Dauerkrise in Tunesien Präsident drängt Regierungschef zum Rücktritt
Tunesiens achte Regierung in sieben Jahren steht vor dem Aus: Staatschef Essebsi hat Premier Chahed aufgefordert, sich einer Vertrauensfrage zu stellen - oder gleich zurückzutreten.
Angesichts der andauernden politischen Krise in Tunesien hat Staatspräsident Beji Caid Essebsi Premierminister Youssef Chahed scharf angegriffen und indirekt zum Rücktritt aufgefordert.
"Wenn die Krise andauert hat der Regierungschef zwei Optionen: Entweder tritt er zurück oder er stellt die Vertrauensfrage", sagte Präsident Essebsi am Sonntag in einem Interview des tunesischen Fernsehsenders Nessma TV. Ohne Unterstützung könne man keine Politik machen.
Chahed ist seit 2016 im Amt. Es ist bereits die achte Regierung seit dem sogenannten Arabischen Frühling vor sieben Jahren. Tunesien hat seitdem zwar weitreichende demokratische Reformen eingeleitet, kämpft aber mit großen wirtschaftlichen Problemen.
In den vergangenen Wochen kam es in der Regierungspartei Nidaa Tounes, der sowohl der Präsident als auch der Regierungschef angehören, zu Verwerfungen. Die Partei hatte bei den Regionalwahlen vor knapp drei Monaten deutlich an Unterstützung eingebüßt.
Zuletzt hatten Anfang Januar schwere Proteste das Land erschüttert, in dem die Jugendarbeitslosigkeit bei über 30 Prozent liegt. Anlass zu Jahresbeginn waren Steuererhöhungen und gestiegene Lebenshaltungskosten, Zehntausende Menschen gingen auf die Straße.
Bei Zusammenstößen in der Stadt Tebourba kam ein Demonstrant ums Leben, insgesamt wurden landesweit Dutzende Protestteilnehmer und Sicherheitskräfte verletzt. Polizisten haben Hunderte Menschen festgenommen.
Das neuen Finanzgesetz, das am 1. Januar in Kraft trat, setzte Bedingungen für einen 2,8-Milliarden-Dollar-Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) um. Die Mehrwertsteuersätze stiegen um jeweils einen Prozentpunkt, auch Sondersteuern auf Kraftstoff, Zigaretten, Kaffee, Alkohol und zuckerhaltige Produkte wurden angehoben.
"2018 wird das letzte harte Jahr", hatte Regierungschef Chahed kurz nach Beginn der Proteste zu Jahresbeginn versprochen. Nun sieht es so aus, als könnte es zugleich das letzte Jahr seiner aktuellen Amtszeit sein.
cht/dpa