Türkei Regierungskritische Journalisten aus U-Haft entlassen

Gül (l.) und Dündar nach der Freilassung: Der Prozess soll in einem Monat beginnen
Foto: VEDAT ARIK/ AFPAngehörige und Kollegen haben die beiden türkischen Journalisten vor dem Gefängnistor jubelnd empfangen: Can Dündar und Erdem Gül sind nach drei Monaten aus dem Silivri-Gefängnis in Istanbul freigelassen worden.
Am Donnerstag hatte das türkische Verfassungsgericht mit zwölf gegen drei Richterstimmen entschieden, dass mit der Verhängung der Untersuchungshaft die "Rechte auf persönliche Freiheit und Sicherheit" von Dündar und Gül verletzt wurden.
Die für Terrordelikte zuständige Staatsanwaltschaft in Istanbul wirft dem Chefredakteur der Zeitung "Cumhuriyet" und dem Chef des Hauptstadtbüros Spionage und einen Umsturzversuch gegen die Regierung vor. Sie sollen mit Berichten über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdiensts MIT an islamistische Rebellen in Syrien Staatsgeheimnisse verraten haben. Die Staatsanwaltschaft fordert lebenslange Haft für das Duo - in der Türkei bedeutet das 30 oder mehr Jahre Gefängnis. Der Prozess gegen Dündar und Gül soll am 25. März beginnen.
Dündars und Güls Festnahme hatte in der Türkei und anderen Ländern Empörung ausgelöst. Ihr Fall gilt als Beispiel für eine zunehmende Unterdrückung der Presse unter Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan . Der Europarat und mehrere internationale Journalistenverbände kritisierten die Inhaftierungen in dem EU-Bewerberland.
In einem Essay aus der Haft, den der SPIEGEL veröffentlichte, warf Dündar der Europäischen Union vor, wegen der Flüchtlingskrise mit zweierlei Maß zu messen. "Über die ansonsten stets aktuelle Frage der Demokratisierung verlor man auf der Pressekonferenz nach Abschluss des EU-Türkei-Gipfels kein Wort", schrieb Dündar. Lesen Sie hier den ganzen Essay.