Drohende Amtsenthebung Drei Szenarien für Donald Trump

Donald Trump könnte schon bald sein Amt verlieren
Foto: Jabin Botsford/ The Washington Post via Getty ImagesIn der "Washington Post" spekulieren sie über einen US-Präsidenten Mike Pence. Nikki Haley, die frühere Uno-Botschafterin, wird als seine Vizepräsidentin gehandelt. So weit ist es schon.
Auch Nancy Pelosi ist als neue Präsidentin im Gespräch. Sie würde ins Weiße Haus einziehen, sollten sowohl Donald Trump als auch sein Vize Pence über die Ukraineaffäre stolpern. Die Sprecherin des Repräsentantenhauses wäre laut einem Gesetz von 1947 Nummer drei in der Präsidenten-Rangfolge.
Klingt irgendwie verrückt? Stimmt. Die Emotionen kochen hoch in der US-Politik, linke wie rechte Medien hyperventilieren, der Präsident spielt bei Twitter den wilden Mann. Umso wichtiger ist es, in der ganzen Aufregung mit einem ruhigen Blick auf die tatsächliche Lage zu schauen. Hier sind drei möglichen Szenarien für den Ausgang der Ukraineaffäre.
Szenario eins: Das Amtsenthebungsverfahren geht glatt durch - Pence übernimmt

Donald Trumps Vize Mike Pence könnte der nächste US-Präsident werden
Foto: Chris Kleponis/POOL/EPA-EFE/REXDie Amtsenthebung droht. Aber momentan sind die Demokraten noch in der Untersuchungsphase. Es gibt viel Hin und Her mit der Regierung über die Frage, wer wann wozu aussagen soll. In diesem Szenario würde das Repräsentantenhaus aber spätestens im November mit der Mehrheit der Demokraten das Amtsenthebungsverfahren beschließen. Dann wäre der Senat an der Reihe. Donald Trump würde in der zweiten Kammer der Prozess gemacht, anschließend sprechen die 100 Senatoren ihr Urteil - per Abstimmung. Sollten 20 Republikaner zu den 47 Demokraten im Senat überlaufen, weil die Beweise gegen Trump überwältigend sind, wäre die Zweidrittelmehrheit erreicht und Trump des Amtes enthoben.
Es wäre der "Worst Case" für Trump: Seine eigene Partei würde ihn aufgeben, weil sich die Stimmung in der Bevölkerung gegen den Präsidenten dreht. So erging es 1974 Richard Nixon: Er blieb lange populär, verlor dann aber im Zuge der "Watergate"-Ermittlungen im Kongress jeden Rückhalt, als klar wurde, dass er einfach zu viel gelogen und betrogen hatte. Noch vor der Einleitung des eigentlichen Amtsenthebungsverfahrens trat er zurück. Diese Option bliebe Trump in einem solchen Szenario natürlich auch.
So oder so bräuchten die USA dann einen neuen Präsidenten: Trumps Vize Mike Pence würde automatisch als neuer Präsident vereidigt. Innerhalb der republikanischen Partei würde zugleich ein Machtkampf ausbrechen. Für die Wahl im November 2020 könnten andere prominente Parteimitglieder bei den Vorwahlen dem Konservativen Pence die Präsidentschaftskandidatur streitig machen. Hier wäre die moderate Kandidaten Nikki Haley eine denkbare Alternative oder auch Mitt Romney, Senator aus Utah.
Szenario zwei: Trump übersteht das Amtsenthebungsverfahren knapp

