Ukraine-Konflikt Steinmeier warnt vor zu scharfen Sanktionen gegen Russland

Außenminister Steinmeier mahnt dazu, bei den Sanktionen gegen Moskau im Ukraine-Konflikt Maß zu halten. Das Land dürfe wirtschaftlich nicht niedergerungen werden - ein "kollabierendes" Russland sei kein Beitrag zur Stabilisierung der Region.
Außenminister Steinmeier: Russland wirtschaftlich "nicht niederringen"

Außenminister Steinmeier: Russland wirtschaftlich "nicht niederringen"

Foto: Bernd von Jutrczenka/ dpa

Berlin - Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnt im Ukraine-Konflikt vor einer Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland. "Sollte das unser Sinn und unser Ziel sein, Russland wirtschaftlich niederzuringen?", fragte Steinmeier in Berlin. "Meine eindeutige Antwort ist: Nein, das ist, war und darf auch nicht Sinn von Sanktionen sein."

Vertreter der EU-Staaten haben indes gegen weitere Separatisten in der Ukraine Einreiseverbote und Kontensperrungen beschlossen. Die Namen der 13 betroffenen Personen sollen an diesem Samstag im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden. Darüber hinaus sollen fünf weitere Organisationen mit Sanktionen belegt werden - unter anderem auch politische Parteien. Bislang standen wegen der Ukraine-Krise 119 Ukrainer und Russen sowie 23 Unternehmen und Organisationen auf der EU-Sanktionsliste mit Einreiseverboten und Kontosperrungen.

Nach Schätzungen von Experten beläuft sich der Schaden für die russische Wirtschaft durch Kapitalflucht, Investitionszurückhaltung, Währungsverfall, den niedrigen Ölpreis und die Sanktionen schon heute auf 140 Milliarden Dollar. "Wir sollten uns sehr bewusst sein, dass ein isoliertes, wirtschaftlich vielleicht sogar kollabierendes Russland kein Beitrag zur europäischen Sicherheit, kein Beitrag zur Stabilisierung der Ukraine, sondern eher eine größere Gefahr für sich und andere sein könnte", erklärte Steinmeier.

Steinmeier hatte immer wieder dazu aufgerufen, den Dialog mit Moskau nicht abreißen zu lassen: "Wir müssen sehen, dass die Möglichkeiten, die wir jetzt haben, auch genutzt werden, um zu einer Lösung zu kommen, die die Spirale der Gewalt nicht erneut auslösen hilft", sagte Steinmeier vor Kurzem in Brüssel.

Putin telefoniert mit Poroschenko

An diesem Donnerstag ist einen Monat nach dem Wahlsieg prowestlicher Kräfte das Parlament der Ukraine erstmals zusammengetreten. Im Beisein von Präsident Petro Poroschenko wollten die Abgeordneten während der Eröffnungssitzung in Kiew auch über den Regierungschef abstimmen. Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk bleibt an der Spitze einer proeuropäischen Koalition wohl im Amt. Fünf Parteien hatten sich nach der Wahl auf ein Bündnis verständigt, darunter der Block von Präsident Poroschenko und die Volksfront von Jazenjuk.

In der Obersten Rada säßen vorerst nur 418 von ursprünglich 450 Abgeordneten, sagte Parlamentspräsident Alexander Turtschynow. Die übrigen Plätze blieben frei, weil Teile der umkämpften Ostukraine sowie die im März von Russland einverleibte Schwarzmeer-Halbinsel Krim an der Wahl nicht teilnehmen konnten.

Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn sprach zu Beginn eines zweitägigen Besuchs in Kiew mit Vertretern aller Parteien über die Krise im Land. Der Österreicher lotete auch die Chancen für eine weitere Annäherung der Ukraine an die EU aus.

Kremlsprecher Dmitrij Peskow zufolge besprach auch der russische Präsident Wladimir Putin in einem Telefonat mit Poroschenko die Lage im Konfliktgebiet Ostukraine. Die Unterredung sei auf Initiative Kiews zustande gekommen, teilte die russische Führung am Donnerstag weiter mit. Weitere Details wurden nicht genannt.

mxw/anr/Reuters/dpa
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