Griechenlands Euro-Austritt Mehrheit der Deutschen für Grexit

Ministerpräsident Tsipras: Stimmung in Deutschland hat sich gedreht
Foto: PHILIPPE WOJAZER/ REUTERSDas Hin und Her der griechischen Regierung in der Schuldenkrise hat zu einem Umdenken in Deutschland geführt. Eine Mehrheit befürwortet den Grexit, den Austritt Athens aus dem Euro. Hier die Ergebnisse des neuen ZDF-Politbarometers, das die Demoskopen der Mannheimer Forschungsgruppe erhoben haben, im Überblick:
- 52 Prozent der Befragten sind dagegen, dass Griechenland in der Eurozone bleibt - ein Anstieg von elf Prozentpunkten im Vergleich zum Ergebnis vor drei Wochen.
- Nur noch 40 Prozent der Bürger sind jetzt der Meinung, dass Griechenland im Euro bleiben sollte, vor drei Wochen waren es noch 52 Prozent. (Rest zu 100 Prozent jeweils "weiß nicht".)
Damit hat sich die Stimmung in Deutschland gedreht. Die Bürger üben zudem massive Kritik an Ministerpräsident Alexis Tsipras und seiner Regierung:
- Nur gut jeder zehnte Deutsche (elf Prozent) meint noch, dass sich die griechische Regierung gegenüber den europäischen Partnern seriös verhält. Eine deutliche Mehrheit von 80 Prozent sieht das nicht so.
- Auch glauben nur 14 Prozent der Befragten, dass die griechische Regierung die von ihr angekündigten Sparmaßnahmen und Reformen auch wirklich umsetzen will, 82 Prozent bezweifeln das.
Bei einem möglichen Bankrott Griechenlands erwarten 32 Prozent einen (sehr) starken ökonomischen Schaden für Deutschland; 47 Prozent gehen eher von nicht so einem starken Schaden aus; und elf Prozent meinen, dass dies Deutschland überhaupt nicht schaden würde. Trotzdem sind sich fast alle Deutschen einig: 80 Prozent sagen, dass Griechenland keine weiteren Finanzhilfen bekommen soll, wenn es die vertraglich vereinbarten Reformmaßnahmen nicht einhält. Lediglich 15 Prozent wollen auch dann zahlen.
Die Meinungsforscher der Forschungsgruppe Wahlen befragten für die Erhebung in der Zeit vom 10. bis 12. März 2015 telefonisch 1.266 zufällig ausgewählte Wahlberechtigten. Die Fehlertoleranz liegt bei 1,4 bis 3,1 Prozent.
"Mit den Entwicklungen der letzten Wochen nicht zufrieden"
Am Freitag besuchte Tsipras EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker in Brüssel. Er wollte erörtern, wie sein Land europäische Fördergelder zur Bekämpfung der sozialen Folgen der schweren Schuldenkrise nutzen kann. "Ich schließe ein Scheitern vollkommen aus", sagte Juncker. Er sei aber "mit den Entwicklungen der letzten Wochen nicht zufrieden". Es seien "nicht genug Fortschritte gemacht worden". Er wolle helfen und werde Tsipras deshalb "eine Reihe von Vorschlägen machen". Allerdings sei die EU-Kommission auch "nicht der Hauptakteur" im Schuldenstreit, sondern die Euro-Staaten. Tsipras sagte: "Ich denke, dass wir am Ende all diese Missverständnisse ausräumen können."
Zuvor hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gesagt, er halte einen ungeplanten, unfallartigen Austritt Griechenlands aus der Eurozone für möglich. Darin stimme er mit seinem österreichischen Amtskollegen Hans Jörg Schelling überein, sagte Schäuble am Donnerstagabend in einem Fernsehinterview des ORF. Der Bundesfinanzminister im Wortlaut:
"Da ja die Verantwortung, die Möglichkeit, zu entscheiden, was passiert, nur bei Griechenland liegt, und da wir nicht so genau wissen, was die Verantwortlichen in Griechenland tun, können wir es nicht ausschließen."
Die griechische Regierung kämpft in Gesprächen mit Fachleuten der Europäischen Zentralbank (EZB), der EU-Kommission und des Internationalen Währungsfonds (IWF) um deren Zustimmung zu ihren jüngsten Reformplänen. Davon hängt ab, wie schnell die Finanzminister der Euroländer ausstehende Hilfsgelder aus dem Rettungsprogramm freigeben. Die Regierung in Athen steht unter Druck, weil sie ihre Schulden weiter bedienen muss.
Schäuble sagte, Griechenland könne nur dann weitere Gelder erhalten, wenn sich der Staat an die Vereinbarungen mit seinen Gläubigern halte. "Europa bleibt bereit, Griechenland zu helfen, aber Griechenland muss sich helfen lassen. Das Problem ist nicht dadurch zu lösen, dass man andere zu Sündenböcken macht."