Festgenommener Deutscher Albtraum im Türkei-Urlaub

Türkischer Polizist (Symbolfoto)
Foto: Emrah Gurel/ APDennis E. freute sich auf einen entspannten Sommer, als er vor einigen Wochen aus Hamburg in die Türkei reiste. Er wollte Verwandte in Iskenderun, im Südosten des Landes, besuchen und ein paar Tage am Meer verbringen.
Am 25. Juli jedoch nahmen Polizisten den Familienvater in seiner Wohnung in Iskenderun fest. Die Behörden beschuldigen ihn, auf Facebook "Terrorpropaganda" für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK betrieben zu haben.
Laut Medienberichten hat ein ehemaliger türkischer Offizier E. bei den Behörden denunziert. Deutschen Diplomaten ist der Fall bekannt. Sie stehen in Austausch mit E.'s Familie und den türkischen Behörden.
Dennis. E bestreitet die Vorwürfe. "Ich bin Mitglied der Sozialdemokratischen Partei in Deutschland (SPD) und von sonst keiner anderen Organisation", sagte er laut dem Vernehmungsprotokoll, das der SPIEGEL einsehen konnte. "Ich will die Türkei nicht spalten. Ich bin kein PKK-Anhänger. Ich bin dagegen, dass die PKK Sicherheitsbeamte umbringt."
E. drohen mehrere Jahre Gefängnis
Dennis E. lebt in Hamburg-Harburg, hat fünf Kinder. Für ihn ist die Festnahme ein Albtraum: Ihm droht in der Türkei eine mehrjährige Freiheitsstrafe.
Der Fall ist zugleich ein Politikum: Zwar wurde E. 1963 in der Türkei geboren, doch er besitzt ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft.
Berlin und Ankara hatten sich nach Jahren der Krise zuletzt um eine Normalisierung ihrer Beziehungen bemüht. Die Bundesregierung hat die Sanktionen gegen die Türkei, die sie nach der Verhaftung des Berliner Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner im Juli 2017 erhoben hat, gerade erst auslaufen lassen. Die Deckelung der Hermes-Exportbürgschaften wurde beendet, die Reisehinweise abgemildert. Im September wird Präsident Recep Tayyip Erdogan zum Staatsbesuch in Berlin erwartet.
Die Verhaftung von Dennis E. wirft nun erneut die Frage auf, wie viel Normalität es im Verhältnis zur Türkei geben kann: Zwar kamen der Menschenrechtsaktivist Steudtner sowie die Journalisten Deniz Yücel und Mesale Tolu inzwischen aus dem Gefängnis frei, sieben oder acht Deutsche befinden sich jedoch nach wie vor wegen Terrorverdachts in der Türkei in Haft.
Die Lage der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hat sich nach der Wahl vom 24. Juni weiter verschlechtert. Erdogan hat gerade ein Gesetz erlassen, das den Ausnahmezustand faktisch zum Dauerzustand erklärt.
"Die letzten Meldungen tragen wenig dazu bei, die Verwunderung über das Ende selbst der symbolischen Einschränkung bei den Hermes-Bürgschaften auszuräumen", sagt der Grünen-Politiker Cem Özdemir dem SPIEGEL. "Sollte die Bundesregierung tatsächlich beabsichtigen, zu Normalbeziehungen zurückzukehren, wundert man sich schon, auf welcher Bewertungsgrundlage das geschieht oder ob es sich hier bereits um Anzeichen von Resignation handelt. Resignation wäre ein fatales Signal an alle mutigen Menschen in der Türkei, die sich dort für Demokratie, Menschenrechte und Pressefreiheit einsetzen."