
Kriegsveterane in der Ukraine: Unter realen Bedingungen
Ukrainische Veteranen Zurück in die Schlacht
Mehrmals im Monat wird Oleksandr Sarabun, 37, für den Krieg geschminkt. Sein Gesicht ist dann blutverschmiert, das weiße T-Shirt übersät mit roten Spritzern. Aus seiner aufgeschnittenen Cargohose ragt ein Beinstumpf hervor, daraus tropft es tiefrot auf den Boden. Alles Kunstblut. Aber dass der untere Teil seines Beines fehlt, ist echt.
Sarabun ist ehemaliger Soldat aus der Region Donbass, er wurde im Ukrainekrieg schwer getroffen. Fast drei Jahre ist das her. Einige seiner Kameraden wollten nach ihrer Rückkehr den Krieg einfach nur hinter sich lassen, das Pfeifen in den Ohren nach der Detonation einer Bombe vergessen, die schweren Verletzungen am eigenen Körper heilen lassen - soweit das möglich ist. Sarabun aber spielt es freiwillig immer wieder durch.
Er möchte helfen, die Ausbildung von Rettungssanitätern und Soldaten, die in der Kriegszone eingesetzt werden sollen, zu verbessern. "Ich habe gesehen, wie es ist, Verletzte aus der roten Gefahrenzone zu evakuieren. Die Sanitäter sollen ihren Beruf an uns Amputierten lernen, dann ist es später leichter für sie im Krieg", sagt Sarabun.
Wie es ist, wenn verletzte Soldaten wieder Krieg spielen, hat der ukrainische Fotograf Alexej Furman mit seiner Bilderstrecke "Injured once again" dokumentiert. Er begleitete im Rahmen des Projekts "Life after injury" Ex-Soldaten durch ihren Alltag, nachdem sie aus dem Krieg zurückgekehrt sind. Furman fotografierte seit Beginn der Revolution den bewaffneten Konflikt auf der Krim und in der Ostukraine, schoss Fotos für das US-amerikanische Magazin "Time" und den britischen "Guardian".

Kriegsveterane in der Ukraine: Unter realen Bedingungen
Dutzende ukrainische Soldaten werden jede Woche zu Opfern der Auseinandersetzung, seit Mai 2014 waren es insgesamt 11.000. Soldat Sarabun verlor sein Bein im Kampf von Ilowajsk im Osten der Ukraine. Russische Armee und prorussische Rebellengruppen nahmen dort Teile der ukrainischen Armee gefangen. Sarabun kam mit seiner schweren Verletzung für drei Tage in ein russisches Gefangenenlager, abgeschnitten von jeglicher medizinischer Versorgung. Nach einem Gefangenenaustausch wurde er in ein Krankenhaus gebracht, wo die Ärzte ihn vor die Wahl stellten: Behält er das Bein, wird er an den Folgen der Infektion sterben. Lässt er es amputieren, muss er mit einer Prothese leben. Sarabun entschied sich für die Prothese.
In ein normales Leben zurückzukehren, scheint für viele der Verwundeten unmöglich. Einige, wie Sarabun, unterstützen die ukrainische Armee nun als freiwillige Helfer bei Spezialtrainings. Andere suchen Hilfe bei Psychologen oder in der Traumatherapie. Manche kehren als Soldaten an die Front zurück, getragen von ihren Beinprothesen.