Ukraine-Krise Nato sieht prorussische Separatisten auf dem Vormarsch

Die Kämpfe in der Ostukraine sind laut Nato wieder auf dem Niveau wie vor dem Waffenstillstandsabkommen vom September. "Das ist besorgniserregend", kommentierte Oberbefehlshaber Breedlove. Kanzlerin Merkel äußert sich zurückhaltend.
Flughafen in Donezk von oben: Kämpfe nehmen wieder an Intensität zu

Flughafen in Donezk von oben: Kämpfe nehmen wieder an Intensität zu

Foto: HANDOUT / REUTERS

Brüssel - Die Front in der Ostukraine hat sich an mehreren Stellen wieder nach Westen verschoben. Diese Landgewinne der prorussischen Separatisten hat die Nato beobachtet. Die Kämpfe hätten wieder ein Level erreicht, das dem vor der Waffenruhe-Vereinbarung in Minsk entspreche, sagte der Nato-Oberbefehlshaber Philip Breedlove. "Teilweise geht es sogar darüber hinaus", ergänzte der US-General. Von Russland unterstützte Kräfte hätten wieder an Stärke gewonnen und setzten die ukrainischen Truppen unter Druck. "Das ist besorgniserregend", sagte Breedlove.

Breedlove konnte Angaben des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko nicht bestätigen, wonach sich mittlerweile 9000 russische Soldaten im Osten des Landes befinden. Es gebe aber Anzeichen für eine russische Truppenpräsenz: "Wir beginnen die Signaturen von Luftabwehrsystemen und elektronischen Verteidigungssystemen zu sehen, von denen russische Truppen in der Vergangenheit begleitet wurden."

Das im September im weißrussischen Minsk geschlossene Waffenstillstandsabkommen wurde bis heute nicht umgesetzt. Entsprechend zurückhaltend äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Außenministertreffen in Berlin: "Es gibt leichte Fortschritte, obwohl es auch viele Rückschritte gibt", sagte sie in Davos. Die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland könnten aufgehoben werden, wenn der Grund ihrer Implementierung entfalle. "Da sind wir aber leider nicht." Die Kanzlerin betonte, das Minsker Abkommen bleibe "die Grundlage, auf der wir versuchen wollen, diesen Konflikt zu lösen".

Umkämpfter Flughafen in Donezk

Die Kämpfe in der Ostukraine nehmen seit Tagen wieder an Intensität zu. Bei heftigen Gefechten am zerstörten Flughafen von Donezk starben den Konfliktparteien zufolge mindestens acht Aufständische und sechs Armeesoldaten. Etwa 16 Militärangehörige seien zudem verletzt worden, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew mit. Aufseiten der Aufständischen seien ebenfalls rund 16 Menschen verletzt worden, sagte Separatistensprecher Eduard Bassurin. Der Airport ist für beide Seiten strategisch wichtig.

Beim Beschuss einer Bushaltestelle in Donezk wurden am Morgen mehrere Zivilisten getötet. Anschließend machten sich die Regierungen in Kiew und Moskau gegenseitig verantwortlich. Der russische Außenminister Sergej Lawrow gab der ukrainischen Regierung die Schuld an den zivilen Opfern. "Es wird immer offensichtlicher, dass die Partei des Krieges in Kiew und ihre Unterstützer im Ausland vor zivilen Opfern nicht zurückschrecken", sagte Russlands Chefdiplomat. Das "ungeheuerliche Verbrechen" sei eine "grobe Provokation", die gegen die internationalen Friedensbemühungen gerichtet sei.

Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk warf hingegen den prorussischen Separatisten vor, die Bushaltestelle in Donezk mit einem Mörser unter Feuer genommen zu haben. Moskau müsse seine Unterstützung für die Aufständischen unverzüglich stoppen. "Die russischen Terroristen haben heute erneut einen schrecklichen Akt gegen die Menschlichkeit begangen, und die Verantwortung dafür trägt die Russische Föderation", sagte Jazenjuk.

vek/dpa/Reuters
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