Ukraine Parlament lehnt Gesetze zu Timoschenkos Ausreise ab

Oppositionelle Julija Timoschenko: Kein Hafturlaub
Foto: Sergey Dolzhenko/ dpaKiew - Im ukrainischen Parlament sind alle Entwürfe für ein Sondergesetz zur Behandlung der inhaftierten Oppositionsführerin Julija Timoschenko im Ausland gescheitert. Keine der sechs Vorlagen erhielt am Donnerstag in Kiew die nötige Mehrheit von 226 Stimmen. Die Vorhaben scheiterten auch, weil sich die regierende Partei der Regionen enthielt.
Die Opposition um Boxweltmeister Witali Klitschko reagierte im Parlament mit "Schande, Schande"-Rufen auf das Abstimmungsergebnis. Sie rief Präsident Wiktor Janukowitsch auf, seine politische Rivalin zu begnadigen. Dies hatte der Staatschef aber mehrfach abgelehnt.
Timoschenko verbüßt seit 2011 eine siebenjährige Haftstrafe wegen Machtmissbrauchs. Ihr Fall droht nun die Unterzeichnung eines Assoziierungs- und Freihandelsabkommens mit der EU zu gefährden.
Der Vertrag sollte Ende kommender Woche auf dem EU-Gipfel in Litauen unterschrieben werden; die Ukraine sollte damit politisch und wirtschaftlich näher an Europa herangeführt werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte es in ihrer Regierungserklärung am Montag aber als ungewiss bezeichnet, ob das Abkommen unterschrieben werden könne. Zu viele Fragen seien noch ungeklärt - damit meinte sie wohl auch den Fall Timoschenko.
Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU), sieht den geplanten Vertrag jetzt vor dem Scheitern. Das Votum des Parlaments bedeute, "dass die Ukraine die Bedingungen nicht erfüllt hat", sagte Brok am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP.
"Besessen" von Timoschenko
Denn die Europäer hatten mehrere Bedingungen formuliert. Unter anderem forderten sie, dass Timoschenko wegen eines schweren Bandscheibenvorfalls in Deutschland behandelt werden kann. Derzeit liegt die einstige Heldin der "Orangen Revolution" in einem Krankenhaus der Industriestadt Charkow, wo eigens für sie ein Isolationstrakt geschaffen wurde.
Die EU wertet die Inhaftierung Timoschenkos als "selektive Justiz" - mit anderen Worten als politische Rache an der Rivalin von Präsident Janukowitsch. Auch wenn es darum geht, Timoschenko auf freien Fuß zu setzen, liegt das letzte Wort beim Präsidenten. Janukowitsch hat sich nicht dazu durchringen können, Timoschenko die Ausreise zu ermöglichen. Das hat persönliche Gründe: Der Staatschef hasst und fürchtet die Rivalin. Er sei "besessen" von dem Thema, so hat es ein hochrangiger EU-Unterhändler vor kurzem formuliert.
Scharfe Kritik aus Moskau
Russland hatte die EU am Dienstag scharf kritisiert. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte, in den Verhandlungen über ein Handelsabkommen übe Brüssel "unverzeihlichen Druck" auf das Land aus.
Moskau will das Abkommen mit der EU mit allen Mitteln verhindern. Mal droht Moskau mit verschärften Reiseregeln zwischen den eng verwobenen Nachbarstaaten und mit Wirtschaftssanktionen. Dann wieder lockt der Kreml mit günstigen Gastarifen, sollte sich Kiew statt der EU der von Russland geführten Zollunion anschließen.