
Fotostrecke: Soldaten in Slowjansk, Trauer in Odessa
Ostukraine Milizen melden Schwerverletzte bei Kämpfen in Slowjansk
Slowjansk - Prorussische Separatisten in Slowjansk berichten über neue Angriffe von ukrainischen Regierungstruppen. Mindestens fünf Angehörige der "Selbstverteidigungskräfte" seien am Montag schwer verletzt worden, teilte ein nicht näher bezeichneter Sprecher der Agentur Interfax mit. Angegriffen würden Posten am Stadtrand.
"Wir sind durch einen dichten Ring (ukrainischer Einheiten - d.Red.) eingeschlossen. Viele Geschäfte schließen, weil es keine Waren mehr gibt, mit denen man handeln könnte", sagte der Sprecher der Separatisten.
In der strategisch wichtigen Stadt sind seit Tagen ukrainische Soldaten mit Panzerfahrzeugen, Hubschraubern und Gefechtswagen im Einsatz. Dabei gab es nach offiziellen Angaben zahlreiche Tote. Die "Anti-Terror-Operation" der Regierung in Kiew soll eine Abspaltung der Ostukraine von der Ex-Sowjetrepublik verhindern.
Berichte über neue Geiselnahme
Wie russische Medien melden, sollen die Milizen in Donezk vier neue Geiseln genommen haben. Es soll sich um vier Mitarbeiter der Stadtverwaltung handeln.
Im benachbarten Slowjansk hatten Separatisten mehrere Militärinspekteure der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), darunter drei deutsche Bundeswehrsoldaten und ein deutscher Übersetzer, acht Tage lang festgehalten. Die Geiseln waren auf hohen internationalen Druck und nach russischer Vermittlung am Samstag freigelassen worden.

Nach eigenen Angaben haben die Milizen zentrale Gebäude in Donezk sowie in weiteren Großstädten in der Ostukraine wieder unter ihrer Kontrolle. "Wir haben die Verwaltungsgebäude in den entscheidenden regionalen Zentren eingenommen", sagte der Anführer der selbsternannten Volksmiliz, Miroslaw Rudenko, am Sonntag der Agentur Interfax.
Im Süden der Ukraine in Odessa ist die Lage ebenfalls weiter angespannt. Bei einem schweren Brand im Gewerkschaftshaus und Straßenschlachten waren in der Hafenstadt am Schwarzen Meer am Freitag mindestens 46 Menschen gestorben. Mehr als 200 weitere erlitten Verletzungen. Die aus freiwilligen Kräften gebildete Nationalgarde in Kiew habe eine Sondereinheit nach Odessa geschickt, sagte Innenminister Arsen Awakow.
Kiew wirft Russland Kriegstreiberei vor
Der ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow warf Russland Kriegstreiberei vor. "Es ist ein Krieg gegen unser Land im Gange vonseiten der Russischen Föderation - sowohl im Osten als auch im Süden des Landes", sagte er dem Kiewer Fernsehsender 5. Kanal. Moskau versuche weiter, die Lage vor der Präsidentenwahl am 25. Mai "völlig zu destabilieren".
Dabei habe der Kreml im Osten der Ukraine seine Pläne bereits verwirklicht. Auch das russische Staatsfernsehen strahlte am Montag den Teil des Interviews aus, in dem Turtschinow einräumte, dass es in der Region Sympathien für eine Abspaltung von der Ukraine gebe. "Sagen wir doch mal ehrlich: Die Bürger dieser Regionen unterstützen die Separatisten, sie unterstützen die Terroristen, was die Durchführung der Anti-Terror-Operation erheblich erschwert", sagte der Interimspräsident.
Erschwerend komme hinzu, dass die Polizei mit den prorussischen Kräften sympathisiere. "Das ist ein kolossales Problem." Der Politiker warf dem im Februar gestürzten Präsidenten Wiktor Janukowytsch vor, die "Provokationen" zu finanzieren. Der Ex-Staatschef hält sich in Russland auf.
Neuer Vermittlungsversuch der OSZE
Die OSZE startet nun einen neuen Vermittlungsversuch in der Ukraine. OSZE-Chef Burkhalter werde am Mittwoch nach Moskau reisen, teilte das schweizerische Außenministerium mit. Dort wolle der Schweizer Bundespräsident Gespräche mit Russlands Staatschef Wladimir Putin führen. Ziel sei, die Gewalt in der Ukraine zu stoppen. Am Sonntagabend hatte Bundeskanzlerin Merkel mit dem russischen Präsidenten telefoniert. Dabei sei es auch um den Besuch Burkhalters in Moskau gegangen. Bei dem Treffen am Mittwoch soll es unter anderem um die Einrichtung Runder Tische unter OSZE-Schirmherrschaft gehen, sagte ein Sprecher der Bundesregierung.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wirbt für eine zweite Genfer Konferenz, um den Konflikt in der Ukraine beizulegen. Die ursprünglichen Vereinbarungen der USA, Ukraine, EU und Russlands - darunter Gewaltverzicht und Entwaffnung aller illegal Bewaffneten - sind bisher nicht umgesetzt worden. Es sei daher nötig, "dass man dem ersten Genfer Treffen jetzt ein zweites Genfer Treffen folgen lässt, in dem endlich klare Verabredungen getroffen werden, wie man diesen Konflikt zum Stillstand bringt und nach und nach einer politischen Lösung zuführt", sagte Steinmeier im ARD-"Bericht aus Berlin".