
Ostukraine USA werfen Russland weitere Waffenlieferungen vor

Pufferzone nach Minsker Abkommen zwischen ukrainischen Truppen und prorussischen Separatisten am 12.2.2015
Foto: SPIEGEL ONLINEBerlin - Es sind nur noch wenige Stunden, bis die im Minsker Abkommen ausgehandelte Waffenruhe in Kraft treten soll. Ab Sonntag um 0 Uhr (Samstag, 23 Uhr MEZ) sollen die Kämpfe in der Ostukraine eingestellt werden. Doch die westlichen Konfliktparteien sind besorgt und zweifeln an dem Friedenswillen Russlands.
Die USA werfen Moskau vor, weiter schwere Waffen in die Ostukraine zu verlegen. Das russische Militär habe "eine große Menge an Artillerie und mehrere Raketensysteme" in die Rebellengebiete gebracht, sagte US-Außenamtssprecherin Jen Psaki. Russische Einheiten an der Grenze würden zudem Nachschublieferungen für die Separatisten vorbereiten. Psaki sagte, dieses Vorgehen sei "eindeutig nicht im Sinn" der Vereinbarung von Minsk.
Deutschland, Frankreich, die Ukraine und Russland hatten unter der Woche bei einem Gipfel im weißrussischen Minsk in einem Verhandlungsmarathon über die Situation in dem umkämpften Gebiet gestritten. Am Donnerstag hatten sich dann die ukrainische Regierung und die Separatisten auf ein "Maßnahmenpaket" zur Umsetzung der Minsker Verträge von Anfang September geeinigt.
"Attacke auf die Vereinbarung von Minsk"
Neben der Feuerpause wurden auch der Abzug schwerer Waffen und die Einrichtung einer Pufferzone vereinbart. Doch von Frieden war in den vergangenen Tagen noch nichts zu spüren in der Ostukraine, die Kämpfe nahmen sogar noch einmal zu: Nach Angaben der ukrainischen Armee und der Separatisten waren zuletzt mindestens 28 Zivilisten und Soldaten getötet worden.
Am heftigsten waren die Gefechte in Debalzewe. Um den Verkehrsknotenpunkt gab es auch am Samstag schwere Kämpfe: Nach Angaben des Militärs starteten die Separatisten in der Nacht eine neue Offensive, sieben Soldaten seien in den vergangenen 24 Stunden ums Leben gekommen, 23 weitere seien verletzt worden. Man stehe unter Dauerbeschuss der prorussischen Rebellen, teilte die Kiew-treue Polizei in der belagerten Stadt mit. "Die Rebellen zerstören Debalzewe", schrieb Polizeichef Wjatscheslaw Abroskin auf Facebook.
Poroschenko spricht von "Attacke auf Vereinbarung von Minsk"
Demnach stünden Wohngebiete und Verwaltungsgebäude unter Dauerbeschuss der feindlichen Artillerie. Auch das Polizeirevier sei von einer Rakete getroffen worden, heißt es. Die Separatisten in Donezk teilten mit, dass beim Beschuss der Stadt mindestens zwei Zivilisten getötet worden seien.
Die ukrainische Regierung erhob ebenso wie die USA Vorwürfe gegen Russland. Präsident Petro Poroschenko sagte bei einem Treffen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban in Kiew, die russische Offensive in der Ostukraine sei nach dem Abkommen von Minsk noch einmal "deutlich ausgeweitet" worden. Insbesondere Angriffe auf Zivilisten seien eine "Attacke auf die Vereinbarung von Minsk". Seine Regierung sehe das Abkommen daher "in großer Gefahr".
Der ukrainische Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk zweifelt ebenfalls an der Ernsthaftigkeit der russischen Zustimmung zum Friedensabkommen. Es könne kein Vertrauen in die russische Führung geben, sagte Jazenjuk der "Bild"-Zeitung: "Putins größter Traum ist die Wiederherstellung der hegemonialen Kontrolle über die Ukraine, was eine neue UdSSR-Version ins Leben rufen könnte."
Die Separatisten in der Ostukraine wiederum warnten die Militärführung in Kiew vor einem Bruch der geplanten Waffenruhe. Wenn die Vereinbarungen nicht eingehalten würden, werde weiter gekämpft, sagte Separatistenführer Eduard Bassurin in Donezk.
Russland bringt Resolution in Uno-Sicherheitsrat ein
Moskau äußerte sich zu den von den USA und Kiew erhobenen Vorwürfen nicht. Die russische Führung hatte stets abgestritten, die Separatisten zu unterstützen oder gar mit eigenen Soldaten in der Ostukraine zu operieren. Stattdessen hat sie nun offenbar eine Resolution in den Uno-Sicherheitsrat eingebracht, der die Konfliktparteien zur Umsetzung des Minsker Abkommens aufruft.
In dem Entwurfstext, der der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, werden alle Seiten aufgefordert, die vereinbarten Maßnahmen einschließlich des Waffenstillstands "vollständig umzusetzen". Der UN-Sicherheitsrat will nach Diplomatenangaben am Sonntag in einer Dringlichkeitssitzung über den Entwurf beraten.
Pufferzone nach Minsker Abkommen zwischen ukrainischen Truppen und prorussischen Separatisten am 12.2.2015
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Warten auf Mitternacht: In der Ostukraine soll ab Sonntag die in Minsk ausgehandelte Waffenruhe gelten. Diese Soldaten der ukrainischen Armee inspizieren ihre Waffen, in den vergangenen Tagen gab es heftige Kämpfe mit den Separatisten.
Nach Angaben der ukrainischen Armee und der Separatisten wurden binnen 24 Stunden mindestens 28 Zivilisten und Soldaten getötet. Am heftigsten waren zuletzt die Gefechte um den wichtigen Bahnknotenpunkt Debalzewe.
Umso größer sind die Hoffnungen auf eine Waffenruhe. Diese stützt sich auf die in Minsk beschlossenen Vereinbarungen zwischen der Ukraine und den Separatisten (hier ist eine Raketenabschussstation zu sehen). An den Verhandlungen hatten auch Deutschland, Frankreich und Russland teilgenommen.
Die Konfliktparteien sind in Sorge, dass es die jeweils andere nicht ernst meint mit der Waffenruhe. Die Separatisten in der Ostukraine warnten die Militärführung in Kiew vor einem Bruch der geplanten Waffenruhe im Kriegsgebiet. Wenn die Vereinbarungen nicht eingehalten würden, werde weiter gekämpft, drohte Separatistenführer Eduard Bassurin.
Die USA wiederum kritisierten Russland: Moskau soll laut Außenamtssprecherin Jen Psaki "eine große Menge an Artillerie und mehrere Raketensysteme" in die Rebellengebiete gebracht haben.
Russische Einheiten an der Grenze würden zudem Nachschublieferungen für die Separatisten vorbereiten. Moskau äußerte sich zu den Vorwürfen nicht.
In dem Minsker Abkommen hatten sich die Konfliktparteien neben der Feuerpause auch auf den Abzug schwerer Waffen sowie auf die die Einrichtung einer Pufferzone geeinigt. Auf diesem Bild sind ukrainische Militäreinheiten zu sehen.
Russland soll eine Resolution in den Uno-Sicherheitsrat eingebracht haben: In dem Entwurfstext, der der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, werden alle Seiten aufgefordert, die vereinbarten Maßnahmen einschließlich des Waffenstillstands "vollständig umzusetzen". Der Uno-Sicherheitsrat will nach Diplomatenangaben am Sonntag in einer Dringlichkeitssitzung über den Entwurf beraten.
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