Krisentreffen in Berlin
Steinmeier fürchtet Krieg zwischen Kiew und Moskau
"Wir sind weit weg von einer politischen Lösung": Frank-Walter Steinmeier zeigte sich zu Beginn eines Krisentreffens mit den Außenministern Russlands und der Ukraine pessimistisch. Seit dem frühen Abend berät man in Berlin einen Weg zum Waffenstillstand.
Außenminister Fabius, Klimkin, Steinmeier und Lawrow (v.l.): Krisentreffen in Berlin
Foto: Sean Gallup/ Getty Images
Berlin - Während im Osten der Ukraine heftig gekämpft wird, hat in Berlin ein Krisentreffen begonnen: ein Versuch, die Gewaltspirale zu durchbrechen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte vor dem Gespräch vor einer direkten Konfrontation der ukrainischen und russischen Streitkräfte in der Ost-Ukraine: "Gerade die Nachrichten vom heutigen Tage zeigen, dass es noch schlimmer werden könnte."
Steinmeier sagte, die Lage in dem Konflikt sei weiterhin schwierig. "Wir sind weit weg von einer politischen Lösung." Bei dem Treffen mit seinen Amtskollegen aus Frankreich, der Ukraine und Russland - Laurent Fabius, Pawlo Klimkin und Sergej Lawrow - gehe es darum herauszufinden, "ob es Wege zu einem Waffenstillstand gibt, die realistisch und belastbar sind". Das eigentliche Drama bestehe darin, dass die bisherigen Vereinbarungen "allesamt nicht erfüllt worden sind".
Es bestehe die Gefahr, "dass wir immer weiter hineinschlittern in eine Konfrontation unmittelbar zwischen russischen und ukrainischen Streitkräften", sagte Steinmeier. "Das muss auf alle Fälle vermieden werden." Das Berliner Treffen soll dazu dienen, einen Ausweg aus dem seit vier Monaten andauernden Konflikt im Osten der Ukraine zu finden. "Wir brauchen eine dauerhafte Lösung, und wir versuchen heute Abend, Schritte dahin zu formulieren", sagte Steinmeier. Er setze darauf, dass die Gesprächsbeteiligten "dasselbe Interesse haben wie wir".
Heftige Gefechte im Osten der Ukraine
Die Kämpfe zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Rebellen dauerten am Wochenende unvermindert an. Unter anderem gab es Berichte über das Vordringen eines russischen Militärkonvois auf ukrainisches Gebiet. Während die ukrainische Armee erklärte, die meisten russischen Fahrzeuge zerstört zu haben, dementierte Moskau den Vorfall und erklärte später, die ukrainischen Soldaten hätten "Gespenster zerstört".
Vor dem Treffen schossen prorussische Separatisten nahe Luhansk ein Kampfflugzeug vom Typ Mig-29 ab. Die Aufständischen berichteten zudem vom Abschuss eines Jagdbombers Typ Suchoi Su-25. Auch am Boden tobten am Sonntag weiter heftige Gefechte zwischen Armee und Aufständischen. Dabei gab es nach unbestätigten Berichten der Bürgerkriegsparteien Dutzende Tote.
Konflikt-Region Ostukraine
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Die ukrainische Armee eroberte in der Separatistenhochburg Luhansk eine Polizeistation zurück. Die Regierungseinheiten hätten vor dem Gebäude die Staatsflagge gehisst, teilte ein Militärsprecher. Innenminister Arsen Awakow sprach von einem "strategisch wichtigen Sieg". Die prowestliche Führung in Kiew setze bei ihrer "Anti-Terror-Operation" mittlerweile rund 10.000 Kämpfer gegen die prorussischen Aufständischen im Osten der Ex-Sowjetrepublik ein, sagte Awakow. Luhansk ist aber weiter unter Kontrolle der Rebellen.
Steinmeier sagte, sein Ziel sei ein Fahrplan "hin zu einer nachhaltigen Waffenruhe und ein Rahmen für effektive Grenzkontrollen". Klimkin bat vorab die EU und die Nato um militärische Hilfe. Die Gefahr einer russischen Invasion sei allgegenwärtig. Ständig sickerten Kämpfer und Kriegsgerät aus dem Nachbarland ein, beklagte der frühere ukrainische Botschafter in Berlin im Deutschlandfunk.
Im Streit über den russischen Hilfskonvoi für die Ostukraine gab es weiterhin nur kleine Fortschritte. Zwar hätten sich Kiew und Moskau auf eine Kontrolle der Ladung geeinigt, sagte ein Mitarbeiter des russischen Zivilschutzes der Agentur Interfax zufolge. Allerdings seien die vom Roten Kreuz geforderten Sicherheitsgarantien für die Fahrt in umkämpftes Gebiet weiter völlig offen. Mindestens 16 der rund 280 Lastwagen am Übergang Donezk-Iswarino standen am Abend zur Kontrolle bereit. Russische Behörden brachten dazu zusätzlich ein großes Röntgenfahrzeug zu dem Grenzposten.
Route des russischen Hilfskonvois
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Aus einer Hilfslieferung der ukrainischen Regierung verteilte das Rote Kreuz insgesamt 100 Tonnen Lebensmittel in zehn Orten, die von der Armee kontrolliert werden. Das teilte die Organisation in Kiew mit.