Ostukraine Merkel macht Russland für Unruhen verantwortlich
Berlin/Kiew - Die Bundesregierung hat erstmals klar Position zu den Unruhen in der Ostukraine bezogen. Berlin habe Hinweise darauf, dass Moskau die Proteste in Donezk, Luhansk, Charkiw und anderen Orten steuere, sagte Regierungssprecherin Christiane Wirtz.
"Vieles deutet darauf hin, dass die in der Ostukraine aktiven bewaffneten Gruppen Unterstützung aus Russland erhalten", sagte Wirtz in Berlin. "Wenn man sich das Auftreten, die Uniformierung und die Bewaffnung einiger dieser Gruppen ansieht, kann es sich kaum um spontan aus Zivilisten gebildete Selbstverteidigungskräfte handeln."

Ukraine: Aufmarsch der Separatisten
Ähnlich äußerte sich die stellvertretende Sprecherin des Auswärtigen Amts, Sawsan Chebli. Es gebe "zahlreiche Quellen, die darauf hindeuten, dass Russland auch eine Rolle spielen kann bei den Ausschreitungen", sagte sie. Die Bundesregierung erhalte täglich fundierte und differenzierte Meldungen der OSZE-Mission in der Ostukraine.
Großbritanniens Außenamtschef William Hague äußerte sich noch deutlicher: "Es kann keinen Zweifel geben, dass das alles von Russland geplant und ausgeführt wird. Die russischen Dementis haben kein bisschen Glaubwürdigkeit." Als Reaktion forderte Hague, weitere Sanktionen gegen Moskau einzuleiten.
Berlin fordert Moskau zur Deeskalation auf
SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Russland am Montag vor, es sei "offenbar bereit, Panzer über europäische Grenzen rollen zu lassen". Bei einer Feier zum Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren mahnte der Vizekanzler in Berlin, die Lehren aus beiden Weltkriegen nicht zu vergessen.
Die prorussischen Separatisten hatten in mehreren Städten in den wirtschaftsstarken Stahl- und Kohle-Revieren des Donbass eine "Freie Volksrepublik" ausgerufen. Sie sind zum Teil schwer bewaffnet, halten mehrere Verwaltungsgebäude besetzt. Sie fordern - ebenso wie die Regierung in Moskau - ein Referendum über den zukünftigen Status der Region und der Ukraine insgesamt.
Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow deutete in dieser Frage erstmals ein Einlenken an: Am 25. Mai, zeitgleich mit der Präsidentenwahl, sollen die Menschen im ganzen Land in einem Referendum über eine mögliche Föderalisierung der Ukraine abstimmen.
Zugleich kündigte Turtschinow einen Militäreinsatz gegen die Separatisten an. Die Lage in der Region Donbass werde "bald stabilisiert".
Am Wochenende waren bei Gefechten in der Ostukraine mehrere Menschen getötet oder verletzt worden. Die Bundesregierung appellierte an Russland, zur Deeskalation beizutragen. "Dazu zählen auch ein Truppenrückzug von der ukrainischen Grenze, eine Reduzierung des Gaspreises und eine zurückhaltende Sprache", sagte Wirtz. "Klar muss auch sein, dass Gewalt kein Mittel der Auseinandersetzung ist. Das gilt auch für Russland."