Bestätigung aus Kiew: Separatisten kontrollieren weite Teile von Debalzewe
Foto: Anastasia Vlasova/ dpaDebalzewe/Kiew - Die Aufständischen in der Ostukraine haben nach eigenen Angaben in Debalzewe Fakten geschaffen - und verkündeten am Mittag, die Stadt eingenommen zu haben. Nun bestätigt auch die ukrainische Regierung die weitgehende Einnahme Debalzewes durch die prorussischen Separatisten. "Straßenkämpfe dauern an", teilte das Verteidigungsministerium in Kiew mit. Die Aufständischen hatten Artillerie und Panzertechnik eingesetzt. Regierungstreue Einheiten versuchten, den Gegner aufzuhalten.
Die Separatisten hatten am Dienstagmittag gemeldet, "bis zu 80 Prozent" der strategisch wichtigen Stadt seien von ihnen eingenommen worden. "Nur ein paar Wohnviertel sind noch übrig, dann haben wir den Ort völlig unter Kontrolle", sagte Separatistensprecher Eduard Bassurin. Mehr als 300 gegnerische Soldaten seien gefangen genommen worden. Es gebe "viele Tote". "Wir durchkämmen die Stadt nach weiteren Soldaten", kündigte Bassurin an.
Das ukrainische Verteidigungsministerium bestätigte, dass eine Gruppe von Soldaten in Gefangenschaft der Separatisten sei. Berichte über eine große Anzahl Gefangener wies das Ministerium jedoch zurück.
Die prowestliche Regierung in Kiew beschuldigte Russland und die prorussischen Separatisten, den Friedensprozess in der Ostukraine zu zerstören. Der stellvertretende Chef der ukrainischen Präsidialverwaltung, Waleri Tschaly, sagte, Russland und die Aufständischen hielten sich nicht an die in Minsk vereinbarte Waffenruhe. "Sie sind dabei, die Hoffnung auf Frieden zu zerstören."
Die Regierung in Kiew hatte ebenfalls von heftigen Straßenkämpfen in Debalzewe berichtet. Die Stadt gilt als wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Hier sollen Tausende Militärs eingekesselt sein. Die Angaben lassen sich von unabhängigen Beobachtern nicht überprüfen.
Mit der Eskalation der Kämpfe in Debalzewe dürfte das mühsam in Minsk ausgehandelte Abkommen über eine Waffenruhe Makulatur sein. Denn trotz der jüngsten Telefonate von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande mit den Präsidenten von Russland und der Ukraine, in denen sie die Einstellung der Kämpfe forderten, hatte es erneut schwere Gefechte gegeben.
Rebellenanführer Denis Puschilin sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Separatisten die Kämpfe nicht stoppen würden. Sie wollen Debalzewe einnehmen, weil der Ort die beiden Gebiete um Donezk und Luhansk verbindet. Die ukrainische Regierung will ihrerseits nicht mit dem Rückzug schwerer Waffen beginnen.
Nach dem zweiten Minsker Abkommen sollten beide Seiten in der Nacht zum Dienstag mit dem Rückzug von Artillerie und Panzern aus einer mindestens 50 Kilometer breiten Pufferzone beginnen. Da in Minsk ein enger Zeitplan von aufeinanderfolgenden Schritten der Deeskalation vereinbart worden war, steht nun das ganze Abkommen auf der Kippe. So sollten in weiteren Schritten auch Gefangene ausgetauscht und Wahlen in den von Separatisten kontrollierten Gebieten abgehalten werden.
Pufferzone nach Minsker Abkommen zwischen ukrainischen Truppen und prorussischen Separatisten am 12. Februar 2015
Foto: SPIEGEL ONLINEAnmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes hieß es in der Überschrift, die Regierung in Kiew bestätige den "Fall von Debalzewe". Das war mindestens missverständlich: Die Regierung bestätigte lediglich Straßenkämpfe und die Tatsache, dass Separatisten in der Stadt vorrücken. Wir bitten das zu entschuldigen.
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Separatisten bei Debalzewe: Die prorussischen Kämpfer haben erklärt, die umkämpfte Stadt in der Ostukraine erobert zu haben. Kiew hat dies inzwischen bestätigt.
Ukrainische Einheiten auf einer Straße in Richtung der eingekesselten Stadt: "Bis zu 80 Prozent" des Verkehrsknotenpunkts sollen in der Hand der Separatisten sein.
Separatisten in der Nähe der Ortschaft Nikishine im Südosten von Debalzewe: "Wir durchkämmen die Stadt nach weiteren Soldaten", sagte ein Sprecher der prorussischen Kämpfer.
Feuer nach einer Explosion an einem Kraftwerk in der Nähe von Debalzewe: "Nur ein paar Wohnviertel sind noch übrig, dann haben wir den Ort völlig unter Kontrolle", sagte ein Separatistensprecher.
Die Verluste für die ukrainische Armee sind nach Angaben der Separatisten immens: Mehr als 300 gegnerische Soldaten seien gefangen genommen worden, zudem gebe es "viele Tote", melden die Kämpfer.
Ukrainische Stellungen bei Debalzewe: Überprüfen lassen sich die Angaben zum Kampfgeschehen im Donbass kaum noch.
Ukrainische Soldaten auf einem Panzer: Auch die Führung in Kiew berichtet von heftigen Straßenkämpfen in Debalzewe. An dem Verkehrsknotenpunkt sollen Tausende Militärs eingekesselt sein.
Zerstörtes Dorf bei Debalzewe: Für die Separatisten ist der Ort von großer strategischer Bedeutung, weil er die beiden von ihnen kontrollierten Gebiete um Donezk und Luhansk verbindet. Die ausgehandelte Waffenruhe dürfte nun Makulatur sein.
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