leiche von Milosevic heute frei. Der in Den Haag anwesende Rechtsberater Milosevics, Zdenko Tomanovic, kündigte an, dass der Sohn des Verstorbenen den Leichnam übernehmen werde. Er habe bei den niederländischen Behörden ein Einreisevisum für Marko Milosevic beantragt. Die Beerdigung des ehemaligen Staatsoberhauptes werde in Belgrad stattfinden.
Bei einem Belgrader Gericht hat Tomanovic gleichzeitig die Aufhebung des internationalen Haftbefehls gegen die Milosevic-Ehefrau Mirjana Markovic beantragt, damit sie ebenfalls an der Beerdigung teilnehmen kann. Das Gericht will noch im Laufe des Tages darüber entscheiden. Die Frau ist wegen Amtsmissbrauchs angeklagt.
Die Stadtverwaltung von Belgrad lehnte unterdessen die Beerdigung in einem Ehrengrab ab, wie es von den Milosevic-Sozialisten verlangt worden war. Der Oberste Verteidigungsrat untersagte als Oberbefehlshaber der Armee von Serbien-Montenegro, an der Bestattung in irgendeiner Form teilzunehmen. Die Sozialisten, von denen der Bestand der serbischen Republiksregierung abhängt, hatten die Beerdigung mit allen staatlichen Ehrenbezeugungen gefordert.
als/phw/AP/reuters/afp/dpa