Demonstration in Istanbul Türkische Polizei geht gegen "Samstagsmütter" vor

Seit 23 Jahren demonstrieren türkische Mütter in Istanbul, um auf das Schicksal ihrer verschleppten Kinder aufmerksam zu machen. Doch seit Ende August greift die Polizei hart durch - auch diesen Samstag.
"Samstagsmütter" bei einer Demonstration 2016

"Samstagsmütter" bei einer Demonstration 2016

Foto: BULENT KILIC/ AFP

Türkische Sicherheitskräfte haben abermals eine friedliche Demonstration der sogenannten Samstagsmütter in Istanbul aufgelöst. Auf Videos in sozialen Medien war Samstag Vormittag zu sehen, wie Polizisten eine kleine Gruppe von Demonstranten umringten und Journalisten zurückdrängten. Auf der großen Istiklal-Einkaufsstraße fuhren Polizeipanzer auf.

Bis Ende August hatten die mittlerweile teils schon recht alten Mütter und ihre Unterstützer dort mehr als 700 Wochen ungestört demonstriert und Gerechtigkeit für verschwundene Verwandte gefordert.

Doch in den vergangenen Wochen ist das so nicht mehr möglich. Auf Twitter richtete die Protestgruppe eine Botschaft an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Recep Tayyip Erdogan, der zu einem Staatsbesuch in Deutschland ist. Während die beiden in Berlin gemeinsam frühstückten, sei ihnen in Istanbul Gewalt angetan worden. "Wir protestieren gegen die heuchlerische Politik von Merkel und Erdogan."

Sowohl Merkel als auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatten am Freitag in Begegnungen mit Erdogan Menschenrechtsverletzungen in der Türkei kritisiert.

Die "Samstagsmütter" kommen seit 1995 jeden Samstag auf den Galatasaray-Platz auf der Istiklal-Straße. Sie wollen auf das Schicksal von in den Achtziger- und Neunzigerjahren verschleppten und verschwundenen Menschen, vor allem aus den kurdischen Gebieten im Südosten der Türkei, aufmerksam machen.

Ende August hatte die Polizei die Samstagsveranstaltung zum ersten Mal aufgelöst. Sie hatten Tränengas und Plastikgeschosse auf die Teilnehmer gefeuert. Innenminister Süleyman Soylu rechtfertigte das international scharf kritisierte Vorgehen mit dem Argument, dass die Mütter von "der Terrororganisation" ausgenutzt würden. Gemeint ist die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK, die in der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation gilt.

stk/dpa
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