Ugandas Oppositionskandidat unter Hausarrest Der Gettopräsident

Wahlkämpfer Bobi Wine in der Hauptstadt Kampala
Foto: Luke Dray / Getty ImagesEs war ein unfairer Kampf, der vergangene Woche an den Wahlurnen in Uganda sein vorläufiges Ende fand. Auf der einen Seite Präsident Yoweri Museveni. Ein 76-jähriger Großvater, der nun länger an der Macht ist, als die meisten Ugander am Leben sind. Seit 35 Jahren herrscht er über das Land, verteilt Geschenke an seine politischen Unterstützer und benutzt die Sicherheitskräfte, um Kritiker zum Schweigen zu bringen.
Auf der anderen Seite stand mit Bobi Wine als aussichtsreichstem Oppositionskandidaten ein charismatischer Ex-Rapper, der eigentlich Robert Kyagulanyi heißt. Ein Mann, der mit 33 Geschwistern in einem Slum der Hauptstadt Kampala aufwuchs. Und der es trotzdem an die Makerere-Universität in Kampala schaffte, eine der berühmtesten in Afrika, und 2017 erstmals ins Parlament gewählt wurde.
Dessen Lieder über Korruption und Perspektivlosigkeit zum Soundtrack einer frustrierten Jugend geworden waren. Ein Mann, von internationalen Beobachtern gerühmt für seine Bescheidenheit, der trotz Festnahmen und Folter unbeugsam für seine Generation gekämpft hat. Ein Mann, der unter der Jugend des Kontinents verehrt wird wie ein Popstar. Und der doch verlieren musste.

Festnahme eines Bobi-Wine-Unterstützers
Foto: ABUBAKER LUBOWA / REUTERS»We’re the leaders of the future, and the future is today« (»Wir sind die Anführer der Zukunft, und die Zukunft ist jetzt«), lautet der Refrain eines seiner bekanntesten Lieder. Es ist sind Zeilen wie diese, die dem Regime Angst gemacht haben. In den Augen der Machthaber bedeutet jede Veränderung im Machtgefüge einen Schritt hin zum Chaos. Es sind Zeilen wie diese, weshalb Bobi Wine, den sie in Uganda auch ihren »Gettopräsidenten« nennen, nicht gewinnen durfte.
Hinweise auf Wahlbetrug
Und so kamen das Ergebnis der Wahl und Wines Niederlage nicht überraschend: Am Samstag erklärte die Wahlkommission Präsident Yoweri Museveni zum Sieger der Wahlen, mit 59 Prozent der Stimmen. Wine erhielt nach offiziellen Auszählungen 35 Prozent. Überraschend war diese Niederlage leider nicht. Die Wahlen waren weder frei noch fair.
Bereits am selben Tag forderten die USA und Großbritannien eine Überprüfung des Endergebnisses nach Hinweisen auf möglichen Betrug. Eine afrikanische Wahlbeobachtungsgruppe, die Africa Elections Watch Coalition, hatte 2000 Beobachter entsandt, und berichtete ebenfalls von Unregelmäßigkeiten. Während der Wahlen war das Internet abgeschaltet worden. In den Monaten zuvor waren Oppositionspolitiker und ihre Anhänger angegriffen, verhaftet und auch umgebracht worden.
Ebenfalls am Samstag wandte sich Wine an westliche Regierungen, die Uganda unterstützen. Fast zwei Milliarden Dollar an humanitärer, aber auch militärischer Hilfe erhält Uganda jährlich aus dem Westen. Das Regime, forderte er, müsse für diese »Verhöhnung der Demokratie« zur Rechenschaft gezogen werden.
Herausforderer Wine unter Hausarrest, Opposition kriminalisiert
Zu diesem Zeitpunkt befand sich Bobi Wine bereits seit einem Tag unter Hausarrest. Soldaten umstellten am 15. Januar seine Villa, seine Telefone sind nun abgestellt. Nur sporadisch erscheinen Nachrichten auf seinem Twitteraccount. »Wir werden belagert«, schrieb er am 15. Januar über sich und seine Frau. Mittlerweile gingen ihnen Nahrungsmittel und Milch für die 18 Monate alte Nichte seiner Frau aus.
