

Tripolis - Die neue Führung in Libyen will den jüngst festgenommenen Gaddafi-Sohn Saif al-Islam nicht an den Internationalen Strafgerichtshof überstellen. Die strafrechtliche Verfolgung von Saif al-Islam sei Sache der libyschen Justiz, sagte Übergangsminister Mohammed al-Allagui am Dienstag in Tripolis. "Das ist eine Frage unserer Souveränität." Die libysche Übergangsregierung hatte die Festnahme des Sohns des getöteten Machthabers Muammar al-Gaddafi am Samstag bekanntgegeben.
Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Luis Moreno-Ocampo, traf am Vormittag in Tripolis ein. Ein Treffen mit Saif al-Islam sei nicht geplant, sagte er nach seiner Ankunft der Nachrichtenagentur AFP. Der Internationale Strafgerichtshof hatte Ende Juni einen Haftbefehl gegen den Gaddafi-Sohn ausgestellt; die Anklage wirft dem 39-Jährigen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge sagte Moreno-Ocampo am Dienstag, dass der Prozess gegen den Gaddafi-Sohn nicht zwangsläufig in Den Haag stattfinden müsse. In Libyen droht dem Gaddafi-Sohn die Todesstrafe.
Saif al-Islam ist der zweitälteste und bekannteste Sohn Gaddafis. Jahrelang wurde er als wahrscheinlicher Nachfolger seines Vaters gehandelt. Er galt lange Zeit als reformorientiert, schlug im Verlauf der Gefechte, die mit Unterstützung der Nato zum Sturz seines Vaters führten, aber einen zunehmend unversöhnlichen Ton gegenüber dem Westen an. Nach der Eroberung von Tripolis durch die Aufständischen Ende August war er untergetaucht.
Libyens Übergangsrat hat sich inzwischen auf ein neues Kabinett geeinigt. Verteidigungsminister werde Gaddafi-Jäger Osama al-Dschuwali, sagte ein Mitglied des Übergangsrates der Nachrichtenagentur Reuters: Die Einheiten des Kommandeurs hatten Saif al-Islam Gaddafi festgenommen. Zum Außenminister sei Ibrahim Dabbashi, bisher stellvertretender Botschafter bei den Vereinten Nationen, ernannt worden. Ölminister werde ein Manager eines libyschen Öl-Unternehmens. Der Finanzminister der scheidenden Regierung bleibe im Amt, hieß es weiter.
Es seien zwar alle Kabinettsposten vergeben worden, doch seien erneut Diskussionen über einige der neuen Minister entbrannt, hieß es weiter. In der Ministerriege dominierten säkulare Liberale, Islamisten hätten keine Schlüsselressorts inne.
Offiziell sollte das neue Kabinett am Dienstag vorgestellt werden. An der Spitze der Regierung wird voraussichtlich Ministerpräsident Abdulrahim al-Kib stehen. Seine Aufgabe ist es, das nordafrikanische Land nach monatelangem Bürgerkrieg zu Parlamentswahlen zu führen.
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Saif al-Islam al-Gaddafi war der Lieblingssohn seines Vaters.
Offenbar hatte er versucht, sich in den Niger mit Hilfe zweier Gefährten abzusetzen. Zuletzt war der 39-Jährige über Mittelsmänner im Gespräch mit dem Internationalen Strafgerichtshof.
Im Süden von Libyen, 650 Kilometer von Tripolis entfernt, wurde Saif al-Islam nach Angaben der Übergangsregierung in der Wüste gefasst. Erste Bilder des libyschen Fernsehens zeigen ihn mit einem Verband an der Hand.
Saif al-Islam kurz nach seiner Festnahme in der Wüste im Süden des Landes.
Mit einem Militärflugzeug wurde er später, von Sicherheitsleuten begleitet, nach Sintan gebracht, 170 Kilometer südwestlich von Tripolis.
In der Militärmaschine trug der Gaddafi-Sohn eine traditionelle Robe, einen Turban auf Kopf und ein Tuch um den Hals.
Einige klettern sogar auf die Maschine und versuchen hineinzugelangen.
Kurz nach der Ankunft des Flugzeugs in Sintan, Hunderte Menschen umringen das Flugzeug mit dem Gaddafi-Sohn.
Jubel auf den Straßen in Bengasi, in der Stadt, in der der Aufstand in Libyen begann: Die Menschen feiern die Festnahme von Saif al-Islam. Einige fahren in Autokorsos durch die Stadt,...
...andere stehen auf der Straße und schwenken die neue libysche Flagge.
Auch in der Hauptstadt feierten die Menschen die Festnahme.
Nun muss geklärt werden, wer über Gaddafis Sohn Saif - hier ein Archivbild aus dem August dieses Jahres - überhaupt richten darf. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag und die Führung in Tripolis streiten sich über diese Frage.
Ein Bild aus alten Tagen: 2002 besuchte Saif al-Islam den Wiener Opernball, hier zeigt er sich mit den mittlerweile verstorbenen Rechtspopulisten Jörg Haider.
2007 trafen sich Haider und Saif al-Islam am Wörthersee wieder.
Saif al-Islam galt als Nachfolger seines Vaters Muammar al-Gaddafi, auf dem Bild spricht er in Tripolis 2008, im Hintergrund ist das Konterfei des Ex-Diktators zu sehen.
Gaddafi-Anhänger zeigen das Bild des ehemaligen Machthabers in Uniform, links oben dessen Sohn Saif al-Islam, rechts Chamis al-Gaddafi. Sein Aufenthaltsort ist unklar.
Jubel der libyschen Rebellen im August: Sie haben Tripolis und Teile des Landes eingenommen.
Saif al-Islam verteidigte das Regime seines Vaters bis zum letzten Moment: Hier bei einer Ansprache an seine Truppe. Der TV-Sender, von dem das Bild stammt, gibt als Entstehungsdatum den 20. September an.
Am 20. Oktober wird der ehemalige Diktator in seiner Geburtstadt Sirt gestellt und getötet. Das TV-Bild zeigt ihn blutüberströmt.
Ein Kämpfer der Rebellen im Haus von Saif al-Islam: Whirlpool und Meerblick inklusive
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