Französischer Rafale-Kampfflieger (Archivbild): "Schnell in Bereitschaft"
Foto: Dominic Favre/ dpaBisher war es ein idyllisches Städtchen im Süden Korsikas, bekannt für Strände und Buchten, jetzt wird Solenzara zur militärischen Drehscheibe der französischen Luftwaffe bei der Durchsetzung der Flugverbotszone. Denn nach den Plänen des Verteidigungsministeriums in Paris sollen von der Insel aus - "Frankreichs Flugzeugträger im Mittelmeer" - die militärischen Aktionen gegen Tripolis organisiert werden. Und zwar "schnell", "innerhalb einiger Stunden", so Regierungssprecher François Baroin.
Die Entscheidung schien besiegelt - dann sorgte ein diplomatischer Hakenschlag Gaddafis für Verwirrung, von dem man noch nicht weiß, ob er sich bewahrheiten wird: Libyen verkündete am Freitagnachmittag ein sofortiges Ende aller Kampfhandlungen (mehr zur aktuellen Entwicklung im Liveticker hier).
Sollte die Ankündigung nur heiße Luft sein, wird die internationale Gemeinschaft wie beschlossen eingreifen. So schwer die Durchsetzung der Aktion durch den Druck der französisch-britischen Diplomaten im Uno-Sicherheitsrat, so kompliziert dürfte auch die Umsetzung des Versuchs geraten, die Luftangriffe des libyschen Diktators auf die Stellungen der Rebellen und die eigene Zivilbevölkerung dauerhaft zu unterbinden.
Den Überlegungen des Generalstabs nach bedarf es dazu Dutzende Flugzeuge, Awacs-Aufklärungsmaschinen und luftgestützte Tanker. "Wenn es um einen schnellen Schlag gegen eine Panzerkolonne geht, die auf Bengasi vorrückt, ist solch eine Interventionseinheit schnell in Bereitschaft", so Verteidigungsexperte Didier François im Sender Europe 1. "Doch für die Einrichtung einer dauerhaften Flugverbotszone über dem gesamten Territorium Libyens bedarf es schon einiger Tage."
Zunächst nämlich muss die Luftwaffe Muammar al-Gaddafis unschädlich gemacht werden: Das Dutzend französischer Mirage-Kampfflugzeuge, das Libyen 1973 von Frankreich erwarb, ist zwar veraltet, angeblich sollen nur noch zwei der Maschinen einsatzfähig sein. Doch die Streitkräfte des Diktators verfügen zudem über russische Helikopter, die in Bodennähe operieren können und daher nur schwer erfassbar sind.
Auch die Luftabwehr, gesteuert aus Kommandozentralen im Süden des Landes, bereitet den Militärs in Paris durchaus Sorgen - sie besteht zwar aus alter, aber durchaus effizienter russischer Hardware. Insgesamt also eine Operation, die nur mit der Unterstützung und der Koordination der Nato-Verbündeten denkbar ist.
Vom arabischen Frühling überrascht
Trotz der komplexen und gefährlichen militärischen Aufgabe überwiegt in Frankreich der Beifall für den Befreiungsschlag des Präsidenten: Das Regierungsbündnis, linke und grüne Politiker ebenso wie Intellektuelle, hatten ein Eingreifen gegen den Diktator gefordert.
Zunächst hatte sich Sarkozy im Alleingang und bisweilen auch ohne Abstimmung mit dem eigenen Außenminister für die militärische Option eingesetzt. Auch bei der Anerkennung der libyschen Rebellen als offizielle Vertreter des Landes hatte Sarkozy ein Solo hingelegt - sehr zum Kummer Berlins, das von den Initiativen des Elysée überrascht wurde.
Die markige Haltung in Paris ist weitgehend machtpolitisch begründet. Nachdem die Regierung durch den "arabischen Frühling" in Tunesien und Ägypten überrascht wurde, wollte sich der Präsident bei der Revolte in Libyen nicht noch einmal von USA oder Großbritannien die Führung aus der Hand nehmen lassen - zumal nicht im Maghreb, dem Vorgarten Frankreichs am Nordrand des Mittelmeers. Und natürlich möchte Sarkozy vergessen machen, mit welchem protokollarischen Pomp er den Wüstenherrscher im Dezember 2007 in Paris empfangen hatte.
Nach dem diplomatischen Sieg kann sich Sarkozy erstens vorläufig und einmal mehr als visionärer Macher feiern lassen. Der Chef der G20 und G8 hofft zweitens, dass der internationale Erfolg auch ein wenig auf die innenpolitische Lage abfärbt: Dort ist die Beliebtheit des Staatschefs auf ein historisches Tief gefallen. An den kommenden zwei Wochenenden stehen landesweite Lokalwahlen an. In dieser Situation kann zustimmendes Schulterklopfen aus Washington oder London gewiss nicht schaden.
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