Vor dem G20-Gipfel Nato-Chef greift Putin scharf an

Russlands Präsident Putin (Archivfoto): Kritik aus dem Westen vor G20-Gipfel
Foto: Dimitar Dilkoff/ dpaBerlin - Eigentlich soll es beim G20-Gipfel in Australien um wirtschaftliche Themen gehen, doch nun wird auch die Krise in der Ukraine Verhandlungssache. Die Tonlage vor dem Beginn des Treffens ist scharf - der Westen wirft Russlands Präsident Putin persönlich vor, die Lage in der Ostukraine erneut eskalieren zu lassen.
Wegen des Bruchs der Waffenruhe dort hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg den russischen Präsidenten persönlich attackiert. In der "Bild"-Zeitung warf Stoltenberg Putin vor, das Aufflammen des Konflikts in der Ukraine befördert zu haben. "Wir haben in den letzten Tagen beobachtet, dass Russland erneut Waffen, Ausrüstung, Artillerie, Panzer und Raketen über die Grenze in die Ukraine gebracht hat", sagte er. "Präsident Putin hat klar die Vereinbarungen zur Waffenruhe gebrochen und erneut die Integrität der Ukraine verletzt." Putin gefährde mit den Flügen russischer Kampfjets auch den zivilen Luftverkehr an den Außengrenzen der Nato. Schließlich würden Maschinen ohne Transpondercodes fliegen und nicht mit der Flugsicherung kommunizieren.
Briten drohen Russland mit Verschärfung der Sanktionen
Bundeskanzlerin Angela Merkel will die Ukraine-Krise beim G20-Gipfel in Australien zur Sprache bringen. Bei ihrem Besuch in Neuseeland sagte Merkel, sie sei beunruhigt über die jüngste Entwicklung in der Ostukraine. "Das wird auch am Rande des G20-Gipfels Thema sein", sagte die Kanzlerin in Auckland. Ein Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin beim Gipfel an diesem Samstag und Sonntag in Brisbane wollte sie nicht ausschließen: "Es gibt durchaus die Chance, dass es zu einem Treffen kommt", sagte Merkel.
In einem gemeinsamen Statement mit dem neuseeländischen Premierminister John Key sagte Merkel, Putin müsse die vereinbarten Friedenspläne "in vollem Umfang" befolgen. Beide erwarteten von Russland und den Separatisten, "die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine uneingeschränkt zu respektieren".
Der britische Premierminister David Cameron drohte Russland wegen der anhaltenden Spannungen in der Ukraine mit einer Verschärfung der Sanktionen. Das Verhalten Russlands im umkämpften Osten der Ukraine sei inakzeptabel, erklärte Cameron am Freitag im australischen Canberra. "Ich hoffe noch immer, dass die Russen zu Verstand kommen und einsehen, dass sie der Ukraine erlauben sollten, sich als unabhängiger und freier Staat zu entwickeln", erklärte Cameron. "Wenn Russland eine positive Einstellung zur Freiheit und Verantwortung der Ukraine einnimmt, könnten die Sanktionen aufgehoben werden. Wenn Russland die Lage weiterhin verschlimmert, könnten die Sanktionen verschärft werden. So einfach ist das."
"Jeden zweiten Tag eine neue Militärübung in der Nato"
Unmittelbar vor Gipfelbeginn im australischen Brisbane hatte Putin mehrere Kriegsschiffe nahe Australien kreuzen lassen, ein legales Muskelspiel in internationalen Gewässern. Die Nato reagiere auf die russischen Provokationen mit mehr Patrouillenflügen, sagte Nato-Chef Stoltenberg der "Bild". Außerdem rotiere das Verteidigungsbündnis mehr Truppen durch Osteuropa. Um die Einsatzbereitschaft zu erhöhen, würden zudem mehr Manöver abgehalten. "Jeden zweiten Tag beginnt eine neue Militärübung in der Nato."
Bereits am Mittwoch hatte die Uno gewarnt, die vereinbarte Waffenruhe sei in Gefahr. "Wir sind tief besorgt, dass die schweren Kämpfe der Vergangenheit jederzeit wieder ausbrechen könnten. Das wäre eine Katastrophe für die Ukraine", sagte Vize-Untergeneralsekretär Jens Anders Toyberg-Frandzen vor dem Uno-Sicherheitsrat in New York. Keine Seite sei dabei ohne Schuld.