Der wichtigste Republikaner für Donald Trump im Senat: Mehrheitsführer Mitch McConell
Foto: ERIK S LESSER/EPA-EFE/REXEine Schlüsselrolle in einem möglichen Amtsenthebungsverfahren kommt dem Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConell, zu. Der erfahrene Washingtoner Strippenzieher hat bereits angekündigt, dass er bei einer Entscheidung des Repräsentantenhauses für das Amtsenthebungsverfahren laut den Regeln des Senats keine andere Wahl hätte, als das "Verfahren aufzunehmen".
In diesem Szenario würde McConell tatsächlich den förmlichen Prozess gegen Trump im Senat zulassen. Am Ende stünde auch hier die Abstimmung im Senat. Doch die Demokraten würden die erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht erreichen, weil sie vielleicht nur 10, aber nicht 20 Republikaner finden, die den Präsidenten aufgeben wollen.
In diesem Szenario würde sich Trump sicherlich als Sieger feiern, ebenso wie seine Anhänger. Das dürfte ihm für den Wahlkampf 2020 einen Schub geben, gleichwohl könnten auch die Demokraten profitieren. Zumal dann, wenn durch den Prozess im Senat das Fehlverhalten des Präsidenten in der Ukraineaffäre überdeutlich werden sollte. Ein knapper Ausgang des Amtsenthebungsverfahrens könnte viele Bürger motivieren, Trump an der Wahlurne abzustrafen. Wenn dann im kommenden Jahr auch noch wirtschaftliche Probleme hinzukämen, etwa durch den Handelskonflikt mit China, müsste Trump um seine Wiederwahl fürchten.
Szenario drei: Die Impeachment-Operation wird zum Desaster - für die Demokraten

Donald Trump ist erfolgsverwöhnt: Kann er sich doch wieder aus der Krise retten?
Foto: Carolyn Kaster/ DPAMomentan gibt es die allgemeine Annahme, dass sich die Dinge politisch für die Demokraten positiv entwickeln. Trump und seine Unterstützer haben sichtlich Schwierigkeiten, das Verhalten des Präsidenten in der Ukraineaffäre zu rechtfertigen. Neue Enthüllungen drohen. Und: Es gibt auch erste Umfragen, die zeigen, dass die Unterstützung in der Bevölkerung für ein mögliches Impeachment wächst. Aber hier ist Vorsicht geboten: Die Umfragen sind nicht eindeutig, etwa die Hälfte der Amerikaner lehnt ein Impeachment des Präsidenten weiterhin klar ab. Es wäre ja auch ein großer Vorgang: Ein paar Dutzend Senatoren würde quasi die Wahlentscheidung von 63 Millionen Amerikanern für Trump annullieren.
Video: Endlich verständlich - Impeachment
Die Stimmung ist nicht klar gegen Trump: Der Präsident und seine Leute haben weiterhin viele Möglichkeiten, die Meinungshoheit zu gewinnen. Sie attackieren Joe Biden und seinen Sohn Hunter, sie sprechen von einer angeblichen Verschwörung, die gegen Trump im Gange sei, ja, sogar von einem versuchten "Staatsstreich". Trumps Wahlkampfteam investiert massiv in Social-Media-Anzeigen, in denen der Präsident verteidigt wird. Bei vielen Amerikanern verfängt Trumps PR-Taktik immer noch.
So kann den Demokraten am Ende auch ein Desaster drohen: Zum Beispiel dann, wenn die Einleitung des Amtsenthebungsverfahrens schon bei der Abstimmung im Repräsentantenhaus scheitert, weil nicht einmal die demokratische Mehrheit steht. Oder wenn Mitch McConell das Amtsenthebungsverfahren im Senat beerdigt, indem er es zwar aufnimmt, dann aber mit der einfachen republikanischen Mehrheit per Abstimmung für ungültig erklärt. Und selbst das kann passieren: Trump wird im Senat zwar der Prozess gemacht, aber die anschließende Abstimmung wird für die Demokraten zur bösen Niederlage, weil sogar demokratische Senatoren für Trump stimmen.
In all diesen Fällen wären die Demokraten bloßgestellt. Trump würde triumphieren und sich selbst für unbesiegbar erklären. Bei den Demokraten würde ausgerechnet zum Wahljahr 2020 eine Phase der Unsicherheit, der Selbstzweifel und des Zwists beginnen. Vier weitere Jahre Trump, sie wären dann wieder ganz klar denkbar.
Grafik: Wie ein "Impeachment" funktioniert
