TV-Debatte der US-Demokraten Eine Partei kämpft gegen sich selbst
Marianne Williamson hat die besten Fans. Sie sind lauter als die anderen - und mehr. Dutzende hüpfen vor dem Fox Theatre in Detroit auf und ab, um die Autorin anzuspornen. Sie tragen Plakate mit ihrem Namen und skandieren: "Ma-ri-anne!"
Williamson, die über Spiritualität schreibt, hat keine Chancen auf die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten. Trotzdem steht sie drinnen mit zehn Rivalen auf der Bühne und kämpft darum, gegen Donald Trump antreten zu dürfen. Sie kämpft laut, leidenschaftlich - und sicher letztmals in diesem Rahmen.
Auch diese zweite Vorwahldebatte müssen die Demokraten über zwei Tage strecken, so viele Aspiranten gibt es: je zehn pro Abend, über die Reihenfolge entschied das Los. Danach wird kaum mehr die Hälfte übrig bleiben. Denn die Auslese ist hart, und nur die besten dürfen zur nächsten Debatte im September.

Die zehn Hauptpersonen des Abends: Wer konnte punkten, wer nicht?
Foto: Rebecca Cook/ REUTERSSo ist es kein Wunder, dass der erste Durchgang zum offenen Schlagabtausch wurde, auch wenn die Kontraste oft künstlich überhöht waren - schließlich haben alle ein gemeinsames Ziel, nämlich die Abwahl Trumps. Doch wer sich jetzt nicht absetzt oder zumindest bemerkbar macht, ist schnell weg vom Fenster.
Klare Konflikte zwischen den Lagern
Offen wie selten trat bei dieser Debatte die Spaltung der Partei zutage. Die Lieblinge vieler Linker, Elizabeth Warren und Bernie Sanders, sahen sich scharfer Kritik von einer Reihe Vertreter des moderaten Flügels ausgesetzt. So warf ihnen Montanas Gouverneur Steve Bullock vor, mit einer unrealistischen Wunschliste anzutreten: Die großen Pläne der Linken im Bereich der Gesundheits- oder Bildungspolitik seien schlicht nicht finanzierbar. Viele Menschen könnten nicht auf eine "Revolution" warten, sie bräuchten jetzt konkrete Antworten auf ihre Probleme. Zugleich lehnte er die Idee ab, allen Flüchtlingen an der Grenze eine kostenlose Gesundheitsversorgung zuzusagen.

Ähnlich argumentierte der Ex-Kongressabgeordnete John Delaney. Er warf Warren und Sanders vor, sie würden mit ihren "Märchen"-Versprechungen Wähler der Mitte abschrecken. "So stellen wir nur sicher, dass Donald Trump wiedergewählt wird", warnte er - eine Befürchtung, die viele Demokraten teilen.
Warren und Sanders hielten dagegen: Immer wieder beschuldigten sie die Kritiker aus der eigenen Partei mehr oder weniger direkt, praktisch die gleiche Politik zu verfolgen wie Trump und die Republikaner. "Wir haben eine Regierung, die auf der Seite der Reichen und Mächtigen ist", rief Warren. "Wir schlagen sie nur, wenn wir die Partei der großen, grundsätzlichen Veränderung sind. Wir wollen echten Wandel."
Wer konnte punkten?
Bernie Sanders und Elizabeth Warren: Die Favoriten konnten ihre Positionen verteidigen. Mit klaren Worten brachten sie ihre Botschaften einmal mehr unters Wahlvolk: Er wolle den "Rassisten, Sexisten und Fremdenfeind Donald Trump" aus dem Weißen Haus vertreiben, rief Sanders mit bebender Stimme. Warren stellte klar, es gehe ihr darum, das Land gerechter zu machen, damit nicht nur eine kleine, reiche Elite profitiere. Mit "kleinen Ideen" und ohne "Rückgrat" könne man nicht gewinnen.
Steve Bullock: Auch der schlug sich überraschend gut. Bullock ist neu im Rennen und wirbt für sich mit seinem Erfolg als Gouverneur in Montana: Obwohl Trump den Staat bei der Wahl 2016 gewonnen habe, sei er, Bullock, dort als Demokrat gewählt worden. Seine Botschaft: Mit seiner moderaten, pragmatischen Linie könne er Trump auch auf nationaler Ebene schlagen - er sei auch für Republikaner "wählbar". Ob Bullocks kurzer Auftritt in Detroit allerdings ausreicht, um im Rennen zu bleiben, ist ungewiss: Das werden erst die nächsten Umfragen in einigen Tagen zeigen.
Wer sind die Verlierer?
Beto O'Rourke: Der einst gehypte Hoffnungsträger aus Texas verkümmerte schon bei der ersten Debatte in Miami und verglühte nun vollends. Er kam kaum zu Wort, und wenn, dann sagte er nichts, was hängen blieb, selbst nicht zu seinen Topthemen - Einwanderung und Klimakrise. Sein Umfragedurchschnitt vor Detroit lag bei knapp zwei Prozent, geholfen hat er sich nicht.
John Delaney: Der Ex-Abgeordnete versuchte sich mit Attacken gegen Warren hervorzuheben. Doch die servierte ihn - und die anderen, die ihre progressiven Pläne kritisierten - mit einem einzigen Satz ab: Wieso kandidierten sie überhaupt, wenn sie nur darüber reden wollten, "was wir nicht tun können und wofür wir nicht kämpfen sollten"? Dafür erntete sie den größten Jubel.
Die meisten anderen No-Names: Die nächste TV-Debatte hat strengere Bedingungen - die Kandidaten müssen mindestens zwei Prozent in vier Umfragen erreichen und 130.000 Spender in 20 Bundesstaaten vorweisen. Die, die diese Messlatten bisher verpassten, dürften sie auch nach der Detroit-Show nicht bezwingen.
Wie geht es weiter?
Ein noch spannenderer Kampf wird für diesen Mittwochabend erwartet. Da geht es für Joe Biden, den bisher führenden Kandidaten, um viel. Bei der letzten Debatte hatte ihm die schwarze Senatorin Kamala Harris seine Vergangenheit vorgehalten, vor allem seine vermeintliche Nähe zu damaligen Rassisten. Der Ex-Vizepräsident schien überrumpelt, verteidigte sich kaum und wirkte auch sonst schwach, während Harris sich damit souverän ins Bewusstsein der Amerikaner argumentierte.
Diesmal wird Biden direkt neben Harris auf der Bühne stehen, auf der anderen Seite flankiert vom ebenfalls schwarzen Senator Cory Booker. Wird sich die Auseinandersetzung wiederholen? Wird Booker einsteigen? Biden soll sich gut vorbereitet haben.