Unruhen in China Peking verschärft Sicherheitskontrollen
Peking - Der Schock über die Tat sitzt tief. Am Samstag war der Schwiegervater des US-Volleyballtrainers Hugh McCutcheon während eines Besuchs des historischen Trommelturms erstochen worden. Seine Frau und eine chinesische Fremdenführerin erlitten bei dem Angriff schwere Verletzungen. Der Vizepräsident des Olympischen Organisationskomitees (BOCOG), Wang Wei, erklärte, die Sicherheit rund um die olympischen Stätten sei ausreichend. Allerdings würden die Vorkehrungen an touristischen Sehenswürdigkeiten in der Stadt nun noch einmal verschärft. An Bushaltestellen soll es künftig Waffenkontrollen geben.
Einzelne kriminelle Akte wie der Messerangriff vom Samstag seien schwer zu verhindern, räumte Wang ein. "Peking ist eine sichere Stadt, aber leider nicht gefeit vor Gewalttaten", sagte er am Sonntag.
Einen politischen Hintergrund hatte die Bluttat nach Angaben von Wangs nicht. "Es war eine kriminelle Einzeltat." Chinas Regierung ist dennoch bestürzt: Vizeaußenminister He Yafei besuchte die beiden überlebenden Opfer des Angriffs im Krankenhaus, um das Beileid der Staatsspitze auszusprechen. Auch das IOC kondolierte "allen, die von diesem sehr traurigen Vorfall betroffen sind", wie Sprecherin Giselle Davies sagte.
Der Täter war laut chinesischen Angaben ein 47 Jahre alter Mann aus der ostchinesischen Stadt Hangzhou. Nach der Attacke nahm er sich mit einem Sprung vom Trommelturm das Leben - einer 800 Jahre alten Touristenattraktion im Herzen der Pekinger Altstadt.
Die US-Mannschaft war zutiefst betroffen: "Es ist unmöglich, die Tiefe unserer Trauer und unseres Schocks in dieser tragischen Stunde zu beschreiben", sagte Peter Ueberroth, der Chef des Olympischen Komitees der USA. Trainer McCutcheon gab seine Aufgabe zwischenzeitlich an Vizecoach Ron Larsen ab, um sich um seine schwer verletzte Schwiegermutter kümmern zu können.
"Es gibt keinerlei Anzeichen, dass die Tat gezielt gegen US-Bürger gerichtet war", sagte Wang. Das Motiv könne nicht geklärt werden. Der Täter sei arbeitslos und geschieden gewesen. Der Olympia-Funktionär Wang widersprach Vermutungen, bei dem Mann könne es sich um einen der vielen gescheiterten Bittsteller in Peking handeln, die vergeblich versuchten, mit einem Anliegen zur Regierung vorzudringen. Es habe keine Petition vorgelegen, sagte Wang. Wie sehr der Angriff Chinas Regierung erschreckt hat, wurde dadurch deutlich, dass sich Chinas Gesundheitsminister Chen Zhu im Krankenhaus persönlich über die Versorgung der zwei schwerverletzten Frauen informierte.
Bombenanschläge in Uiguren-Provinz
Auch die Anschlagsserie am Sonntag in der autonomen chinesischen Provinz Xinjiang und die anschließenden Feuergefechte haben die chinesische Führung in Aufruhr versetzt. Acht Menschen sollen laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua dabei ums Leben gekommen sein - sieben "Angreifer" und ein Wachmann. Bereits vor gut einer Woche hatte es einen ähnlichen Terroranschlag in der Region gegeben, bei dem 16 Polizisten gestorben waren.
Laut Wang gibt es keine Verbindungen zwischen den Olympischen Spielen und dem Anschlag in der Stadt Kuqa. "In dieser Region gibt es schon seit längerer Zeit terroristische Aktivitäten, die auf die Abspaltung der Region vom Rest Chinas hinzielen, was nicht zu tolerieren ist", sagte Wang. Die Sicherheitsvorkehrungen in der Region sollen verschärft werden, was sich jedoch in keiner Weise auf die Olympischen Spiele auswirken werde, versicherte Wang.
Insgesamt 15 Täter seien in die Serie von Explosionen in der Nacht verwickelt gewesen, habe ein Festgenommener berichtet. Zwei Polizisten und ein Zivilist seien verletzt worden. Es habe insgesamt zwölf Bombenanschläge gegeben, schrieb die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua.
Die Serie habe damit begonnen, dass die Angreifer ein Lastenfahrrad mit Sprengstoff in den Hof einer Polizeistation geschoben und eine Explosion ausgelöst hätten. Nach den ersten Ermittlungen seien auch selbstgebastelte Bomben mit Rohren, Gaskanistern und Flüssiggasflaschen benutzt worden. Der Landkreis Kuqa sei abgeriegelt worden.
Augenzeugen berichteten von einer Ausgangssperre. Alle Ausländer seien am Nachmittag (Ortszeit) aufgefordert worden, innerhalb von einer Stunde die Stadt zu verlassen. Ein Ausländer berichtete telefonisch der Deutschen Presseagentur in Peking, er habe eine stark zerstörte Polizeistation gesehen. In der Stadt gebe es eine "massive Militärpräsenz" unter anderem auch mit Anti-Terror-Trupps und Schützenpanzern.
In der Provinz Xinjiang leben die überwiegend muslimischen Uiguren. Eine islamische Aufstandsbewegung tritt für mehr Selbstbestimmung ein. Die chinesischen Behörden verdächtigen radikale Uiguren, Anschläge während der Olympischen Spiele geplant zu haben.
ler/dpa/AP