Proteste gegen Erdogan Uno warnt türkische Regierung vor Gewalteinsatz

Polizei auf dem Taksim-Platz (Archivbild): Empörung bei der Uno
Foto: Lam Yik Fei/ Getty ImagesGenf/Ankara - Mahnende Wort von den Vereinten Nationen: Die Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, hat von der türkischen Regierung verlangt, die exzessive Polizeigewalt gegen Demonstranten zu stoppen. Die Regierung in Ankara sei verantwortlich dafür, dass Sicherheitskräfte jederzeit die international anerkannten Menschenrechte respektierten.
Wer dagegen verstoße, müsse zur Verantwortung gezogen werden, sagte Pillay am Dienstag in Genf. "Jede übermäßige Gewaltanwendung muss bestraft werden, wenn das Vertrauen in die Bereitschaft der Behörden zur Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt werden soll", erklärte sie. Pillay forderte die Regierung auf, friedliche Protestaktionen zu erlauben und zu beschützen.
Die Hochkommissarin reagierte damit auf Berichte über brutale Polizeieinsätze in Istanbul und anderen türkischen Städten. In den vergangenen Tagen sollen dabei Hunderte von Menschen verletzt worden sein.
Anti-Terror-Einheiten nehmen Dutzende fest
Seit über zwei Wochen protestieren Tausende Menschen in mehreren türkischen Städten gegen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und seine Politik. Die Regierung hatte am Wochenende Demonstrationen erneut gewaltsam mit Wasserwerfern und Tränengas auflösen lassen. Am Montag drohte sie mit dem Einsatz der Armee, sollte die Polizei die Lage nicht in den Griff bekommen.
Am Dienstag erhöhte die Regierung den Druck auf die Protestierenden. Dutzende Teilnehmer der Demonstrationen wurden bei landesweiten Razzien festgenommen, berichteten türkische Medien. Den Festgenommenen - darunter auch Anhänger einer linksextremen Partei - wird vorgeworfen, in die Proteste gegen die Regierung verwickelt und für Gewalt gegen Polizisten verantwortlich zu sein.
Regierung und Behörden hatten in den vergangenen Tagen immer wieder erklärt, es sei bekannt, wer die Demonstrationen mitorganisiert und unterstützt habe. Die Botschaft von Dienstag ist nun: Wer weiter protestiert, muss mit Gefängnis rechnen.
600 Menschen in Gewahrsam
Der Staatsanwaltschaft Istanbul zufolge wurden bereits am Sonntag bei Protesten in Istanbul und Ankara knapp 600 Menschen festgenommen. Gemäß dem Gesetz können Verdächtige bis zu vier Tage in Gewahrsam gehalten werden, bevor sie einem Richter vorgeführt werden.
Im Ausland wächst die Kritik an dem harten Vorgehen Erdogans. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte am Dienstag in Bonn, Demonstrationen seien ein Zeichen der Reife von Zivilgesellschaften. Wenn die Zivilgesellschaft Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit für sich in Anspruch nehme, sollte sich jeder Demokrat darüber freuen und sich nicht davor fürchten. Nur freie Gesellschaften brächten die nötige Kreativität hervor, um in Zeiten der Globalisierung kulturell, intellektuell, gesellschaftlich und auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Montag das gewaltsame Vorgehen der türkischen Polizei in Istanbul verurteilt. Aus ihrer Sicht seien die Sicherheitskräfte dort "viel zu hart vorgegangen", sagte sie vor ihrer Abreise zum G-8-Gipfel im Fernsehsender RTL. "Das, was im Augenblick in der Türkei passiert, entspricht nicht unseren Vorstellungen von Freiheit der Demonstration, der Meinungsäußerung." Zu den Fernsehbildern von der Räumung des Gezi-Parks in Istanbul sagte sie: "Ich bin erschrocken, wie viele andere Menschen auch."