US-Konflikt mit Russland Republikaner feiern Kalte-Krieger-Party

Retro-Treffen vor den Toren Washingtons: Auf ihrer Jahresversammlung feiern Amerikas Konservative Ex-Präsident Ronald Reagan und giften gegen die Ukraine-Politik von Barack Obama. Ein ebenso erheiterndes wie beängstigendes Schauspiel.
Republikaner Trump: "Ich war neulich in Moskau"

Republikaner Trump: "Ich war neulich in Moskau"

Foto: MARK WILSON/ AFP

Ronald Reagan wäre diese Krim-Krise nicht passiert. Natürlich nicht. Dieser Eindruck drängt sich jedem auf, der John Bolton da oben auf der Bühne zuhört. "Frieden durch Stärke", das habe der Ex-Präsident stets gepredigt. Aber das Rezept seines Nachfolgers Barack Obama, "Frieden durch Schwäche", das sei ja wohl zum Scheitern verurteilt. Sagt Bolton, der unter George W. Bush mal US-Botschafter bei der Uno war, die er - das nur nebenbei - für ziemlich unbrauchbar hält.

Bolton spricht beim alljährlichen Treff der konservativen Republikaner, CPAC genannt: Conservative Political Action Conference. Gut 10.000 Amerikaner sind aus dem ganzen Land angereist. Über Reagan kommt bei diesen Leuten nur noch Gott. Aber allzu groß scheint dessen Vorsprung mittlerweile nicht mehr.

Obama jedenfalls steht ziemlich weit unten. Na ja, seit der Sache mit der Ukraine eigentlich ganz unten. "Es ist nicht länger fair, dass ich Jimmy Carter als den schlechtesten Präsidenten bezeichne, den ich erlebt habe", sagt Louisianas Gouverneur Bobby Jindal: "Denn nach den vergangenen Tagen ist das jetzt Obama." Bolton sagt, der amtierende US-Präsident sei die größte Gefahr für die nationale Sicherheit und attestiert ihm: "Gleichgültigkeit, Multilateralismus, Niedergang, Defätismus." Bei Bolton ist gleich alles inklusive.

Kein Kritiker hat bessere Pläne für eine Russland-Politik

Einerseits kommt das beim Rechtsaußen-Publikum an - schließlich haben sie ja mit ihrer Eintrittskarte eine deftige Anti-Obama-Show gebucht. Andererseits neigt der Tea-Party-Republikaner an sich zum Isolationismus. Zum Beispiel meint Ex-Präsidentschaftskandidat und Radikalinski-Pate Ron Paul, die Ukraine gehe die USA nichts an und die von Obama verhängten Sanktionen seien "kriminell".

Na denn. Mit diesem Gegensatz müssen Redner und Publikum leben. Hübsche Szenen entspringen daraus: Die Regierung schrumpfen? Ausgaben zusammenkürzen? Das finden sie allesamt richtig prima. Dass Reagan die Verteidigungsausgaben zwischen 1981 und 1986 um 25 Prozent erhöht hat? Finden sie auch super. Komisch. An diesem Donnerstag will sich eben keiner die Kalte-Krieger-Partystimmung kaputt machen lassen.

Marco Rubio - US-Senator, Sohn kubanischer Einwanderer, Aspirant auf die Präsidentschaftskandidatur 2016 - erinnert sich an seine Studienzeit: Damals hätten ihm die Professoren erzählt, man müsse sich abfinden mit dem Kommunismus. "Aber glücklicherweise hatten wir einen Anführer im Weißen Haus, der das nicht akzeptieren wollte", sagt der Senator. Er meint natürlich: Reagan. Und dann, in seinem zweiten College-Jahr, so Rubio, sei die Berliner Mauer gefallen. Obama hingegen? Der denke, allein mit der Kraft seiner Persönlichkeit und seinen Reden könne er das Weltgeschehen prägen. Das aber laufe so nicht.

Rubio, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses, gesteht durchaus zu, dass man in Sachen nationaler Sicherheit die Parteilichkeit beiseite lassen sollte, um zusammenzustehen. Aber bei Obamas Außenpolitik könne er die Fehler einfach nicht ignorieren, sagt er. Stimmt das? Ist die Kritik nicht nur Show - sondern doch berechtigt? Durchaus, Obamas Politik des graduellen Rückzugs aus den Konflikten dieser Welt mag von dem einen oder anderen Autokraten als Schwäche gedeutet werden; im Syrien-Konflikt etwa macht Obama nun wirklich keine gute Figur. Das gefällt auch liberalen Falken wie Ex-Außenministerin Hillary Clinton nicht.

Dennoch gilt mit Blick auf Russland und die Krim-Krise: Keiner der Kritiker des Präsidenten hat eine bessere Idee, keiner fordert grundsätzlich andere Maßnahmen, und keiner will eine wie auch immer geartete militärische Intervention.

"Putin spielt nur mit Obama"

Am Donnerstag ordnet Obama erste Sanktionen an: Einreiseverbote gegen Ukrainer und Russen, die an der Destabilisierung der Ukraine beteiligt sind; außerdem können fortan in den USA liegende Vermögen der Verantwortlichen eingefroren werden. Das geplante Krim-Referendum verurteilt der Präsident als Verstoß gegen internationales Recht. Und am Abend telefoniert er eine Stunde mit Wladimir Putin, betont dabei die Möglichkeit einer diplomatischen Lösung.

All das aber interessiert die Konservativen im Gaylord-Hotel nicht wirklich. Der Ton macht die Musik - und der macht deutlich, dass es ihnen nicht ums Land geht. Nichtmal um die eigene Partei. Diesen Leuten geht es um Ideologie; um die Chance, Obama abzuwatschen. Wenn sie über Außenpolitik reden, dann meinen sie Innenpolitik. Ex-Botschafter Bolton sagt, er akzeptiere nicht, dass ein Präsident "schwach und unentschlossen" sei. Die Wahrheit ist: Bolton und Co. akzeptieren noch immer nicht, dass der Präsident Barack Obama heißt. Der Russland-Konflikt liefert ihnen nur einen Vorwand.

Schon zuvor hatte der republikanische Ex-Verteidigungsminister Robert Gates seine Parteifreunde aufgerufen, ihren Ton zu mäßigen. Sie sollten lieber versuchen, Obama im Ukraine-Konflikt zu unterstützen, so Gates zur "Washington Post".

Immobilien-Tycoon Donald Trump aber, der wohl ulkigste Rechtsaußen des Landes, will davon nichts wissen. Obama zeige kein "leadership" gegenüber Putin, versichert er seinen Anhängern bei der CPAC. Er, Trump, könne das beurteilen, schließlich sei er neulich in Moskau gewesen - und der russische Präsident habe ihm sogar ein Geschenk zukommen lassen. Oha! Obama aber? "Mit dem spielt Putin nur", sagt Trump. Und lässt sich feiern.

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