Am Montag wurde die US-Botschafterin vom ugandischen Militär daran gehindert, Essen in den Compound zu bringen.
Lange war es ruhig gewesen in Uganda. Die Wirtschaft wuchs stetig, ethnische Konflikte gab es kaum. Und im Westen war Präsident Yoweri Museveni ein willkommener Gast. Ein Verbündeter im Kampf gegen den islamistischen Terror. Auch als er längst zum Autokraten mutiert war und Wahlfälschungen und Verfassungsänderungen zum Machterhalt zu seinem Modus Operandi geworden waren.
Für die junge Generation in Uganda, aber auch in ganz Afrika, ist diese Wahl nun eine Bestätigung dafür, wie zäh diese alten Herrschaftssysteme sind. Der Außenwelt demonstriert sie eine Entwicklung, die man in immer mehr afrikanischen Ländern beobachten kann: die rigorose Kriminalisierung der Opposition. Für Oppositionsführer in autoritären Staaten wie Tansania, Uganda, Guinea, Kamerun, Sambia, Burundi, Ruanda, Togo und Simbabwe besteht die Herausforderung nicht primär darin, die herrschenden Regierungsparteien an der Wahlurne zu besiegen. Sie müssen vielmehr einen guten Teil ihrer knappen Ressourcen darauf verwenden, Angriffen und willkürlichen Verhaftungen zu entgehen.
Der tansanische Oppositionskandidat Tundu Lissu überlebte 2017 einen Mordanschlag. Nach den Wahlen in Tansania im Oktober des vergangenen Jahres musste er erst in die Residenz der deutschen Botschafterin und dann nach Belgien fliehen.
Bobi Wine droht nun in Uganda das gleiche Schicksal. Auch er sagte noch am Wochenende, er fürchte um sein Leben und das seiner Frau. Nicht zum ersten Mal. Schon 2018 hatten die Schergen des Regimes ihn vier Tage festgehalten und gefoltert.
Der Westen ist Mittäter
Es waren diese Qualen, die ihn auch im Westen bekannt machten. Internationale Politiker forderten damals seine Freilassung. Er wurde in die USA geflogen, wo seine Verletzungen behandelt wurden und wo der Bürgerrechtler Jesse Jackson ihm einen Preis für sein politisches Wirken verlieh. Wine aber wusste, dass das den Menschen in Uganda nicht helfen würde. »Wir Ugander haben lange darauf gewartet, dass wir Hilfe aus dem Ausland bekommen. Mittlerweile wissen wir: Ohne die Hilfe des Westens gäbe es diesen Diktator schon lange nicht mehr. Diese Länder sind Mittäter, sie interessieren sich nicht für Werte oder Menschen, sondern nur für Geschäfte«, sagte er damals.
Das Problem ist aber, dass Präsident Yoweri Museveni wie immer mehr Diktatoren in Afrika das Gefühl hat, sein Handeln werde keine ernsten internationalen Folgen haben. Drohungen des Westens, Menschenrechtsverletzungen würden zu ernsthaften Konsequenzen führen, klingen in den Ohren der Autokraten zunehmend hohl.
Und doch macht der Fall Bobi Wine Hoffnung. Seit seiner De-facto-Festnahme mehren sich die Unterstützungsbekundungen demokratischer Oppositioneller aus ganz Afrika in seltener Solidarität. Und so könnte aus der Niederlage des Mannes, dessen Widerstandsgeist von vielen bewundert wird, ein einender Moment für Demokratiebewegungen in ganz Afrika werden. Ein Zeichen, dass prodemokratische Oppositionsführer in Afrika lernen, dass sie mit einer Stimme sprechen und zusammenarbeiten müssen. Und Bobi Wine würde zu einer Figur, die es schon lange nicht mehr gab: ein panafrikanischer Held.